Die Grenzboten. Jg. 8, 1849, II. Semester. III. Band.Die Bosnier und der Aufstand des Kerle. Der große Stamm der Südslaven beginnt selbstthätig in das Geschick der Der südslavische, oder serbische, oder illyrische Stamm bewohnt in der Türkei Grenzboten. in. 1849. . 36
Die Bosnier und der Aufstand des Kerle. Der große Stamm der Südslaven beginnt selbstthätig in das Geschick der Der südslavische, oder serbische, oder illyrische Stamm bewohnt in der Türkei Grenzboten. in. 1849. . 36
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Die Bosnier und der Aufstand des Kerle.
Der große Stamm der Südslaven beginnt selbstthätig in das Geschick der
europäischen Staaten einzugreifen, er strebt nach staatlicher Ordnung und Einheit
für sich selbst und hat deshalb alte Banden, welche ihn dnrch Jahrhunderte an
Ungarn oder an die Türkei festschnürten und durch Gewohnheit und Verträge ge¬
weiht waren, gebrochen. Auch für Oestreich ist die Zeit nicht fern, wo das Volk,
welches jetzt seinen Signalen in die Schlacht nachzieht, sich feindlich gegen den
Doppeladler erheben wird. — Noch immer ist in Deutschland die Familie der
südslavischen Völker wenig bekannt, ihre gemeinsame Eigenthümlichkeit und ihr
innerer Zusammenhang nicht genügend beachtet. — Die Grenzboten sind nicht ganz
fremd in dem türkischen Grenzland, sie werden versuchen, ihren Lesern einiges
Interessante aus der dämmrigen Ferne der schwarzen Berge und der serbischen
Wälder mitzutheilen.
Der südslavische, oder serbische, oder illyrische Stamm bewohnt in der Türkei
das Fürstenthum Serbien, Bosnien mit der Herzegowina und Montenegro; im
Kaiserstaat: Dalmatien, das südliche Jllyrien, Kroatien, Slavonien, die Grenze und
den südlichen Theil des Bcmats, welcher als Woiwodina im vorigen Jahr eine
Provinzialsouveränität erstrebte. Zu zwei Kaiserreichen gehört dies große serbische
Volk, über 5 Millionen Menschen; auch zu verschiedenen Kirchen. In Bosnien
ist ein Theil des Volkes zum Islam übergegangen. Der Serbe, der Montene¬
griner und der größte Theil der Raja in Bosnien sind nicht nuirte Griechen, in
den östreichischen Landestheilen sitzen uuirte und nicht uuirte Griechen durcheinan¬
der. Aber der Unterschied zwischen den beiden griechischen Kirchen ist durchaus
kein nationaler, er ist ein sehr äußerliches und oberflächliches Popenwerk, um
welches sich das Volk wenig kümmert. Die Union der westlichen Serben mit der
römischen Kirche hat so geringe Bedeutung für die Masse, daß es durchaus keine
Schwierigkeit machen würde, dieselbe wieder aufzuheben. Man legt in Deutsch¬
land so großen Werth auf einen Unterschied, der für die politischen Verhältnisse
gar keiner ist. Unter gewissen Verhältnissen wird der nicht unirte Jllyrier grade
so feindlich gegen Rußland gestimmt sein, als der unirte. — Bei verschiedener
Grenzboten. in. 1849. . 36
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