Die Grenzboten. Jg. 6, 1847, I. Semester II. Band.2. HM von Vincke und seine provinziellen Tendenzen. -- Die Beschuldiaungsfrage. -- Ein Beispiel aus dem Militärstand. -- Die 150 Protestanten. -- Politische Fehlgriffe. In den Begebenheiten der letzten Woche muß man seine Aufmerksamkeit thei¬ Man möchte überhaupt dem ausgezeichneten Redner, den ich vorhin erwähnte, Sehr erfreulich dagegen ist die Freiheit, mit welcher sich die Versammlung Eine sehr wichtige Frage ist neuerdings in Anregung gekommen: die Frage 2. HM von Vincke und seine provinziellen Tendenzen. — Die Beschuldiaungsfrage. — Ein Beispiel aus dem Militärstand. — Die 150 Protestanten. — Politische Fehlgriffe. In den Begebenheiten der letzten Woche muß man seine Aufmerksamkeit thei¬ Man möchte überhaupt dem ausgezeichneten Redner, den ich vorhin erwähnte, Sehr erfreulich dagegen ist die Freiheit, mit welcher sich die Versammlung Eine sehr wichtige Frage ist neuerdings in Anregung gekommen: die Frage <TEI> <text> <body> <div> <div n="1"> <div n="2"> <div n="3"> <pb facs="#f0224" corresp="http://brema.suub.uni-bremen.de/grenzboten/periodical/pageview/272123"/> </div> <div n="3"> <head> 2.</head><lb/> <note type="argument"> HM von Vincke und seine provinziellen Tendenzen. — Die Beschuldiaungsfrage. —<lb/> Ein Beispiel aus dem Militärstand. — Die 150 Protestanten. — Politische<lb/> Fehlgriffe.</note><lb/> <p xml:id="ID_816"> In den Begebenheiten der letzten Woche muß man seine Aufmerksamkeit thei¬<lb/> len zwischen der öffentlichen Thätigkeit der Stände und den geheimen Bewegungen<lb/> der liberalen Opposition. ES sind Propositionen von der höchsten praktischen<lb/> Wichtigkeit vorgekommen: über das Verbot des BranlweinbrenncnS, der Kartoffel¬<lb/> ausfuhr u. s. >v. Die Versammlung hat im Ganzen mit Einsicht und patriotischer<lb/> Gesinnung diese bedeutenden Fragen erledigt. Die prinzipielle Trennung hat, wie<lb/> billig, auf diese praktische Debatte keinen Einflnsi gehabt. Dennoch ist Einzelnes<lb/> vorgekommen, was wir beklagen müssen. Ich meine nämlich die Neigung zu eiuer<lb/> Separation provinzieller Interessen, die der preußische Staat stets bekämpft hat,<lb/> aber die gegenwärtige Versammlung vorzugsweise zu bekämpfen den Beruf hat.<lb/> Sie hat sich namentlich bei den westphälischen Ständen, lind, was um so gefähr-<lb/> licher ist, bei den Führern derselben — v. Vincke und v. Bockum - Dolffs -<lb/> geltend gemacht. Nicht nur in der egoistischen Wendung der Frage, welche diese<lb/> Männer der Propvsition über die Unterstützung ständischer HülfSeasscn gaben,<lb/> sondern anch in dem Gewicht, welches auf den Einfluß der Theilnahme der<lb/> Provinzialstände an der Verwaltung der Provinz gelegt wurde, zeigt sich diese<lb/> föderalistische Tendenz - - unbedingt die verderblichste sür das Gedeihen des preuß.<lb/> Staats, die feindseligste gegen den wahren Liberalismus. Die Stände West-<lb/> phalens haben allerdings den Ruhm, sich hier von ihren Führern getrennt zu<lb/> haben; allein schon das Auftreten solcher Tendenzen ist bedenklich. Auch hier<lb/> gebührt den Rheinländern der Ruhm, mit Entschiedenheit die Sache der Cen¬<lb/> tralisation, das wahrhaft constitutionelle Staatsleben vertreten zu haben.