Die Grenzboten. Jg. 8, 1849, II. Semester. IV. Band.Ein Derwisch prophezeiht den Tod Batthyany's. (Aus einer Biographie des Grafen Ludwig Batthyany.) Graf Ludwig Batthyany dachte eben so freisinnig in Glaubenssachen als in Der Aberglaube klopfte aber mit leisem Finger auch an diesen vorragenden Batthyany gab aber lachend die Hand hin, die der Derwisch lange betrach¬ Ein Derwisch prophezeiht den Tod Batthyany's. (Aus einer Biographie des Grafen Ludwig Batthyany.) Graf Ludwig Batthyany dachte eben so freisinnig in Glaubenssachen als in Der Aberglaube klopfte aber mit leisem Finger auch an diesen vorragenden Batthyany gab aber lachend die Hand hin, die der Derwisch lange betrach¬ <TEI> <text> <body> <div> <div n="1"> <pb facs="#f0227" corresp="http://brema.suub.uni-bremen.de/grenzboten/periodical/pageview/279775"/> </div> <div n="1"> <head> Ein Derwisch prophezeiht den Tod Batthyany's.<lb/> (Aus einer Biographie des Grafen Ludwig Batthyany.)</head><lb/> <milestone rendition="#hr" unit="section"/><lb/> <p xml:id="ID_762"> Graf Ludwig Batthyany dachte eben so freisinnig in Glaubenssachen als in<lb/> der Politik. Man konnte ihn nicht zu den Kirchengänger» zählen, obwohl er in<lb/> vollem Ornate des Magnaten bei allen kirchlichen Festen erschien, sobald sie eine<lb/> politische Nebenbedeutung hatten. Die Erziehung bei den Schotten in Wien hatte<lb/> ihm keinen sonderlichen Begriff von klösterlicher Bildung beigebracht, und sein<lb/> Aufenthalt in Italien beförderte nicht die Achtung vor den Ceremonien. Die Reise<lb/> in den Orient hatte nicht minder auf den empfänglichen Geist eingewirkt, so daß<lb/> Batthyany alle Religionsgesellschaften gleich respectirte. Er war frei von Borurtheilen<lb/> und duldsam, obwohl er sich manchen Scherz erlaubte und die Geistlichen mit<lb/> scharfen Ausfälle» geißelte.</p><lb/> <p xml:id="ID_763"> Der Aberglaube klopfte aber mit leisem Finger auch an diesen vorragenden<lb/> Geist, und Batihyauy unternahm z. B. nichts an einem Freitage. Im Jahre<lb/> 1844 befand sich Batthyany mit seiner Familie auf dem Dampfschiffe, das von<lb/> Wien nach Pesth fuhr. Der türkische Gesandte am kaiserlichen Hofe befand sich<lb/> ebenfalls mit seiner Begleitung am Bord, und darunter ein Derwisch, dem<lb/> man viele Aufmerksamkeit und Achtung bewies. Der Derwisch war ein Araber<lb/> und stand im Rufe ver Heiligkeit; man sagte damals, er wolle das Grab eines<lb/> Heiligen bei Ofen besuchen. Er war nicht alt und bewies mit lebhaften Geberden<lb/> seine Theilnahme an Allem, was vorging. Graf Batthyany näherte sich mit einem<lb/> im Oriente erlernten Gruße dem Fremden, und dieser schien bereits den ungari¬<lb/> schen Cavalier zu kennen, denn er fühlte sich geschmeichelt durch das Bestrebe»,<lb/> eine Unterhaltung anzuknüpfen. Batthyany stellte ihm seine Kinder vor, Mädchen<lb/> in zartem Alter, und auch die Gattin. Nach längerer Unterhaltung wollte sich<lb/> der Denrisch wahrscheinlich erkenntlich erweisen, und erbot sich, den Damen aus<lb/> der Hand wahrzusagen. Die Gräfin schlug es aus, wahrscheinlich unangenehm<lb/> an einen Vorfall im väterliche» Hause erinnert. Gras Zichy ist kein freigebiger<lb/> Mann und seine Frau war es ebenfalls nicht; letztere verweigerte einer bettelnden<lb/> Zigeunerin ein Almosen, und diese sprach eine Verwünschung aus. Die Gräfin Zichy,<lb/> die Mutter der nachmaligen Gräfin Batthyany, starb bald nach jener Szene im<lb/> Kindbett.</p><lb/> <p xml:id="ID_764" next="#ID_765"> Batthyany gab aber lachend die Hand hin, die der Derwisch lange betrach¬<lb/> tete, ohne irgend etwas zu spreche». Der Derwisch ließ die Hand des Grafen<lb/> los, und es schien, als wollte er das Stillschweigen weiter behaupten; aber dies<lb/> reizte um so mehr, und Batthyany drang mit seinem bekannten Ungestüm in den</p><lb/> </div> </div> </body> </text> </TEI> [0227]
Ein Derwisch prophezeiht den Tod Batthyany's.
