Die Grenzboten. Jg. 6, 1847, II. Semester. III. Band.Verhältnissen, wie die damaligen Preußens, solche klugen Leute, wie Sie, III. I. Ich ging, denn wir hatten alle Anwesenden im Saale gemustert. Im "Das sind Schriftsteller, Gelehrte und dergleichen," sagte mein Führer, Verhältnissen, wie die damaligen Preußens, solche klugen Leute, wie Sie, III. I. Ich ging, denn wir hatten alle Anwesenden im Saale gemustert. Im „Das sind Schriftsteller, Gelehrte und dergleichen," sagte mein Führer, <TEI> <text> <body> <div> <div n="1"> <div n="2"> <div n="3"> <pb facs="#f0156" corresp="http://brema.suub.uni-bremen.de/grenzboten/periodical/pageview/184316"/> <p xml:id="ID_525" prev="#ID_524"> Verhältnissen, wie die damaligen Preußens, solche klugen Leute, wie Sie,<lb/> ganz nahe an Verräther grenzen, ohne es nur zu ahnden. Und deswegen,<lb/> — lasse« Sie den „Herrn v. Stein" machen; er wird ein Hqns bauen,<lb/> wie die seinen Herrn von „Lehm" keines zu Stande zu bringen beru¬<lb/> fen sind.</p><lb/> </div> </div> <div n="2"> <head> III.</head><lb/> <div n="3"> <head> I.</head><lb/> <p xml:id="ID_526"> Ich ging, denn wir hatten alle Anwesenden im Saale gemustert. Im<lb/> Vorzimmer aber waren noch ein halb Dutzend Leute, und warteten aus die<lb/> Erlaubniß einzutreten.</p><lb/> <p xml:id="ID_527" next="#ID_528"> „Das sind Schriftsteller, Gelehrte und dergleichen," sagte mein Führer,<lb/> der wieder neben mir stand. „Kommen Sie an dieses Fenster, ich will Ih¬<lb/> nen sagen, wer sie sind. Jenes kleine, dicke, wohlgenährte, stämmige Männ¬<lb/> chen ist der berühmte Johannes von Müller," sagte mein Führer, und<lb/> sah dabei mit Augen auf ihn, in denen Haß und Neid ziemlich offen hervor¬<lb/> trat. ^- „Wissen Sie, wie Müller 1781 bei der Akademie in Berlin durchfiel?<lb/> Er reiste nach Berlin, um sich ernennen zu lassen. Gleim, der Minister Herz-<lb/> berg und Friedrich Wilhelm II., damals Kronprinz, unterstützten ihn. Sie<lb/> riethen ihm, sich durch d'Alembert beim Könige empfehlen zu lassen. Und<lb/> dieser schrieb auch wirklich an Friedrich II., und legte ein gutes Wort sM<lb/> Müller ein. — Nun was haben Sie den», mein Freund?" — „Was ich<lb/> habe? es juckt mich in allen Fingern — doch fahren Sie ruhig fort,<lb/> wird scholl vorüber gehen." — „Friedrich ließ Müller vor sich komme», und<lb/> schrieb dann an d'Alembert: „Der Herr Mayer (er hatte den Namen ver¬<lb/> wechselt) war hier, ich muß gestehen, ich finde ihn kleinlich; er hat Nach¬<lb/> forschungen über die Cimbern und Teutonen gemacht, die mir sehr gleich¬<lb/> gültig sind; er hat eine Uebersicht der allgemeinen Geschichte gemacht, in<lb/> der er mit Gelehrsamkeit wiederholt hat, was Andere besser als er gesagt<lb/> und geschrieben haben." — „Sie sind unwohl! Was fehlt Ihnen?" — „Nur<lb/> weiter, mein Freund!" — „Zum Schlüsse schrieb Friedrich II., dein franzö-<lb/> sischen Gelehrten: „Die Deutschen haben das Uebel, das mau die Logo-<lb/> diarrhoea nennt; man würde sie eher verstummen, als ökonomisch in Worten<lb/> macheu." ^ d'Alembert schwieg vou da an über Müller und so wurde die¬<lb/> ser nicht Akademiker." — „Später lebte er in Wien: dort forderte er die<lb/> Deutschen auf, den Namen Germaniens, die Unabhängigkeit einer großen<lb/> Monarchie, das Gleichgewicht Europa's gegen Fremde, „zireiivtLiic«" zu ver¬<lb/> theidige». Hi, hi!" — „Was ist de»» da zu lachen?" — „Ich wurde auch</p><lb/> </div> </div> </div> </div> </body> </text> </TEI> [0156]
Verhältnissen, wie die damaligen Preußens, solche klugen Leute, wie Sie,
ganz nahe an Verräther grenzen, ohne es nur zu ahnden. Und deswegen,
— lasse« Sie den „Herrn v. Stein" machen; er wird ein Hqns bauen,
wie die seinen Herrn von „Lehm" keines zu Stande zu bringen beru¬
fen sind.
III.
I.
Ich ging, denn wir hatten alle Anwesenden im Saale gemustert. Im
Vorzimmer aber waren noch ein halb Dutzend Leute, und warteten aus die
Erlaubniß einzutreten.
„Das sind Schriftsteller, Gelehrte und dergleichen," sagte mein Führer,
der wieder neben mir stand. „Kommen Sie an dieses Fenster, ich will Ih¬
nen sagen, wer sie sind. Jenes kleine, dicke, wohlgenährte, stämmige Männ¬
chen ist der berühmte Johannes von Müller," sagte mein Führer, und
sah dabei mit Augen auf ihn, in denen Haß und Neid ziemlich offen hervor¬
trat. ^- „Wissen Sie, wie Müller 1781 bei der Akademie in Berlin durchfiel?
Er reiste nach Berlin, um sich ernennen zu lassen. Gleim, der Minister Herz-
berg und Friedrich Wilhelm II., damals Kronprinz, unterstützten ihn. Sie
riethen ihm, sich durch d'Alembert beim Könige empfehlen zu lassen. Und
dieser schrieb auch wirklich an Friedrich II., und legte ein gutes Wort sM
Müller ein. — Nun was haben Sie den», mein Freund?" — „Was ich
habe? es juckt mich in allen Fingern — doch fahren Sie ruhig fort,
wird scholl vorüber gehen." — „Friedrich ließ Müller vor sich komme», und
schrieb dann an d'Alembert: „Der Herr Mayer (er hatte den Namen ver¬
wechselt) war hier, ich muß gestehen, ich finde ihn kleinlich; er hat Nach¬
forschungen über die Cimbern und Teutonen gemacht, die mir sehr gleich¬
gültig sind; er hat eine Uebersicht der allgemeinen Geschichte gemacht, in
der er mit Gelehrsamkeit wiederholt hat, was Andere besser als er gesagt
und geschrieben haben." — „Sie sind unwohl! Was fehlt Ihnen?" — „Nur
weiter, mein Freund!" — „Zum Schlüsse schrieb Friedrich II., dein franzö-
sischen Gelehrten: „Die Deutschen haben das Uebel, das mau die Logo-
diarrhoea nennt; man würde sie eher verstummen, als ökonomisch in Worten
macheu." ^ d'Alembert schwieg vou da an über Müller und so wurde die¬
ser nicht Akademiker." — „Später lebte er in Wien: dort forderte er die
Deutschen auf, den Namen Germaniens, die Unabhängigkeit einer großen
Monarchie, das Gleichgewicht Europa's gegen Fremde, „zireiivtLiic«" zu ver¬
theidige». Hi, hi!" — „Was ist de»» da zu lachen?" — „Ich wurde auch
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