Die Grenzboten. Jg. 5, 1846, I. Semester. II. Band.gen empfangener milden Gaben erfährt die Welt etwas von ihrer Thä¬ Ich könnte wohl noch die eine und andere Frau hinzufügen, aber II. Aus Tyrol. Schattenrisse. -- Tyrol und Italien. -- Fundgruben für Forscher. -- Vereine. Dank den Bemühungen mancher Berichterstatter aus Tyrol, hören Glauben Sie ja nicht, daß es nur die halbverfallenen, dort um die gen empfangener milden Gaben erfährt die Welt etwas von ihrer Thä¬ Ich könnte wohl noch die eine und andere Frau hinzufügen, aber II. Aus Tyrol. Schattenrisse. — Tyrol und Italien. — Fundgruben für Forscher. — Vereine. Dank den Bemühungen mancher Berichterstatter aus Tyrol, hören Glauben Sie ja nicht, daß es nur die halbverfallenen, dort um die <TEI> <text> <body> <div> <div n="1"> <div n="2"> <div n="3"> <pb facs="#f0358" corresp="http://brema.suub.uni-bremen.de/grenzboten/periodical/pageview/182781"/> <p xml:id="ID_1013" prev="#ID_1012"> gen empfangener milden Gaben erfährt die Welt etwas von ihrer Thä¬<lb/> tigkeit. Das Institut dieser Frau ist weit verzweigt; hat die Armuth<lb/> sich ihrer Fürsorge einmal anvertraut, so läßt sie es an der Controlle und<lb/> ununterbrochenen Aufmerksamkeit gewiß nicht fehlen. Es liegt ganz in<lb/> der Natur der Sache, daß Amalie Sieveking dabei ihrem Systeme, ihren<lb/> Ansichten folgt, daß sie im Verfolgen ihrer Wirksamkeit selbst bei Schütz¬<lb/> lingen ihres Geschlechtes auf Reflexe hamburgischen Pöbelsinnes stößt, auf<lb/> eine Menschenklasse, die wohl haben und nehmen, aber sich nicht fügen<lb/> und bequemen will, aber — die Geduld verliert sie so leicht nicht, und<lb/> dem weiblichen Proletariat ist sie in allen Lagen und Fällen des Lebens<lb/> stets eine treue Führerin und Helferin.</p><lb/> <p xml:id="ID_1014"> Ich könnte wohl noch die eine und andere Frau hinzufügen, aber<lb/> - ich will hier abbrechen. Entwickeln sich unter dem jüngern Geschlecht<lb/> ähnliche Talente, Charaktere, Bestrebungen, die einst leuchten werden, wie<lb/> die oben beschriebenen? Soll ich offen reden, so weiß ich es nicht zu sagen<lb/> und Zweifel will ich hier nicht laut werden lassen. Die jüngere Welt<lb/> wurzelt auch in dieser, Beziehung in andern Elementen ihrer Bildung,<lb/> ihrer Umgebung, ihrer socialen Verhältnisse. Es sind andere Zeiten wach<lb/> geworden; mich dünkt, die alte Unbefangenheit und Freiheit ist gewichen.<lb/> Die jüngere weibliche Generation hat nicht minder wie die männliche<lb/> unter dem egoistischen Materialismus zu leiden. Einst könnte man ahn¬<lb/> liche Hoffnungen von einer jungen Dichterin Hamburgs, Eliza Sto¬<lb/> rm ann, der Tochter eines reichen Rhedcrs, hegen, aber — auch sie scheint<lb/> auf hamburgischen Grund und Boden nicht das rechte Gedeihen ihres<lb/> Talentes zu finden.</p><lb/> </div> </div> <div n="2"> <head> II.<lb/> Aus Tyrol.</head><lb/> <note type="argument"> Schattenrisse. — Tyrol und Italien. — Fundgruben für Forscher. — Vereine.</note><lb/> <p xml:id="ID_1015"> Dank den Bemühungen mancher Berichterstatter aus Tyrol, hören<lb/> wir fast immer nur von den Reizen des herrlichen Merans, wenn sie<lb/> vom purpurnen Kusse des Südens, der auf dem Landestheile diesseits<lb/> des Brenners ruht, sprechen. So kommt es denn auch, daß manche<lb/> Gäste ihr Ziel mit dem alten Burggrafenamte abschließen, wie Viele der<lb/> Wandervögel in der Schweiz das berner Oberland mit dem Staubbach.