Die Grenzboten. Jg. 8, 1849, I. Semester. II. Band.zeit zur Beantwortung dieser Frage. Da schon in 8 Tagen die Deputirtenwahl Der höchste politische Grundsatz, den Jacobi hat, scheint, wie ich eben schon 3. V mar y. Es gibt Charaktere, in deren Natur es liegt, stets und nach allen Seiten Brtnjbottn. it. 24
zeit zur Beantwortung dieser Frage. Da schon in 8 Tagen die Deputirtenwahl Der höchste politische Grundsatz, den Jacobi hat, scheint, wie ich eben schon 3. V mar y. Es gibt Charaktere, in deren Natur es liegt, stets und nach allen Seiten Brtnjbottn. it. 24
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zeit zur Beantwortung dieser Frage. Da schon in 8 Tagen die Deputirtenwahl
stattfinden sollte, so hatte er natürlich keine Chancen mehr, gewählt zu werden.
Der höchste politische Grundsatz, den Jacobi hat, scheint, wie ich eben schon
angedeutet habe, die Forderung zu sei», daß ein Jeder sich frei entwickeln und in
der Aeußerung seiner Meinung nicht beschränkt werden dürfe. Es ist klar, daß
man von diesem Standpunkt aus einerseits sehr radikal, andererseits den eigent¬
lichen Wünschen des Volkes sehr entgegengesetzt sein kann. Jacobi ist radikal,
aber er verleugnet nie den vornehmen Geist, der mit den Edelsten seiner Zeit und
aller Zeiten in stetem Verkehr steht, der dem Volke sich nicht nähert, um ihm zu
schmeicheln, sondern um es zu der Höhe, die er selbst errungen, heranzubilden.
Aber ebeu daran scheitern seine Bemühungen, eine politische Stellung zu erreichen;
keine Partei traut ihm, keine Partei liebt ihn. Für Geister, wie Jacobi, ist die
Monarchie ein günstigerer Boden; er ist zu selbstständig und auch wieder in anderer
Art zu biegsam, um von den großen Massen getragen und gehoben zu werden.
3. V mar y.
Es gibt Charaktere, in deren Natur es liegt, stets und nach allen Seiten
hin in Opposition zu stehen; zu ihnen gehört Agathon Bmary. Ein Bekannter
von mir, ein älterer Mann, dessen ganze Geistesbildung vergangenen Zeiten ange¬
hört, äußerte über ihn: wie unglücklich muß dieser Mensch sein, er ist ja nie
anders als in Wuth! So schlimm ist es nun nicht. Freilich mag eine gewisse
Reizbarkeit, ein verhaltener Groll sich in ihm festgesetzt haben durch die unverdiente
Zurücksetzung, die er wegen seiner theologischen und politischen Ansichten von der
früheren Regierung erfahren hat; — obgleich er an der Universität seit vielen
Jahren keine unrühmliche Stellung einnimmt, ist er noch immer Privatdocent
geblieben; dies mag ihn gehindert haben seine Stellung am Kölnischen Gymnasium
zu Gunsten wissenschaftlicher Studien und akademischer Wirksamkeit aufzugeben.
Ein wissenschaftliches Blatt, das er vor etwa vier Jahren in Gemeinschaft mit
Hotho und Valle herausgeben wollte, erhielt die Concession nicht. Diese kleinlichen
Verfolgungen konnten in einem von Natur tadelsüchtigen Manne einen überspann¬
en Haß gegen Alles hervorrufen, was mit der ihm feindlichen Partei irgendwie
Zusammenzuhängen schien. Aber Bmary besitzt andererseits einen viel zu kalten
Verstand, als daß er sonderlich afficirt werden könnte; er ist stets aufgeregt, aber
seine Aufregung ist kalt. Man kann nicht sagen, daß sich in seinen beißenden
Bemerkungen viel Witz verriethe, ihrem Inhalte nach würden sie einen geringen
oder gar keinen Eindruck hervorbringen; nur die Form, in der er sie vorbringt,
verschafft ihnen hin und wieder Interesse. Sein Stimmorgan, seine Accentuiruug
trägt ganz und gar den Charakter des schneidenden und kalten Hohnes; nicht
Ironie, sondern Verachtung und Uebermuth ist es, was uns bei dem gleichgiltig-
Brtnjbottn. it. 24
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