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Die Grenzboten. Jg. 5, 1846, I. Semester. II. Band.

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hat es zu spät erfahren, daß er geprellt wurde und hat zur Warnung
hierher nach Leipzig Nachricht davon gegeben. -- Es versteht sich von
selbst, daß meine Jnstructionen an die Verlagshandlung jetzt anders lau¬
teten. Indessen war die Vorsicht unnöthig. Herr von Alvensleben ließ
sich kluger Weise nicht weiter sehen, wahrscheinlich sitzt er jetzt auf dem
Nittergute seines Schwagers im Anhaltischen und redigirt dort das Jour¬
nal de la Have.

Dies ist meine Geschichte von der großen Seeschlange, die jetzt wie¬
der am Rheins auftaucht. Sollte ich etwas beigetragen haben, um da"
Thier kenntlich zu machen, so verzichte ich auf alle Belohnung. Nur
die beiden Flaschen Chateau Margot, die bei jenem Besuche so unnütz
aufgingen, bitte ich, mir zu ersetzen. Adresse: An die Redaction der
Grenzboten in Leipzig.


V.
Notizen.
Dreierlei Feste.

In den drei Nachbarstädten Köln, Lüttich und Brüssel wurden im
Laufe dieses Monats dreierlei Feste gefeiert, von denen eins mit dem
andern im graben Gegensatze steht. Während man in Brüssel die Ver¬
einigung mit Frankreich feierte, an das man nun mit eisernen Klammern
gebunden ist, sang man in Köln von den Harmonien der Flamingen mit
den Deutschen und von der ewigen Brüderschaft zwischen flämisch Bel¬
gien und seinen germanischen Bruderstämmen. Die Gegensätze sind sehr
charakteristisch. Mit Frankreich schloß man einen positiven Bruderbund,
.mit Deutschland einen idealen. Wie auch anders? In Frankreich ist die
Einheit in der That, bei uns ist sie in der Poesie, im Gesang, in der
Sprache. Aber noch charakteristischer ist das Fest, das sich in beider Mitte
stellte: Das Kirchenfest, welches der Bischof van Bommel zu Lüttich, zur
Jubiläumsfeier der Einsetzung des Fronleichnamsfestes feiern ließ. Dieses
Fest war eine Manifestation nach beiden Seiten hin. Ruhme nur Eure
Stärke und Euren Reichthum, Ihr Eisenbahnvereine von Belgien und
Frankreich, rühmt nur Eure Ausdehnung Ihr Sängerbündler von Rhein-
und Flamland: mir seid Ihr beide Unterthan: Frankenland, Belgcnland
und Rheinland, die katholische Kirche hält Euch fest: mir gehört das
Volk in allen drei Ländern, inmitten Eurer stolzen Feste, stelle ich das
meinige hin, und seht zu, wem die Massen in größern Haufen zuströ¬
men werden. Darum beugt Euch vor mir und erkennt meine Ueber-
und Obermacht an! -- Uebrigens hat sich Herr van Bommel in seiner
Berechnung geirrt und sein großes Kirchenfest ist selbst von dem gemeinen
Volke nicht halb so sehr besucht worden, wie das Belialskind, die Eisen-
bahnerössnung zu Brüssel, ja nicht ein Mal wie die Sängerfahrt am
Rhein.




Verlag von Fr. Ludw. Herbig. -- Redacteur I. Kuranda.
Druck von Friedrich Andrä.

hat es zu spät erfahren, daß er geprellt wurde und hat zur Warnung
hierher nach Leipzig Nachricht davon gegeben. — Es versteht sich von
selbst, daß meine Jnstructionen an die Verlagshandlung jetzt anders lau¬
teten. Indessen war die Vorsicht unnöthig. Herr von Alvensleben ließ
sich kluger Weise nicht weiter sehen, wahrscheinlich sitzt er jetzt auf dem
Nittergute seines Schwagers im Anhaltischen und redigirt dort das Jour¬
nal de la Have.

Dies ist meine Geschichte von der großen Seeschlange, die jetzt wie¬
der am Rheins auftaucht. Sollte ich etwas beigetragen haben, um da«
Thier kenntlich zu machen, so verzichte ich auf alle Belohnung. Nur
die beiden Flaschen Chateau Margot, die bei jenem Besuche so unnütz
aufgingen, bitte ich, mir zu ersetzen. Adresse: An die Redaction der
Grenzboten in Leipzig.