<lb/> Trotz der Unsicherheit, welche aufdringliche Ciceroni auf jenem idyllischen<lb/> Boden wittern, darf man unbesorgt die Grenze überschreiten, welche die<lb/> schwarzgelbe Farbe zieht, und der wahre Auckerstoss der Trauben, der stets<lb/> laue Hauch des Citroncnlandes und der hesperische Hang der Natur, ihren<lb/> Garten selbst zu bestellen, beginnt auch in Tyrol erst dort, wo das<lb/> romanische Element entschieden hervortritt. Eröffnete doch selbst Rott¬<lb/> mann seine südlichen Bilder im Bazar zu München mit Trient, und<lb/> mancher Jünger der bildenden Kunst, der aus dem Vaterland des Apel-<lb/> les und Phidias kehrte, dachte bei unsern Felsengestaden an die der<lb/> Inseln des Archipels zurück.</p><lb/> <p xml:id="ID_1016" next="#ID_1017"> Glauben Sie ja nicht, daß es nur die halbverfallenen, dort um die<lb/> alte Stammfeste von Tyrol geschaarten Burgen sind, die uns einladen</p><lb/> </div> </div> </div> </body> </text> </TEI> [0358]
gen empfangener milden Gaben erfährt die Welt etwas von ihrer Thä¬
tigkeit. Das Institut dieser Frau ist weit verzweigt; hat die Armuth
sich ihrer Fürsorge einmal anvertraut, so läßt sie es an der Controlle und
ununterbrochenen Aufmerksamkeit gewiß nicht fehlen. Es liegt ganz in
der Natur der Sache, daß Amalie Sieveking dabei ihrem Systeme, ihren
Ansichten folgt, daß sie im Verfolgen ihrer Wirksamkeit selbst bei Schütz¬
lingen ihres Geschlechtes auf Reflexe hamburgischen Pöbelsinnes stößt, auf
eine Menschenklasse, die wohl haben und nehmen, aber sich nicht fügen
und bequemen will, aber — die Geduld verliert sie so leicht nicht, und
dem weiblichen Proletariat ist sie in allen Lagen und Fällen des Lebens
stets eine treue Führerin und Helferin.
Ich könnte wohl noch die eine und andere Frau hinzufügen, aber
- ich will hier abbrechen. Entwickeln sich unter dem jüngern Geschlecht
ähnliche Talente, Charaktere, Bestrebungen, die einst leuchten werden, wie
die oben beschriebenen? Soll ich offen reden, so weiß ich es nicht zu sagen
und Zweifel will ich hier nicht laut werden lassen. Die jüngere Welt
wurzelt auch in dieser, Beziehung in andern Elementen ihrer Bildung,
ihrer Umgebung, ihrer socialen Verhältnisse. Es sind andere Zeiten wach
geworden; mich dünkt, die alte Unbefangenheit und Freiheit ist gewichen.
Die jüngere weibliche Generation hat nicht minder wie die männliche
unter dem egoistischen Materialismus zu leiden. Einst könnte man ahn¬
liche Hoffnungen von einer jungen Dichterin Hamburgs, Eliza Sto¬
rm ann, der Tochter eines reichen Rhedcrs, hegen, aber — auch sie scheint
auf hamburgischen Grund und Boden nicht das rechte Gedeihen ihres
Talentes zu finden.
II.
Aus Tyrol.
Schattenrisse. — Tyrol und Italien. — Fundgruben für Forscher. — Vereine.
Dank den Bemühungen mancher Berichterstatter aus Tyrol, hören
wir fast immer nur von den Reizen des herrlichen Merans, wenn sie
vom purpurnen Kusse des Südens, der auf dem Landestheile diesseits
des Brenners ruht, sprechen. So kommt es denn auch, daß manche
Gäste ihr Ziel mit dem alten Burggrafenamte abschließen, wie Viele der
Wandervögel in der Schweiz das berner Oberland mit dem Staubbach.
Trotz der Unsicherheit, welche aufdringliche Ciceroni auf jenem idyllischen
Boden wittern, darf man unbesorgt die Grenze überschreiten, welche die
schwarzgelbe Farbe zieht, und der wahre Auckerstoss der Trauben, der stets
laue Hauch des Citroncnlandes und der hesperische Hang der Natur, ihren
Garten selbst zu bestellen, beginnt auch in Tyrol erst dort, wo das
romanische Element entschieden hervortritt. Eröffnete doch selbst Rott¬
mann seine südlichen Bilder im Bazar zu München mit Trient, und
mancher Jünger der bildenden Kunst, der aus dem Vaterland des Apel-
les und Phidias kehrte, dachte bei unsern Felsengestaden an die der
Inseln des Archipels zurück.
Glauben Sie ja nicht, daß es nur die halbverfallenen, dort um die
alte Stammfeste von Tyrol geschaarten Burgen sind, die uns einladen
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