Die Grenzboten. Jg. 6, 1847, II. Semester. III. Band.T a g e b u es. i. Dec zwei Eremitagen von Montmorency. Rousseau. -- Zwei Perioden. -- SonntagSfahrtcn. -- EnaHie". -- Der l'lobe Dichter. -- Erste Eieinilagc, -- Heinrich Heine. -- Zweite Eremitage. -- Zwei Dichter. -- Heine'S Gesellschafter.--. Der Ta"zplatz von Montmorency. -- Frankreich und der Verfasser der Reisebilder. Es gab eine Zeit, wo Montmorency und die Eremitage zu sehen das Ziel In der Zeit, wo wir sceptisch werden, tritt unsere jugendliche Verehrung T a g e b u es. i. Dec zwei Eremitagen von Montmorency. Rousseau. — Zwei Perioden. — SonntagSfahrtcn. — EnaHie». — Der l'lobe Dichter. — Erste Eieinilagc, — Heinrich Heine. — Zweite Eremitage. — Zwei Dichter. — Heine'S Gesellschafter.—. Der Ta»zplatz von Montmorency. — Frankreich und der Verfasser der Reisebilder. Es gab eine Zeit, wo Montmorency und die Eremitage zu sehen das Ziel In der Zeit, wo wir sceptisch werden, tritt unsere jugendliche Verehrung <TEI> <text> <body> <div> <div n="1"> <pb facs="#f0294" corresp="http://brema.suub.uni-bremen.de/grenzboten/periodical/pageview/184454"/> </div> <div n="1"> <head> T a g e b u es.</head><lb/> <milestone rendition="#hr" unit="section"/><lb/> <div n="2"> <head> i.<lb/> Dec zwei Eremitagen von Montmorency.</head><lb/> <note type="argument"> Rousseau. — Zwei Perioden. — SonntagSfahrtcn. — EnaHie». — Der l'lobe Dichter. — Erste<lb/> Eieinilagc, — Heinrich Heine. — Zweite Eremitage. — Zwei Dichter. — Heine'S Gesellschafter.—.<lb/> Der Ta»zplatz von Montmorency. — Frankreich und der Verfasser der Reisebilder.</note><lb/> <p xml:id="ID_962"> Es gab eine Zeit, wo Montmorency und die Eremitage zu sehen das Ziel<lb/> meiner Sehnsucht war. Ist es ein Wunder? Ich war achtzehn Jahre alt, ich<lb/> hatte die neue Heloise gelesen und stand nun unter dem Einfluß des Rausches,<lb/> den eine erste Lectüre der (^o»le88ion8 in uns hervorbringt. Wie mit glühenden<lb/> Ketten hatte mich das wunderbare Buch gefesselt, es riß mich über Höhen und<lb/> Tiefen, es gab mir den Schwindel. Thräne folgte auf Thräne und in atbem-<lb/> loser Haft begleitete ich den armen Jean Jacques weiter und weiter auf seinen<lb/> Wanderungen, von den Charmcttes zur Eremitage, von der Eremitage bis zur<lb/> einsamen Insel Se. Pierre. Als ich ruhiger ward, und den Lebenslauf des ar¬<lb/> men Dulders ganz überblickt hatte, schlug ich die Blätter wieder auf, die Rous¬<lb/> seau's Leben in Montmorency schildern. Sie hatten mich tiefer als alles Andere<lb/> erschüttert, die ganze Seele hatten sie mir in freudigen Schmerz aufgelöst, und<lb/> eiw Hauch der Verklärung hatte mich aus ihnen angeweht. In der That:<lb/> Rousseau hat auf der Höhe von Montmorency seine Transfiguration gefeiert, er<lb/> selbst erzählt, wie er dort größer und besser war, als er je gewesen, wie er dort<lb/> Flügel an den Schultern fühlte und die Erde unter seinen Füßen nicht mehr em¬<lb/> pfand. Das Feuer, mit dem er die ewige Gestalt seiner Julie lebendig machte,<lb/> schlug dort in sein eigenes Herz, eine Liebe, bodenlos und unwiderstehlich, voll<lb/> unnennbarer Wonnen und Schmerzen, bemächtigte sich dort seiner und hob ihn<lb/> über alles Menschenleben zu einem Höhepunkt der Extase hinauf, vor dem alle<lb/> kalten und furchtsamen Herzen zusammenschauern. „Emile" und der „Contract so¬<lb/> cial," die neue Heloise und die Briefe an d'Alembert wurden in Montmorency<lb/> geschrieben; der Ort, wo Rousseau und seine Sophie weinte, wird geheiligt blei¬<lb/> ben, wie die Bauclnse, in der Petrarka seine Laura besang.</p><lb/> <p xml:id="ID_963" next="#ID_964"> In der Zeit, wo wir sceptisch werden, tritt unsere jugendliche Verehrung</p><lb/> </div> </div> </div> </body> </text> </TEI> [0294]
T a g e b u es.
i.
Dec zwei Eremitagen von Montmorency.
Rousseau. — Zwei Perioden. — SonntagSfahrtcn. — EnaHie». — Der l'lobe Dichter. — Erste
Eieinilagc, — Heinrich Heine. — Zweite Eremitage. — Zwei Dichter. — Heine'S Gesellschafter.—.
Der Ta»zplatz von Montmorency. — Frankreich und der Verfasser der Reisebilder.
Es gab eine Zeit, wo Montmorency und die Eremitage zu sehen das Ziel
meiner Sehnsucht war. Ist es ein Wunder? Ich war achtzehn Jahre alt, ich
hatte die neue Heloise gelesen und stand nun unter dem Einfluß des Rausches,
den eine erste Lectüre der (^o»le88ion8 in uns hervorbringt. Wie mit glühenden
Ketten hatte mich das wunderbare Buch gefesselt, es riß mich über Höhen und
Tiefen, es gab mir den Schwindel. Thräne folgte auf Thräne und in atbem-
loser Haft begleitete ich den armen Jean Jacques weiter und weiter auf seinen
Wanderungen, von den Charmcttes zur Eremitage, von der Eremitage bis zur
einsamen Insel Se. Pierre. Als ich ruhiger ward, und den Lebenslauf des ar¬
men Dulders ganz überblickt hatte, schlug ich die Blätter wieder auf, die Rous¬
seau's Leben in Montmorency schildern. Sie hatten mich tiefer als alles Andere
erschüttert, die ganze Seele hatten sie mir in freudigen Schmerz aufgelöst, und
eiw Hauch der Verklärung hatte mich aus ihnen angeweht. In der That:
Rousseau hat auf der Höhe von Montmorency seine Transfiguration gefeiert, er
selbst erzählt, wie er dort größer und besser war, als er je gewesen, wie er dort
Flügel an den Schultern fühlte und die Erde unter seinen Füßen nicht mehr em¬
pfand. Das Feuer, mit dem er die ewige Gestalt seiner Julie lebendig machte,
schlug dort in sein eigenes Herz, eine Liebe, bodenlos und unwiderstehlich, voll
unnennbarer Wonnen und Schmerzen, bemächtigte sich dort seiner und hob ihn
über alles Menschenleben zu einem Höhepunkt der Extase hinauf, vor dem alle
kalten und furchtsamen Herzen zusammenschauern. „Emile" und der „Contract so¬
cial," die neue Heloise und die Briefe an d'Alembert wurden in Montmorency
geschrieben; der Ort, wo Rousseau und seine Sophie weinte, wird geheiligt blei¬
ben, wie die Bauclnse, in der Petrarka seine Laura besang.
In der Zeit, wo wir sceptisch werden, tritt unsere jugendliche Verehrung
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