</p><lb/> <p xml:id="ID_817"> Man möchte überhaupt dem ausgezeichneten Redner, den ich vorhin erwähnte,<lb/> die Warnung zurufen: daß ohne Hingebung an das allgemeine Interesse auch<lb/> das glänzendste Talent für ständische Verhältnisse ohne Frucht ist. Möge Herr<lb/> v. Vincke nicht in die traurige Lage kommen, die Rolle eines Boissy, oder, wenn<lb/> er sich lieber mit einem höher Begabten vergleichen will, eines Brougham<lb/> zu spielen.</p><lb/> <p xml:id="ID_818"> Sehr erfreulich dagegen ist die Freiheit, mit welcher sich die Versammlung<lb/> im Ganzen in Beziehung auf die ständischen Sonderinteresscn bewegt hat. Die<lb/> Brenncrcifragc schnitt tief in die Eigentumsverhältnisse der Ritterschaft ein, und<lb/> mit einer nicht genug anzuerkennenden Aufopferung hat diese ihre Interessen den<lb/> allgemeinen aufgeopfert.</p><lb/> <p xml:id="ID_819" next="#ID_820"> Eine sehr wichtige Frage ist neuerdings in Anregung gekommen: die Frage<lb/> über die Art und Weise, wie mau die Bcscholtcnhcit der Personen, ans deren<lb/> Ausschließung vou dem Landtag angetragen wird, constatiren se-it. Wie es bis¬<lb/> her damit gehalten war, daß ein Anklagestand, i» den ein Stäudcmitglicd gesetzt<lb/> war, das Gouvernement berechtigte, dessen ständische Functionen zu inhibiren<lb/> kein Fall, wie er sich mit dem Rheinischen Abgeordneten Brust zugetragen hatte,<lb/> und wie er gegenwärtig bei dem Schlestschcn Grafen Reichenbach vorlag), sah<lb/> sich, wenigstens der Möglichkeit nach, das Gouvernement in den Stand gesetzt.</p><lb/> </div> </div> </div> </div> </body> </text> </TEI> [0224]
2.
HM von Vincke und seine provinziellen Tendenzen. — Die Beschuldiaungsfrage. —
Ein Beispiel aus dem Militärstand. — Die 150 Protestanten. — Politische
Fehlgriffe.
In den Begebenheiten der letzten Woche muß man seine Aufmerksamkeit thei¬
len zwischen der öffentlichen Thätigkeit der Stände und den geheimen Bewegungen
der liberalen Opposition. ES sind Propositionen von der höchsten praktischen
Wichtigkeit vorgekommen: über das Verbot des BranlweinbrenncnS, der Kartoffel¬
ausfuhr u. s. >v. Die Versammlung hat im Ganzen mit Einsicht und patriotischer
Gesinnung diese bedeutenden Fragen erledigt. Die prinzipielle Trennung hat, wie
billig, auf diese praktische Debatte keinen Einflnsi gehabt. Dennoch ist Einzelnes
vorgekommen, was wir beklagen müssen. Ich meine nämlich die Neigung zu eiuer
Separation provinzieller Interessen, die der preußische Staat stets bekämpft hat,
aber die gegenwärtige Versammlung vorzugsweise zu bekämpfen den Beruf hat.
Sie hat sich namentlich bei den westphälischen Ständen, lind, was um so gefähr-
licher ist, bei den Führern derselben — v. Vincke und v. Bockum - Dolffs -
geltend gemacht. Nicht nur in der egoistischen Wendung der Frage, welche diese
Männer der Propvsition über die Unterstützung ständischer HülfSeasscn gaben,
sondern anch in dem Gewicht, welches auf den Einfluß der Theilnahme der
Provinzialstände an der Verwaltung der Provinz gelegt wurde, zeigt sich diese
föderalistische Tendenz - - unbedingt die verderblichste sür das Gedeihen des preuß.
Staats, die feindseligste gegen den wahren Liberalismus. Die Stände West-
phalens haben allerdings den Ruhm, sich hier von ihren Führern getrennt zu
haben; allein schon das Auftreten solcher Tendenzen ist bedenklich. Auch hier
gebührt den Rheinländern der Ruhm, mit Entschiedenheit die Sache der Cen¬
tralisation, das wahrhaft constitutionelle Staatsleben vertreten zu haben.