V.
Notizen.
Dreierlei Feste.

In den drei Nachbarstädten Köln, Lüttich und Brüssel wurden im
Laufe dieses Monats dreierlei Feste gefeiert, von denen eins mit dem
andern im graben Gegensatze steht. Während man in Brüssel die Ver¬
einigung mit Frankreich feierte, an das man nun mit eisernen Klammern
gebunden ist, sang man in Köln von den Harmonien der Flamingen mit
den Deutschen und von der ewigen Brüderschaft zwischen flämisch Bel¬
gien und seinen germanischen Bruderstämmen. Die Gegensätze sind sehr
charakteristisch. Mit Frankreich schloß man einen positiven Bruderbund,
.mit Deutschland einen idealen. Wie auch anders? In Frankreich ist die
Einheit in der That, bei uns ist sie in der Poesie, im Gesang, in der
Sprache. Aber noch charakteristischer ist das Fest, das sich in beider Mitte
stellte: Das Kirchenfest, welches der Bischof van Bommel zu Lüttich, zur
Jubiläumsfeier der Einsetzung des Fronleichnamsfestes feiern ließ. Dieses
Fest war eine Manifestation nach beiden Seiten hin. Ruhme nur Eure
Stärke und Euren Reichthum, Ihr Eisenbahnvereine von Belgien und
Frankreich, rühmt nur Eure Ausdehnung Ihr Sängerbündler von Rhein-
und Flamland: mir seid Ihr beide Unterthan: Frankenland, Belgcnland
und Rheinland, die katholische Kirche hält Euch fest: mir gehört das
Volk in allen drei Ländern, inmitten Eurer stolzen Feste, stelle ich das
meinige hin, und seht zu, wem die Massen in größern Haufen zuströ¬
men werden. Darum beugt Euch vor mir und erkennt meine Ueber-
und Obermacht an! — Uebrigens hat sich Herr van Bommel in seiner
Berechnung geirrt und sein großes Kirchenfest ist selbst von dem gemeinen
Volke nicht halb so sehr besucht worden, wie das Belialskind, die Eisen-
bahnerössnung zu Brüssel, ja nicht ein Mal wie die Sängerfahrt am
Rhein.




Verlag von Fr. Ludw. Herbig. — Redacteur I. Kuranda.
Druck von Friedrich Andrä.
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[0552] hat es zu spät erfahren, daß er geprellt wurde und hat zur Warnung hierher nach Leipzig Nachricht davon gegeben. — Es versteht sich von selbst, daß meine Jnstructionen an die Verlagshandlung jetzt anders lau¬ teten. Indessen war die Vorsicht unnöthig. Herr von Alvensleben ließ sich kluger Weise nicht weiter sehen, wahrscheinlich sitzt er jetzt auf dem Nittergute seines Schwagers im Anhaltischen und redigirt dort das Jour¬ nal de la Have. Dies ist meine Geschichte von der großen Seeschlange, die jetzt wie¬ der am Rheins auftaucht. Sollte ich etwas beigetragen haben, um da« Thier kenntlich zu machen, so verzichte ich auf alle Belohnung. Nur die beiden Flaschen Chateau Margot, die bei jenem Besuche so unnütz aufgingen, bitte ich, mir zu ersetzen. Adresse: An die Redaction der Grenzboten in Leipzig. V. Notizen. Dreierlei Feste. In den drei Nachbarstädten Köln, Lüttich und Brüssel wurden im Laufe dieses Monats dreierlei Feste gefeiert, von denen eins mit dem andern im graben Gegensatze steht. Während man in Brüssel die Ver¬ einigung mit Frankreich feierte, an das man nun mit eisernen Klammern gebunden ist, sang man in Köln von den Harmonien der Flamingen mit den Deutschen und von der ewigen Brüderschaft zwischen flämisch Bel¬ gien und seinen germanischen Bruderstämmen. Die Gegensätze sind sehr charakteristisch. Mit Frankreich schloß man einen positiven Bruderbund, .mit Deutschland einen idealen. Wie auch anders? In Frankreich ist die Einheit in der That, bei uns ist sie in der Poesie, im Gesang, in der Sprache. Aber noch charakteristischer ist das Fest, das sich in beider Mitte stellte: Das Kirchenfest, welches der Bischof van Bommel zu Lüttich, zur Jubiläumsfeier der Einsetzung des Fronleichnamsfestes feiern ließ. Dieses Fest war eine Manifestation nach beiden Seiten hin. Ruhme nur Eure Stärke und Euren Reichthum, Ihr Eisenbahnvereine von Belgien und Frankreich, rühmt nur Eure Ausdehnung Ihr Sängerbündler von Rhein- und Flamland: mir seid Ihr beide Unterthan: Frankenland, Belgcnland und Rheinland, die katholische Kirche hält Euch fest: mir gehört das Volk in allen drei Ländern, inmitten Eurer stolzen Feste, stelle ich das meinige hin, und seht zu, wem die Massen in größern Haufen zuströ¬ men werden. Darum beugt Euch vor mir und erkennt meine Ueber- und Obermacht an! — Uebrigens hat sich Herr van Bommel in seiner Berechnung geirrt und sein großes Kirchenfest ist selbst von dem gemeinen Volke nicht halb so sehr besucht worden, wie das Belialskind, die Eisen- bahnerössnung zu Brüssel, ja nicht ein Mal wie die Sängerfahrt am Rhein. Verlag von Fr. Ludw. Herbig. — Redacteur I. Kuranda. Druck von Friedrich Andrä.

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Zitationshilfe: Die Grenzboten. Jg. 5, 1846, I. Semester. II. Band, S. . In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/grenzboten_341550_365120/552>, abgerufen am 24.11.2024.