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Die Grenzboten. Jg. 5, 1846, II. Semester. IV. Band.

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während es anderseits durch die Aufhebung der Zolllim'e nach Oesterreich
zu, unendlich gewinnt.

Eins aber darf man preußischer Seits nicht übersehen. Auch wenn
Krakau in seiner bisherigen privilegirten Handelsstellung geblieben wäre,
so würde doch der bisherige Schleichhandel höchst bedeutend geschmä¬
lert worden sein, eben weil man jetzt die großen, alle Vermuthung über¬
steigenden Summen officiell kennen lernt, welche auf dieser Seite der
Schmuggel der englischen, französischen und Zollvereinsstaaren betragen,
wird Oesterreich Alles aufbieten müssen, um durch strenge Wachsamkeit
diesen Schleichhandel zu sperren. Die Waarenballen würden also auf
jeden Fall in viel geringerer Zahl nach dem Krakauischen Fceihandelsgcbiet
crpedirt werden, da sie sonst Gefahr liefen, dort Jahre lang liegen zu
bleiben, ehe sie den Eintritt ins österreichische Gebiet durch tausend Listen
und neue Korruption erzwingen. Was die Einfuhr nach Russisch-Polen
betrifft, so wird ihr durch die geringen Durchgangszölle, die tractatmäßig
auf dem Krakauer Geriet auch in Zukunft bestehen, kein Eintrag ge¬
than, aber freilich ist hiermit den Schmugglern wenig gedient, die es im
Ganzen auf Oesterreich abgesehen haben und denen Rußland blos Neben¬
sache ist.*)

Die ganze Frage ist, außer der Nothwendigkeit der Selbsterhaltung,
auch noch eine Moralitätssache, und wir trauen Preußen und seinem
Handelsstande zu viel Billigkeitsgefühl zu, um auf Zumuthungen zu be¬
stehen, dessen materielle und moralische Consequenzen auf der Hand liegen.
Sollten aber diese Anforderungen doch fortgesetzt werden, so wird unsere
Regierung hoffentlich wissen, was sie dem österreichischen Gewerbstande
schuldig ist und wir erwarten, daß sie mit Entschiedenheit die Interessen des¬
^ 't' ^ selben wahren wird.


V.
Aus Wie".

Das "Königreich Polen". -- Ein Courier. -- Zur Charakteristik Englands und
Frankreichs. -- Kübcr und die Bankers. -- Die Töchter der Großfürstin Helene.
-- Niobe. -- Spanischer Pomp der Wiener Hofzeitung. -- Zopf und Schwert- --
Dcinhardstein's neueste Heldenthat. -- Bauernfeld's "Großjährig".

? Nicht geringes Aufsehen macht hier die plötzliche Ankunft des russi¬
schen Thronfolgers in dem Momente, wo das Krakauer Ereigniß die Ge-



*) Ein Artikel in der "Weser-Zeitung" vom I. December, der zu Gunsten
des Freihandels spricht, gesteht selber zu: Der Schmuggel fand seinen besten Ab¬
satz in Galizien, wo er durch die Corruption der Zollbeamten in gewohnter Weise
befördert wurde. Nach Rußland schreckten, wenigstens theilweise, die barbarischen
Strafen ab, womit die betroffenen Contrebandiers belegt werden." -- Also weil
die österreichischen Gesetze menschlicher sind, stellt man an Oesterreich die Forde¬
rung, es solle still halten und sich freundnachbarlichst bemausen lassen, weil eS die
Herren Schmuggler auf dieser Seite am bequemsten finden.

während es anderseits durch die Aufhebung der Zolllim'e nach Oesterreich
zu, unendlich gewinnt.

Eins aber darf man preußischer Seits nicht übersehen. Auch wenn
Krakau in seiner bisherigen privilegirten Handelsstellung geblieben wäre,
so würde doch der bisherige Schleichhandel höchst bedeutend geschmä¬
lert worden sein, eben weil man jetzt die großen, alle Vermuthung über¬
steigenden Summen officiell kennen lernt, welche auf dieser Seite der
Schmuggel der englischen, französischen und Zollvereinsstaaren betragen,
wird Oesterreich Alles aufbieten müssen, um durch strenge Wachsamkeit
diesen Schleichhandel zu sperren. Die Waarenballen würden also auf
jeden Fall in viel geringerer Zahl nach dem Krakauischen Fceihandelsgcbiet
crpedirt werden, da sie sonst Gefahr liefen, dort Jahre lang liegen zu
bleiben, ehe sie den Eintritt ins österreichische Gebiet durch tausend Listen
und neue Korruption erzwingen. Was die Einfuhr nach Russisch-Polen
betrifft, so wird ihr durch die geringen Durchgangszölle, die tractatmäßig
auf dem Krakauer Geriet auch in Zukunft bestehen, kein Eintrag ge¬
than, aber freilich ist hiermit den Schmugglern wenig gedient, die es im
Ganzen auf Oesterreich abgesehen haben und denen Rußland blos Neben¬
sache ist.*)

Die ganze Frage ist, außer der Nothwendigkeit der Selbsterhaltung,
auch noch eine Moralitätssache, und wir trauen Preußen und seinem
Handelsstande zu viel Billigkeitsgefühl zu, um auf Zumuthungen zu be¬
stehen, dessen materielle und moralische Consequenzen auf der Hand liegen.
Sollten aber diese Anforderungen doch fortgesetzt werden, so wird unsere
Regierung hoffentlich wissen, was sie dem österreichischen Gewerbstande
schuldig ist und wir erwarten, daß sie mit Entschiedenheit die Interessen des¬
^ 't' ^ selben wahren wird.


V.
Aus Wie«.

Das „Königreich Polen". — Ein Courier. — Zur Charakteristik Englands und
Frankreichs. — Kübcr und die Bankers. — Die Töchter der Großfürstin Helene.
— Niobe. — Spanischer Pomp der Wiener Hofzeitung. — Zopf und Schwert- —
Dcinhardstein's neueste Heldenthat. — Bauernfeld's „Großjährig".

? Nicht geringes Aufsehen macht hier die plötzliche Ankunft des russi¬
schen Thronfolgers in dem Momente, wo das Krakauer Ereigniß die Ge-



*) Ein Artikel in der „Weser-Zeitung" vom I. December, der zu Gunsten
des Freihandels spricht, gesteht selber zu: Der Schmuggel fand seinen besten Ab¬
satz in Galizien, wo er durch die Corruption der Zollbeamten in gewohnter Weise
befördert wurde. Nach Rußland schreckten, wenigstens theilweise, die barbarischen
Strafen ab, womit die betroffenen Contrebandiers belegt werden." — Also weil
die österreichischen Gesetze menschlicher sind, stellt man an Oesterreich die Forde¬
rung, es solle still halten und sich freundnachbarlichst bemausen lassen, weil eS die
Herren Schmuggler auf dieser Seite am bequemsten finden.
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Zitationshilfe: Die Grenzboten. Jg. 5, 1846, II. Semester. IV. Band, S. . In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/grenzboten_341550_365123/409>, abgerufen am 23.07.2024.