Man möchte überhaupt dem ausgezeichneten Redner, den ich vorhin erwähnte,
die Warnung zurufen: daß ohne Hingebung an das allgemeine Interesse auch
das glänzendste Talent für ständische Verhältnisse ohne Frucht ist. Möge Herr
v. Vincke nicht in die traurige Lage kommen, die Rolle eines Boissy, oder, wenn
er sich lieber mit einem höher Begabten vergleichen will, eines Brougham
zu spielen.
Sehr erfreulich dagegen ist die Freiheit, mit welcher sich die Versammlung
im Ganzen in Beziehung auf die ständischen Sonderinteresscn bewegt hat. Die
Brenncrcifragc schnitt tief in die Eigentumsverhältnisse der Ritterschaft ein, und
mit einer nicht genug anzuerkennenden Aufopferung hat diese ihre Interessen den
allgemeinen aufgeopfert.
Eine sehr wichtige Frage ist neuerdings in Anregung gekommen: die Frage
über die Art und Weise, wie mau die Bcscholtcnhcit der Personen, ans deren
Ausschließung vou dem Landtag angetragen wird, constatiren se-it. Wie es bis¬
her damit gehalten war, daß ein Anklagestand, i» den ein Stäudcmitglicd gesetzt
war, das Gouvernement berechtigte, dessen ständische Functionen zu inhibiren
kein Fall, wie er sich mit dem Rheinischen Abgeordneten Brust zugetragen hatte,
und wie er gegenwärtig bei dem Schlestschcn Grafen Reichenbach vorlag), sah
sich, wenigstens der Möglichkeit nach, das Gouvernement in den Stand gesetzt.
Informationen zum Werk
Download dieses Werks
XML (TEI P5) ·
HTML ·
Text Metadaten zum WerkTEI-Header · CMDI · Dublin Core Ansichten dieser Seite
FeedbackSie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden. Kommentar zur DTA-AusgabeDieses Werk wurde im Rahmen des Moduls DTA-Erweiterungen (DTAE) digitalisiert. Weitere Informationen … Staats- und Universitätsbibliothek (SuUB) Bremen: Bereitstellung der Texttranskription.
Kay-Michael Würzner: Bearbeitung der digitalen Edition.
Weitere Informationen:Verfahren der Texterfassung: OCR mit Nachkorrektur. Bogensignaturen: gekennzeichnet;Druckfehler: ignoriert;fremdsprachliches Material: nicht gekennzeichnet;Geminations-/Abkürzungsstriche: wie Vorlage;Hervorhebungen (Antiqua, Sperrschrift, Kursive etc.): nicht ausgezeichnet;i/j in Fraktur: wie Vorlage;I/J in Fraktur: wie Vorlage;Kolumnentitel: gekennzeichnet;Kustoden: gekennzeichnet;langes s (ſ): als s transkribiert;Normalisierungen: stillschweigend;rundes r (ꝛ): als r/et transkribiert;Seitenumbrüche markiert: ja;Silbentrennung: wie Vorlage;u/v bzw. U/V: wie Vorlage;Vokale mit übergest. e: als ä/ö/ü transkribiert;Vollständigkeit: vollständig erfasst;Zeichensetzung: wie Vorlage;Zeilenumbrüche markiert: ja; Nachkorrektur erfolgte automatisch.
|
Insbesondere im Hinblick auf die §§ 86a StGB und 130 StGB wird festgestellt, dass die auf diesen Seiten abgebildeten Inhalte weder in irgendeiner Form propagandistischen Zwecken dienen, oder Werbung für verbotene Organisationen oder Vereinigungen darstellen, oder nationalsozialistische Verbrechen leugnen oder verharmlosen, noch zum Zwecke der Herabwürdigung der Menschenwürde gezeigt werden. Die auf diesen Seiten abgebildeten Inhalte (in Wort und Bild) dienen im Sinne des § 86 StGB Abs. 3 ausschließlich historischen, sozial- oder kulturwissenschaftlichen Forschungszwecken. Ihre Veröffentlichung erfolgt in der Absicht, Wissen zur Anregung der intellektuellen Selbstständigkeit und Verantwortungsbereitschaft des Staatsbürgers zu vermitteln und damit der Förderung seiner Mündigkeit zu dienen.
2007–2024 Deutsches Textarchiv, Berlin-Brandenburgische Akademie der Wissenschaften.
Kontakt: redaktion(at)deutschestextarchiv.de. |