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Die Grenzboten. Jg. 8, 1849, II. Semester. III. Band.

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hat eine Erklärung von 130 Männern, welche nichts als ihre persönliche Ueberzeu¬
gung aussprechen, nicht nnter allen Umständen Wichtigkeit für die Nation Aber
die 130 hatten volles Recht anzunehmen, daß ihr Urtheil für einen großen Theil
der Deutschen, welcher ehrlich zum Parlament gehalten hat, maßgebend sein wird.
Daß sie sich darin nicht getäuscht haben, zeigt die Freude der preußische" Regie¬
rungsorgane über die Annäherung der besten Repräsentanten deutscher Volkskraft,
eben so sehr, wie die furchtsamen Angriffe der partikularistischen Presse.

Vinke hat die Erklärung nicht unterzeichnet, weil er in seiner stolzen Beschei-.
derben eine jede Erklärung, welche von Privatpersonen über solche Interessen des
höchsten Staatslebens gegeben wird, für ineonventionell hielt, dann weil er von
seinem Standpunkt der Vereinbarung aus, mit einem einzelnen Satz der Erklä¬
rung nicht übereinstimmen durste und endlich, weil er den Willen hat, von seinem
Standpunkt des Rechts aus , sich der Wahl zu enthalten und für die nächsten
Kammern kein Mandat anzunehmen. Demungecichtet war grade seine Anwesenheit
in Gotha für die Partei und vielleicht für unsre Zukunft ein Gewinn. Schon im
vorigen Frühjahr, als er von Frankfurt nach Berlin ging und bei seinem Abschied
von der Paulskirche zu den meisten Mitgliedern der Centren heranging und ihnen
herzlich und bewegt die Hand schüttelte, wurde das Band geknüpft, welches die
genialste Kraft Preußens mit der Weidenbuschpartei verband, jetzt ist die mensch¬
liche Annäherung noch größer geworden und die guten Früchte davon werden uns
nicht ausbleiben.

Auch der dritte Zweck der Gothaer Versammlung, sich als deutsche Partei
zu constituiren, ist, so weit es in einer dreitägigen Versammlung geschehn konnte,
erreicht. Erst die Resultate dieses Bestrebens gehören der Oeffentlichkeit an.
Wir werden zur Zeit unseren Lesern darüber berichten.




Zwei Sängerinnen.



Angelika Catalani ist in diesen Wochen zu Paris an der Cholera gestorben
und Henriette Sonntag kehrt zum Theater zurück. -- Jedes Menschenleben gibt
Stoff zu einem wundervollen Roman, das Leben der Frauen aber mehr, als das
der Männer und das Leben einer Sängerin den meisten.

Ihr Männer wißt nicht, wie seltsam die Welt mit der Seele einer Künstlerin
umgeht. Alles Entzücken, alle Verzweiflung arbeitet nach einander unter dem Flor,
der ihre Brust verhüllt. Dasselbe Weib, das heut mit blitzendem Auge und seli¬
gem Lächeln den kleinen Fuß auf eure Nacken setzt, liegt morgen bleich, aufgelöst,


Grenzbotw. ni. 1849. 8

hat eine Erklärung von 130 Männern, welche nichts als ihre persönliche Ueberzeu¬
gung aussprechen, nicht nnter allen Umständen Wichtigkeit für die Nation Aber
die 130 hatten volles Recht anzunehmen, daß ihr Urtheil für einen großen Theil
der Deutschen, welcher ehrlich zum Parlament gehalten hat, maßgebend sein wird.
Daß sie sich darin nicht getäuscht haben, zeigt die Freude der preußische» Regie¬
rungsorgane über die Annäherung der besten Repräsentanten deutscher Volkskraft,
eben so sehr, wie die furchtsamen Angriffe der partikularistischen Presse.

Vinke hat die Erklärung nicht unterzeichnet, weil er in seiner stolzen Beschei-.
derben eine jede Erklärung, welche von Privatpersonen über solche Interessen des
höchsten Staatslebens gegeben wird, für ineonventionell hielt, dann weil er von
seinem Standpunkt der Vereinbarung aus, mit einem einzelnen Satz der Erklä¬
rung nicht übereinstimmen durste und endlich, weil er den Willen hat, von seinem
Standpunkt des Rechts aus , sich der Wahl zu enthalten und für die nächsten
Kammern kein Mandat anzunehmen. Demungecichtet war grade seine Anwesenheit
in Gotha für die Partei und vielleicht für unsre Zukunft ein Gewinn. Schon im
vorigen Frühjahr, als er von Frankfurt nach Berlin ging und bei seinem Abschied
von der Paulskirche zu den meisten Mitgliedern der Centren heranging und ihnen
herzlich und bewegt die Hand schüttelte, wurde das Band geknüpft, welches die
genialste Kraft Preußens mit der Weidenbuschpartei verband, jetzt ist die mensch¬
liche Annäherung noch größer geworden und die guten Früchte davon werden uns
nicht ausbleiben.

Auch der dritte Zweck der Gothaer Versammlung, sich als deutsche Partei
zu constituiren, ist, so weit es in einer dreitägigen Versammlung geschehn konnte,
erreicht. Erst die Resultate dieses Bestrebens gehören der Oeffentlichkeit an.
Wir werden zur Zeit unseren Lesern darüber berichten.




Zwei Sängerinnen.



Angelika Catalani ist in diesen Wochen zu Paris an der Cholera gestorben
und Henriette Sonntag kehrt zum Theater zurück. — Jedes Menschenleben gibt
Stoff zu einem wundervollen Roman, das Leben der Frauen aber mehr, als das
der Männer und das Leben einer Sängerin den meisten.

Ihr Männer wißt nicht, wie seltsam die Welt mit der Seele einer Künstlerin
umgeht. Alles Entzücken, alle Verzweiflung arbeitet nach einander unter dem Flor,
der ihre Brust verhüllt. Dasselbe Weib, das heut mit blitzendem Auge und seli¬
gem Lächeln den kleinen Fuß auf eure Nacken setzt, liegt morgen bleich, aufgelöst,


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Zitationshilfe: Die Grenzboten. Jg. 8, 1849, II. Semester. III. Band, S. . In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/grenzboten_341563_279025/65>, abgerufen am 05.02.2025.