Die Grenzboten. Jg. 5, 1846, II. Semester. IV. Band.den Frauen-- wach gehalten. Alle Emissäre der Propaganda zusammen C. C. C. II. Aus Berlin. Kein Pulver für den Hunger? -- Diebstähle u"d Armenzustände. -- Schluß der Kunstausstellung. -- Klatschereien. -- Die Erfindungen jagen sich. Am Mittwoch sind in ^Gegenwart den Frauen— wach gehalten. Alle Emissäre der Propaganda zusammen C. C. C. II. Aus Berlin. Kein Pulver für den Hunger? — Diebstähle u»d Armenzustände. — Schluß der Kunstausstellung. — Klatschereien. -- Die Erfindungen jagen sich. Am Mittwoch sind in ^Gegenwart <TEI> <text> <body> <div> <div n="1"> <div n="2"> <pb facs="#f0302" corresp="http://brema.suub.uni-bremen.de/grenzboten/periodical/pageview/183884"/> <p xml:id="ID_838" prev="#ID_837"> den Frauen— wach gehalten. Alle Emissäre der Propaganda zusammen<lb/> haben nicht den zehnten Theil so viel gewirkt, als die Polinnen, und<lb/> wenn die Polen ruhig sein wollten, der glühende Geist der Frauen würde<lb/> es nicht zugeben. Es ist dies einer der charakterischcstcn Züge polnischen<lb/> Charakters. Die Ernennung des Grafen Stadion hat gar heftigen Wi¬<lb/> derspruch in Galizien gefunden und es ist zu fürchten, daß dieser junge,<lb/> zwar energische, aber nicht immer bedächtige Staatsmann sich dort immer<lb/> mehr und mehr dem Rande eines Kraters nähert. Daß er sich noch<lb/> nicht ganz in seine Verhältnisse gefunden, beweisen seine häufigen Reisen<lb/> nach Wien, wo er sich einen Theils Rath, theils ausgedehntere Voll¬<lb/> macht holte, während man andrerseits nicht übersehen darf, welche Ver¬<lb/> dienste er durch Schnelligkeit im Arbeiten und Erledigen sich bereits er¬<lb/> worben. Daß aber für Galizien mehr als je zu fürchten ist, beweist die<lb/> einfache Thatsache, daß während des Aufstandes das Standrecht in drei<lb/> Kreisen publicirt war, jetzt aber — in zwölf Kreisen.</p><lb/> <note type="byline"> C. C. C.</note><lb/> </div> <div n="2"> <head> II.<lb/> Aus Berlin.</head><lb/> <note type="argument"> Kein Pulver für den Hunger? — Diebstähle u»d Armenzustände. — Schluß der<lb/> Kunstausstellung. — Klatschereien. --</note><lb/> <p xml:id="ID_839" next="#ID_840"> Die Erfindungen jagen sich. Am Mittwoch sind in ^Gegenwart<lb/> durchaus glaubwürdiger Personen, von denen mir das folgende interessante<lb/> Factum mitgetheilt wurde, Versuche mit einem neuen explodirenden Plä-<lb/> parat angestellt worden, welches sowohl die Schießbaumwolle, als auch<lb/> das Schießpulver überflügelt. Man soll mit einem Pistol und mäßiger<lb/> Ladung eine Kugel durch drei zweizeilige Breter getrieben haben. Die<lb/> Masse besteht aus einem röthlichen Pulver, welches der Professor Erd¬<lb/> mann, wenn ich nicht irre, Pharmaceut bei der Charit«! oder königlichen<lb/> Thierarzneischule, aus dem Steinkohlentheer erzeugt hat. Gleich der<lb/> Schießbaumwolle entzündet sich das Präparat urplötzlich, verbrennt mit<lb/> einer dem Phosphorlichte ähnlichen Flamme und hinterläßt nicht das ge¬<lb/> ringste Residuum. Außerdem sott der Erfinder die Wohlfeilheit des neuen<lb/> Products außer Zweifel gestellt und sogar behauptet haben, daß es billi¬<lb/> ger als Pulver und Schießbaumwolle herzustellen sein werde. Die Er¬<lb/> findungen, Menschen schneller und leichter aufzureiben, mehren sich also;<lb/> ach, wer erfindet ein Präparat, Menschen schneller und leichter zu ernäh¬<lb/> ren? Ist denn die Chemie nur eine diabolische Wissenschaft, die aus<lb/> ihrem Füllhorne