Die Grenzboten. Jg. 8, 1849, II. Semester. IV. Band.Es ist das ein Uebelstand, der bei gruppirten Porträts immer eintreten wird, Unter den Einzelnen sind manche interessante Gesichter, Brissot vor Allem; Wie es dem historischen Maler ziemt, sind ältere Porträts, namentlich die Karl Bock. Als ein erfreuliches Symptom, daß es unter den strebsamen Gemüthern in Oestreich
Es ist das ein Uebelstand, der bei gruppirten Porträts immer eintreten wird, Unter den Einzelnen sind manche interessante Gesichter, Brissot vor Allem; Wie es dem historischen Maler ziemt, sind ältere Porträts, namentlich die Karl Bock. Als ein erfreuliches Symptom, daß es unter den strebsamen Gemüthern in Oestreich
<TEI> <text> <body> <div> <div n="1"> <div n="2"> <pb facs="#f0152" corresp="http://brema.suub.uni-bremen.de/grenzboten/periodical/pageview/279700"/> <p xml:id="ID_491"> Es ist das ein Uebelstand, der bei gruppirten Porträts immer eintreten wird,<lb/> der bei dem Pacht'schen Gemälde sich in einem noch viel höhern Grade gel¬<lb/> tend macht: die sämmtlichen Personen drängen sich der Aufmerksamkeit auf, sie<lb/> Präsentiren sich: ich bin der und der, betrachte mich genau und unterscheide mich<lb/> von den Uebrigen. Der Maler verfällt dabei zu leicht in eine gewisse Coquet-<lb/> terie, die man sich am besten aus dem widerlichen Eindruck versinnlichen kann,<lb/> den eine daguerrotypirte Gruppe verschiedener Personen macht.</p><lb/> <p xml:id="ID_492"> Unter den Einzelnen sind manche interessante Gesichter, Brissot vor Allem;<lb/> Vergniaud vielleicht am wenigsten. Aber auch manche, die durch Rohheit und<lb/> Stumpfsinn den Eindruck geradezu stören. Ju historischer Beziehung wäre diese<lb/> Genauigkeit ein Gewinn, aber um sie künstlerisch zu berechtigen, fehlt unserer<lb/> Kenntniß von den einzelnen Personen das individuelleJntcresse. Ob Ducos, Fon-<lb/> frede, Boileau, Faucher so oder so ausgesehen haben, daran liegt uns im Gan¬<lb/> zen wenig.</p><lb/> <p xml:id="ID_493"> Wie es dem historischen Maler ziemt, sind ältere Porträts, namentlich die<lb/> von David, fleißig benutzt. Kenner versichern mir, es sei mir zu sclavischer Nach¬<lb/> ahmung auch in Bezug auf die Haltung der Einzelnen geschehen. Aus eigener<lb/> Anschauung kann ich darüber nicht urtheilen.</p><lb/> <milestone rendition="#hr" unit="section"/><lb/> </div> </div> <div n="1"> <head> Karl Bock.</head><lb/> <milestone rendition="#hr" unit="section"/><lb/> <p xml:id="ID_494"> Als ein erfreuliches Symptom, daß es unter den strebsamen Gemüthern in Oestreich<lb/> denn doch noch einige gibt, die mit dem gegenwärtigen Stand der Dinge zufrieden<lb/> sind, theilen wir aus dem Gedicht von Karl Beck „An Franz Joseph" (2. Aust.,<lb/> Wien, Jasper, Hügel u. Mainz), in welchem der Kaiser um Amnestie für die besiegten<lb/> Unzarn gebeten wird, folgendes Fragment mit.</p><lb/> <quote> <lg xml:id="POEMID_2" type="poem"> <l> Jüngst schrankenlos und doch ein Knecht,<lb/> Ein Freier nun in Maaß und Schranken,<lb/> So schaut der Mann mit festem Blick,<lb/> Ins Angesicht dem Weltgedanken.</l> <l> Die Jngend sucht kein Ritterspiel,<lb/> . Nach Riesen späht sie nicht auf Reisen:<lb/> Sie zündet stumm das Lämpchen an.<lb/> Und sucht den Weg ins Thal der Weisen,</l> <l> Zum Sturme rief das Crucifix,<lb/> Zum Streite ging des Thurmes Hammer:<lb/> Zum Segen klingt nun das Geläut,<lb/> Und sühnend schmückt das Kreuz die Kammer.</l> </lg> </quote><lb/> </div> </div> </body> </text> </TEI> [0152]
Es ist das ein Uebelstand, der bei gruppirten Porträts immer eintreten wird,
der bei dem Pacht'schen Gemälde sich in einem noch viel höhern Grade gel¬
tend macht: die sämmtlichen Personen drängen sich der Aufmerksamkeit auf, sie
Präsentiren sich: ich bin der und der, betrachte mich genau und unterscheide mich
von den Uebrigen. Der Maler verfällt dabei zu leicht in eine gewisse Coquet-
terie, die man sich am besten aus dem widerlichen Eindruck versinnlichen kann,
den eine daguerrotypirte Gruppe verschiedener Personen macht.
Unter den Einzelnen sind manche interessante Gesichter, Brissot vor Allem;
Vergniaud vielleicht am wenigsten. Aber auch manche, die durch Rohheit und
Stumpfsinn den Eindruck geradezu stören. Ju historischer Beziehung wäre diese
Genauigkeit ein Gewinn, aber um sie künstlerisch zu berechtigen, fehlt unserer
Kenntniß von den einzelnen Personen das individuelleJntcresse. Ob Ducos, Fon-
frede, Boileau, Faucher so oder so ausgesehen haben, daran liegt uns im Gan¬
zen wenig.
Wie es dem historischen Maler ziemt, sind ältere Porträts, namentlich die
von David, fleißig benutzt. Kenner versichern mir, es sei mir zu sclavischer Nach¬
ahmung auch in Bezug auf die Haltung der Einzelnen geschehen. Aus eigener
Anschauung kann ich darüber nicht urtheilen.
Karl Bock.
Als ein erfreuliches Symptom, daß es unter den strebsamen Gemüthern in Oestreich
denn doch noch einige gibt, die mit dem gegenwärtigen Stand der Dinge zufrieden
sind, theilen wir aus dem Gedicht von Karl Beck „An Franz Joseph" (2. Aust.,
Wien, Jasper, Hügel u. Mainz), in welchem der Kaiser um Amnestie für die besiegten
Unzarn gebeten wird, folgendes Fragment mit.
Jüngst schrankenlos und doch ein Knecht,
Ein Freier nun in Maaß und Schranken,
So schaut der Mann mit festem Blick,
Ins Angesicht dem Weltgedanken. Die Jngend sucht kein Ritterspiel,
. Nach Riesen späht sie nicht auf Reisen:
Sie zündet stumm das Lämpchen an.
Und sucht den Weg ins Thal der Weisen, Zum Sturme rief das Crucifix,
Zum Streite ging des Thurmes Hammer:
Zum Segen klingt nun das Geläut,
Und sühnend schmückt das Kreuz die Kammer.
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