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Die Grenzboten. Jg. 5, 1846, II. Semester. IV. Band.

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i.
Aus Düsseldorf.

Lessing und seine Anhänger. -- Festessen. -- Rheinische Kunst und Berliner
Kritiker.

Sie haben vor Kurzem über Lessing's Abgang von Düsseldorf und
den daraus entspringenden Veränderungen im Kunstleben ausführlich be¬
richtet; die jüngste Zeit hat indeß Alles zum Guten gewendet, und für
die Zukunft der Kunstschule "in besseres Prognostikon gestellt, als in je¬
nem Bericht ausgesprochen war. Lessing hat sich nunmehr entschlossen,
in Düsseldorf zu bleiben; nachdem ihm die ehrenvollen Antrage der
Frankfurter anfangs sehr annehmbar geschienen, hatte er bei genauer
Erwägung aller Pflichten einer Lehrerstelle dennoch eingesehen, daß er
mit Annahme der Professur viel von seiner freien künstlerischen Thätig¬
keit einbüßen würde. Dieser Umstand und die unablässigen Bitten seiner
Freunde bewogen ihn, die angeknüpften Unterhandlungen mit dem Di¬
rektorium des Städelschen Instituts abzubrechen und sich für einen fer¬
nern Aufenthalt in Düsseldorf zu entscheiden.

Es ist, als ob mit diesem Entschlüsse unseres großen Meisters eine
neue Phase für die Schule und ihrer Mitglieder begonnen habe; mit
Lessing wollten viele andere Koryphäen fort, mit Lessing haben sie die
beabsichtigte Veränderung reiflich erwogen, und ebenfalls mit seinem Ent¬
schlüsse auch den ihrigen kund gethan, nämlich: hier zu bleiben.

Als nun die neue Kunde von der glücklichen Wendung der Dinge
im Orte bekannt wurde, reifte in wenig Tagen der Entschluß bei der
gesammten Bürgerschaft, dem allverehrten Meister Lessing, der seit zwanzig
Jahren ihr Mitbürger gewesen und es auch ferner bleiben wolle, auf so¬
lenne Art ihre Freundschaft und Hochachtung zu bezeugen. Es geschah
am 31. October in Form eines glänzenden Abendessens; läge es irgend¬
wie in der Aufgabe Ihres Blattes, derartige Festivitäten speciell zu schil¬
dern, so würde ich nur mit Vergnügen von den schönen Toasten auf


T a g e b u et).



i.
Aus Düsseldorf.

Lessing und seine Anhänger. — Festessen. — Rheinische Kunst und Berliner
Kritiker.

Sie haben vor Kurzem über Lessing's Abgang von Düsseldorf und
den daraus entspringenden Veränderungen im Kunstleben ausführlich be¬
richtet; die jüngste Zeit hat indeß Alles zum Guten gewendet, und für
die Zukunft der Kunstschule «in besseres Prognostikon gestellt, als in je¬
nem Bericht ausgesprochen war. Lessing hat sich nunmehr entschlossen,
in Düsseldorf zu bleiben; nachdem ihm die ehrenvollen Antrage der
Frankfurter anfangs sehr annehmbar geschienen, hatte er bei genauer
Erwägung aller Pflichten einer Lehrerstelle dennoch eingesehen, daß er
mit Annahme der Professur viel von seiner freien künstlerischen Thätig¬
keit einbüßen würde. Dieser Umstand und die unablässigen Bitten seiner
Freunde bewogen ihn, die angeknüpften Unterhandlungen mit dem Di¬
rektorium des Städelschen Instituts abzubrechen und sich für einen fer¬
nern Aufenthalt in Düsseldorf zu entscheiden.

Es ist, als ob mit diesem Entschlüsse unseres großen Meisters eine
neue Phase für die Schule und ihrer Mitglieder begonnen habe; mit
Lessing wollten viele andere Koryphäen fort, mit Lessing haben sie die
beabsichtigte Veränderung reiflich erwogen, und ebenfalls mit seinem Ent¬
schlüsse auch den ihrigen kund gethan, nämlich: hier zu bleiben.

Als nun die neue Kunde von der glücklichen Wendung der Dinge
im Orte bekannt wurde, reifte in wenig Tagen der Entschluß bei der
gesammten Bürgerschaft, dem allverehrten Meister Lessing, der seit zwanzig
Jahren ihr Mitbürger gewesen und es auch ferner bleiben wolle, auf so¬
lenne Art ihre Freundschaft und Hochachtung zu bezeugen. Es geschah
am 31. October in Form eines glänzenden Abendessens; läge es irgend¬
wie in der Aufgabe Ihres Blattes, derartige Festivitäten speciell zu schil¬
dern, so würde ich nur mit Vergnügen von den schönen Toasten auf


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[0262] T a g e b u et). i. Aus Düsseldorf. Lessing und seine Anhänger. — Festessen. — Rheinische Kunst und Berliner Kritiker. Sie haben vor Kurzem über Lessing's Abgang von Düsseldorf und den daraus entspringenden Veränderungen im Kunstleben ausführlich be¬ richtet; die jüngste Zeit hat indeß Alles zum Guten gewendet, und für die Zukunft der Kunstschule «in besseres Prognostikon gestellt, als in je¬ nem Bericht ausgesprochen war. Lessing hat sich nunmehr entschlossen, in Düsseldorf zu bleiben; nachdem ihm die ehrenvollen Antrage der Frankfurter anfangs sehr annehmbar geschienen, hatte er bei genauer Erwägung aller Pflichten einer Lehrerstelle dennoch eingesehen, daß er mit Annahme der Professur viel von seiner freien künstlerischen Thätig¬ keit einbüßen würde. Dieser Umstand und die unablässigen Bitten seiner Freunde bewogen ihn, die angeknüpften Unterhandlungen mit dem Di¬ rektorium des Städelschen Instituts abzubrechen und sich für einen fer¬ nern Aufenthalt in Düsseldorf zu entscheiden. Es ist, als ob mit diesem Entschlüsse unseres großen Meisters eine neue Phase für die Schule und ihrer Mitglieder begonnen habe; mit Lessing wollten viele andere Koryphäen fort, mit Lessing haben sie die beabsichtigte Veränderung reiflich erwogen, und ebenfalls mit seinem Ent¬ schlüsse auch den ihrigen kund gethan, nämlich: hier zu bleiben. Als nun die neue Kunde von der glücklichen Wendung der Dinge im Orte bekannt wurde, reifte in wenig Tagen der Entschluß bei der gesammten Bürgerschaft, dem allverehrten Meister Lessing, der seit zwanzig Jahren ihr Mitbürger gewesen und es auch ferner bleiben wolle, auf so¬ lenne Art ihre Freundschaft und Hochachtung zu bezeugen. Es geschah am 31. October in Form eines glänzenden Abendessens; läge es irgend¬ wie in der Aufgabe Ihres Blattes, derartige Festivitäten speciell zu schil¬ dern, so würde ich nur mit Vergnügen von den schönen Toasten auf

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Zitationshilfe: Die Grenzboten. Jg. 5, 1846, II. Semester. IV. Band, S. . In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/grenzboten_341550_365123/262>, abgerufen am 05.12.2024.