nichts als Zerstörung über die unglücklichen Sterblichen<lb/> ausstreuen kann und nicht auch einige Fruchtkörner für sie in geheimer<lb/> Verwahrung hält. Ihr Weisen und Männer der Wissenschaft, strengt<lb/> euren Scharfsinn an und findet einen Stoff, mit dem man leicht und<lb/> wohlfeil tausend hungrige Menschen sättigen kann. Das ist der Stein<lb/> der Weisen des neunzehnten Jahrhunderts, und es mag dem tiefdenken¬<lb/> den Geiste eine erhabene Hoffnung für die Zukunft nach seinem Tode</p><lb/> </div> </div> </div> </body> </text> </TEI> [0302]
den Frauen— wach gehalten. Alle Emissäre der Propaganda zusammen
haben nicht den zehnten Theil so viel gewirkt, als die Polinnen, und
wenn die Polen ruhig sein wollten, der glühende Geist der Frauen würde
es nicht zugeben. Es ist dies einer der charakterischcstcn Züge polnischen
Charakters. Die Ernennung des Grafen Stadion hat gar heftigen Wi¬
derspruch in Galizien gefunden und es ist zu fürchten, daß dieser junge,
zwar energische, aber nicht immer bedächtige Staatsmann sich dort immer
mehr und mehr dem Rande eines Kraters nähert. Daß er sich noch
nicht ganz in seine Verhältnisse gefunden, beweisen seine häufigen Reisen
nach Wien, wo er sich einen Theils Rath, theils ausgedehntere Voll¬
macht holte, während man andrerseits nicht übersehen darf, welche Ver¬
dienste er durch Schnelligkeit im Arbeiten und Erledigen sich bereits er¬
worben. Daß aber für Galizien mehr als je zu fürchten ist, beweist die
einfache Thatsache, daß während des Aufstandes das Standrecht in drei
Kreisen publicirt war, jetzt aber — in zwölf Kreisen.
C. C. C.
II.
Aus Berlin.
Kein Pulver für den Hunger? — Diebstähle u»d Armenzustände. — Schluß der
Kunstausstellung. — Klatschereien. --
Die Erfindungen jagen sich. Am Mittwoch sind in ^Gegenwart
durchaus glaubwürdiger Personen, von denen mir das folgende interessante
Factum mitgetheilt wurde, Versuche mit einem neuen explodirenden Plä-
parat angestellt worden, welches sowohl die Schießbaumwolle, als auch
das Schießpulver überflügelt. Man soll mit einem Pistol und mäßiger
Ladung eine Kugel durch drei zweizeilige Breter getrieben haben. Die
Masse besteht aus einem röthlichen Pulver, welches der Professor Erd¬
mann, wenn ich nicht irre, Pharmaceut bei der Charit«! oder königlichen
Thierarzneischule, aus dem Steinkohlentheer erzeugt hat. Gleich der
Schießbaumwolle entzündet sich das Präparat urplötzlich, verbrennt mit
einer dem Phosphorlichte ähnlichen Flamme und hinterläßt nicht das ge¬
ringste Residuum. Außerdem sott der Erfinder die Wohlfeilheit des neuen
Products außer Zweifel gestellt und sogar behauptet haben, daß es billi¬
ger als Pulver und Schießbaumwolle herzustellen sein werde. Die Er¬
findungen, Menschen schneller und leichter aufzureiben, mehren sich also;
ach, wer erfindet ein Präparat, Menschen schneller und leichter zu ernäh¬
ren? Ist denn die Chemie nur eine diabolische Wissenschaft, die aus
ihrem Füllhorne nichts als Zerstörung über die unglücklichen Sterblichen
ausstreuen kann und nicht auch einige Fruchtkörner für sie in geheimer
Verwahrung hält. Ihr Weisen und Männer der Wissenschaft, strengt
euren Scharfsinn an und findet einen Stoff, mit dem man leicht und
wohlfeil tausend hungrige Menschen sättigen kann. Das ist der Stein
der Weisen des neunzehnten Jahrhunderts, und es mag dem tiefdenken¬
den Geiste eine erhabene Hoffnung für die Zukunft nach seinem Tode
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