(Aus einer Biographie des Grafen Ludwig Batthyany.)
Graf Ludwig Batthyany dachte eben so freisinnig in Glaubenssachen als in
der Politik. Man konnte ihn nicht zu den Kirchengänger» zählen, obwohl er in
vollem Ornate des Magnaten bei allen kirchlichen Festen erschien, sobald sie eine
politische Nebenbedeutung hatten. Die Erziehung bei den Schotten in Wien hatte
ihm keinen sonderlichen Begriff von klösterlicher Bildung beigebracht, und sein
Aufenthalt in Italien beförderte nicht die Achtung vor den Ceremonien. Die Reise
in den Orient hatte nicht minder auf den empfänglichen Geist eingewirkt, so daß
Batthyany alle Religionsgesellschaften gleich respectirte. Er war frei von Borurtheilen
und duldsam, obwohl er sich manchen Scherz erlaubte und die Geistlichen mit
scharfen Ausfälle» geißelte.
Der Aberglaube klopfte aber mit leisem Finger auch an diesen vorragenden
Geist, und Batihyauy unternahm z. B. nichts an einem Freitage. Im Jahre
1844 befand sich Batthyany mit seiner Familie auf dem Dampfschiffe, das von
Wien nach Pesth fuhr. Der türkische Gesandte am kaiserlichen Hofe befand sich
ebenfalls mit seiner Begleitung am Bord, und darunter ein Derwisch, dem
man viele Aufmerksamkeit und Achtung bewies. Der Derwisch war ein Araber
und stand im Rufe ver Heiligkeit; man sagte damals, er wolle das Grab eines
Heiligen bei Ofen besuchen. Er war nicht alt und bewies mit lebhaften Geberden
seine Theilnahme an Allem, was vorging. Graf Batthyany näherte sich mit einem
im Oriente erlernten Gruße dem Fremden, und dieser schien bereits den ungari¬
schen Cavalier zu kennen, denn er fühlte sich geschmeichelt durch das Bestrebe»,
eine Unterhaltung anzuknüpfen. Batthyany stellte ihm seine Kinder vor, Mädchen
in zartem Alter, und auch die Gattin. Nach längerer Unterhaltung wollte sich
der Denrisch wahrscheinlich erkenntlich erweisen, und erbot sich, den Damen aus
der Hand wahrzusagen. Die Gräfin schlug es aus, wahrscheinlich unangenehm
an einen Vorfall im väterliche» Hause erinnert. Gras Zichy ist kein freigebiger
Mann und seine Frau war es ebenfalls nicht; letztere verweigerte einer bettelnden
Zigeunerin ein Almosen, und diese sprach eine Verwünschung aus. Die Gräfin Zichy,
die Mutter der nachmaligen Gräfin Batthyany, starb bald nach jener Szene im
Kindbett.
Batthyany gab aber lachend die Hand hin, die der Derwisch lange betrach¬
tete, ohne irgend etwas zu spreche». Der Derwisch ließ die Hand des Grafen
los, und es schien, als wollte er das Stillschweigen weiter behaupten; aber dies
reizte um so mehr, und Batthyany drang mit seinem bekannten Ungestüm in den
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