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Die Grenzboten. Jg. 5, 1846, I. Semester. II. Band.

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Die Stände in Böhmen.



Wie Duellanten sich auf fremdes Gebiet begeben, um dort
ihr blutig Geschäft abzumachen, so muß leider die friedliche Dis-
cussion der für Böhmen nicht unwichtigen Frage: welche Stellung
nehmen Böhmens Stände ein, wie gebrauchen sie dieselben zum
Wohle des Landes? in den freundlich geöffneten, neutralen Spalten
der Grenzboten geführt werden; auch hier jedoch muß der Kampf
geschlossenen Visires vor sich gehen, auch hier verbergen die Käm¬
pfer Helmbusch und Wappenschild. Heft Ur. 9 brachte einen pole¬
mischen, Heft Ur. 10 einen indifferenten Aussatz, beide gegen die
Einsendung "Ständisches in Böhmen" gerichtet.'

Wir wollen den Vertheidiger des Ständewesens, seines bür¬
gerlichen Incognitos nicht entkleiden und wollen uns ihn als blo¬
ßen Amateur, im Kampfe für die ständische Wirksamkeit, denken,
haben dazu auch dringende Veranlassung, weil Amateurs, Gründ¬
likeit und Competenz häufig vermissen lassen.

Wenn dieser Amateur in Ur. 9 alles Heil in der rege gewor¬
denen Thätigkeit der Herren Stände, alles Unheil in dem Wirken
der Bureaukraten Oesterreichs zu finden glaubt, welchem die stän¬
dische Thätigkeit so heilsam entgegentreten soll, so müssen wir uns
billig verwundern, woher den Herren Ständen so viele Regierungs-
kunst so plötzlich gekommen, schöpften sie doch mit den Bureaumen¬
schen Oesterreichs zugleich ihr ganzes Wissen aus demselben trüben


Die Stände in Böhmen.



Wie Duellanten sich auf fremdes Gebiet begeben, um dort
ihr blutig Geschäft abzumachen, so muß leider die friedliche Dis-
cussion der für Böhmen nicht unwichtigen Frage: welche Stellung
nehmen Böhmens Stände ein, wie gebrauchen sie dieselben zum
Wohle des Landes? in den freundlich geöffneten, neutralen Spalten
der Grenzboten geführt werden; auch hier jedoch muß der Kampf
geschlossenen Visires vor sich gehen, auch hier verbergen die Käm¬
pfer Helmbusch und Wappenschild. Heft Ur. 9 brachte einen pole¬
mischen, Heft Ur. 10 einen indifferenten Aussatz, beide gegen die
Einsendung „Ständisches in Böhmen" gerichtet.'

Wir wollen den Vertheidiger des Ständewesens, seines bür¬
gerlichen Incognitos nicht entkleiden und wollen uns ihn als blo¬
ßen Amateur, im Kampfe für die ständische Wirksamkeit, denken,
haben dazu auch dringende Veranlassung, weil Amateurs, Gründ¬
likeit und Competenz häufig vermissen lassen.

Wenn dieser Amateur in Ur. 9 alles Heil in der rege gewor¬
denen Thätigkeit der Herren Stände, alles Unheil in dem Wirken
der Bureaukraten Oesterreichs zu finden glaubt, welchem die stän¬
dische Thätigkeit so heilsam entgegentreten soll, so müssen wir uns
billig verwundern, woher den Herren Ständen so viele Regierungs-
kunst so plötzlich gekommen, schöpften sie doch mit den Bureaumen¬
schen Oesterreichs zugleich ihr ganzes Wissen aus demselben trüben


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[0012] Die Stände in Böhmen. Wie Duellanten sich auf fremdes Gebiet begeben, um dort ihr blutig Geschäft abzumachen, so muß leider die friedliche Dis- cussion der für Böhmen nicht unwichtigen Frage: welche Stellung nehmen Böhmens Stände ein, wie gebrauchen sie dieselben zum Wohle des Landes? in den freundlich geöffneten, neutralen Spalten der Grenzboten geführt werden; auch hier jedoch muß der Kampf geschlossenen Visires vor sich gehen, auch hier verbergen die Käm¬ pfer Helmbusch und Wappenschild. Heft Ur. 9 brachte einen pole¬ mischen, Heft Ur. 10 einen indifferenten Aussatz, beide gegen die Einsendung „Ständisches in Böhmen" gerichtet.' Wir wollen den Vertheidiger des Ständewesens, seines bür¬ gerlichen Incognitos nicht entkleiden und wollen uns ihn als blo¬ ßen Amateur, im Kampfe für die ständische Wirksamkeit, denken, haben dazu auch dringende Veranlassung, weil Amateurs, Gründ¬ likeit und Competenz häufig vermissen lassen. Wenn dieser Amateur in Ur. 9 alles Heil in der rege gewor¬ denen Thätigkeit der Herren Stände, alles Unheil in dem Wirken der Bureaukraten Oesterreichs zu finden glaubt, welchem die stän¬ dische Thätigkeit so heilsam entgegentreten soll, so müssen wir uns billig verwundern, woher den Herren Ständen so viele Regierungs- kunst so plötzlich gekommen, schöpften sie doch mit den Bureaumen¬ schen Oesterreichs zugleich ihr ganzes Wissen aus demselben trüben

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Zitationshilfe: Die Grenzboten. Jg. 5, 1846, I. Semester. II. Band, S. . In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/grenzboten_341550_365120/12>, abgerufen am 27.11.2024.