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Die Grenzboten. Jg. 5, 1846, II. Semester. IV. Band.

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scheinen." Dem entspricht, daß, wie Hinrichs erzählt, der Stadteath
der Hauptstadt Oldenburg den Großherzog, als dieser kürzlich ernstlich
zur Einführung der 18W öffentlich von ihm versprochenen, von dem
Jeverlande so oft verlangten landständischen Verfassung schreiten wollte,
ihn auf Anstiften hochgestellter Beamten schleunig mit acht gegen vier
Stimmen bat, dies doch ja nicht zu thun, besonders aus dem Grunde,
" daß, wenn die Stande auf Reducirung oder Verlegung des Militairs
dringen würden, dieses die Stadt empfindlich treffen könne; auch befinde
man sich ja ohne Stande so wohl."
'

Weiteres nach der Hinrichsschen Schrift über den Oldenburgischen
Verfassungsstreit zu sagen und aus den vollständigen, gemäßigten und
doch entschiedenen Beschwerden der Jeverlänoer, wie aus den Antworten
der Behörden (z. B. "Unterthanen dürften nur bitten und wünschen,
Gravamina oder Beschwerdung in Bezug auf Rechte seien unziemlich")
möchte hier zu weit führen. Von den Tagesblättern hat die conservative
Allgemeine Zeitung in Bezug auf diesen Gegenstand die liberalen Zeitun¬
gen, mit Ausnahme der Aachener, alle beschämt; die Bremer- und We¬
ser-Zeitung haben noch kaum ein Wort über die Hinrichs'sehe Schrift
gesagt, wahrscheinlich bindet das Interesse der Verleger den Redacteurs
die Hände.


O
IV.
Die Hosen des Herrn von Bredow.

In unserer Kritik ist man selten eili^ mit anpreisendem Lobe und
doch ist es eine so angenehme Genugthuung für uns selbst, wenn wir
dem Autor, welcher uns Freude gemacht, rasch und lebhaft unsern Dank
ausdrücken können. Das will ich hiermit thun, indem ich Wilibald
Aleris sage, daß ich mit großer Freude seinen neuen Roman "Hans Jür¬
gen und Hans Jochen", die erste Abtheilung der "Hosen des Herrn
von Bredow" gelesen habe, und indem ich "dem Publicum die Versiche¬
rung gebe, daß es in diesem vaterländischen Romane eine kräftige, ge¬
sunde und für den unverzartelten Magen wohlschmeckende Speise erhal¬
ten hat. Bekanntlich hat dieser so eben erscheinende Roman das Unglück
gehabt, als Manuscript eine Feuersbrunst in der Druckerei bestehen zu
müssen. Das Schicksal aber ist in ganz historischer Consequenz diesen
stets glücklichen "Hosen des Herrn von Bredow" gnädig geblieben, und
es sind nur ein Paar Bogen des Romans vom Feuer vernichtet worden.
Aleris ist im Stande gewesen, sie noch einmal zu schreiben, und obwohl
er damals bitterlich klagte, daß er nicht im Stande sei, sie in ursprüng¬
licher Frische wieder herzustellen, so habe ich doch jetzt bei der Lectüre nicht
entdecken können, an welcher Stelle die Feuerlücke habe ergänzt werden
müssen.

Der Roman spielt zu Anfange des sechszehnten Jahrhunderts in der
Mark. Die Umgegend von Berlin und Potsdam, das Havelland und


scheinen." Dem entspricht, daß, wie Hinrichs erzählt, der Stadteath
der Hauptstadt Oldenburg den Großherzog, als dieser kürzlich ernstlich
zur Einführung der 18W öffentlich von ihm versprochenen, von dem
Jeverlande so oft verlangten landständischen Verfassung schreiten wollte,
ihn auf Anstiften hochgestellter Beamten schleunig mit acht gegen vier
Stimmen bat, dies doch ja nicht zu thun, besonders aus dem Grunde,
„ daß, wenn die Stande auf Reducirung oder Verlegung des Militairs
dringen würden, dieses die Stadt empfindlich treffen könne; auch befinde
man sich ja ohne Stande so wohl."
'

Weiteres nach der Hinrichsschen Schrift über den Oldenburgischen
Verfassungsstreit zu sagen und aus den vollständigen, gemäßigten und
doch entschiedenen Beschwerden der Jeverlänoer, wie aus den Antworten
der Behörden (z. B. „Unterthanen dürften nur bitten und wünschen,
Gravamina oder Beschwerdung in Bezug auf Rechte seien unziemlich")
möchte hier zu weit führen. Von den Tagesblättern hat die conservative
Allgemeine Zeitung in Bezug auf diesen Gegenstand die liberalen Zeitun¬
gen, mit Ausnahme der Aachener, alle beschämt; die Bremer- und We¬
ser-Zeitung haben noch kaum ein Wort über die Hinrichs'sehe Schrift
gesagt, wahrscheinlich bindet das Interesse der Verleger den Redacteurs
die Hände.


O
IV.
Die Hosen des Herrn von Bredow.

In unserer Kritik ist man selten eili^ mit anpreisendem Lobe und
doch ist es eine so angenehme Genugthuung für uns selbst, wenn wir
dem Autor, welcher uns Freude gemacht, rasch und lebhaft unsern Dank
ausdrücken können. Das will ich hiermit thun, indem ich Wilibald
Aleris sage, daß ich mit großer Freude seinen neuen Roman „Hans Jür¬
gen und Hans Jochen", die erste Abtheilung der „Hosen des Herrn
von Bredow" gelesen habe, und indem ich "dem Publicum die Versiche¬
rung gebe, daß es in diesem vaterländischen Romane eine kräftige, ge¬
sunde und für den unverzartelten Magen wohlschmeckende Speise erhal¬
ten hat. Bekanntlich hat dieser so eben erscheinende Roman das Unglück
gehabt, als Manuscript eine Feuersbrunst in der Druckerei bestehen zu
müssen. Das Schicksal aber ist in ganz historischer Consequenz diesen
stets glücklichen „Hosen des Herrn von Bredow" gnädig geblieben, und
es sind nur ein Paar Bogen des Romans vom Feuer vernichtet worden.
Aleris ist im Stande gewesen, sie noch einmal zu schreiben, und obwohl
er damals bitterlich klagte, daß er nicht im Stande sei, sie in ursprüng¬
licher Frische wieder herzustellen, so habe ich doch jetzt bei der Lectüre nicht
entdecken können, an welcher Stelle die Feuerlücke habe ergänzt werden
müssen.

Der Roman spielt zu Anfange des sechszehnten Jahrhunderts in der
Mark. Die Umgegend von Berlin und Potsdam, das Havelland und


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Zitationshilfe: Die Grenzboten. Jg. 5, 1846, II. Semester. IV. Band, S. . In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/grenzboten_341550_365123/449>, abgerufen am 23.07.2024.