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Die Grenzboten. Jg. 5, 1846, II. Semester. III. Band.

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auch so gui wäre, als sie unserer Meinung nach nicht ist, so würde dies
doch immer nicht VM Gebrauch so schlechter Mittel als d'et- Verfasser zu
ihrer Vertheidigung anwendet, entschuldigen können,


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IV.
An" Hamburg.

Gymnasium und Bürgerschaft. -- Der Mittelstand. -- Lind.

Mit unserm akademischen Gymnasium, auf oder an welchem alle
fünf Professoren zusammen oft kaum sechs Zuhörer haben, dürfte es al¬
lem Anschein nach nun doch bald am Ende sein. Der Senat hat näm¬
lich den Muth gehabt, ich glaube schon zum dritten Male einen Angriff
auf die Contributionsgeduld der Bürgerschaft zu machen und bedeutende
Zuschüsse besonders für die Realschule zu verlange", aber die Bürger¬
schaft, der es bei der allgemeinen Geldnoth denn Vöch etwas heiß UM
die Ohren werden mag, hat jenen Antrag zum dritten Male zurückge¬
wiesen. Wenn man bedenkt, daß für die Volksschulen Nie das Geringst"
gethan wird, daß jene neue angesonnene Contributiorl nur den höheren
Ständen zu Gute kommt, so ist solche Hartnäckigkeit von Seiten des
Senats doppelt auffällig und charakteristisch. Das Gymnasium, dieses
ganz und gar überflüssige "Universitätchen spielen" wird aufhören müs¬
sen, damit zunächst wenigstens diese 30,00V--4v,VVV Mark jährlich bes¬
ser verwandt werden. Nur bleibt die Frage i Wohin mit den Professo¬
ren? Die Leute sind hier einmal angestellt worden und da sie im Gan¬
zen nichts weniger als lumina aurai sind, so dürste es für die Meisten
sehr schwer fallen, an einer Universität oder an einem anderen Gymna¬
sium eine so vortheilhafte Anstellung wieder zu finden. Uebrigens ist
das ganze Johanneum seit Gurlitt von Jahr zu Jahr mehr in Ver¬
fall gekommen.

Wenn Man auf den Großhändler und seine Verbindungen hört, so
ist Hamburg noch immer im alten Flor, denn der Großhändler sagt:
I'6tat c'est moi, und er geberdet sich gegen den Kleinhändler und ge¬
wöhnlichen Mittelstandsbürger in der That wie Ludwig XIV., er steht
ihn von der Seite an, ob er bankerottirt hat oder bankerottiren will, und
geht seine überseiischeN Wege weiter. Aber der zweite und dritte Stand
weiß am besten , wo Hamburg der Schuh drückt und daß die allgemeine
Geldnoth nicht blos von einer momentanen Krisis, sondern von ganz
arideren Dingen herrührt. Unser Stadttheater brachte seit über drei Mo¬
naten kein einziges neues deutsches Stück, sondern fortwährend französische
Fabrikate auf ihre längst entweihten Breter. Jetzt singt die Lind wie¬
der ihre drei Rollen in möglichst bunter Darstellung bei doppelten Prei¬
sen ab. Wann wird man auch den Schauspielerwucher im Verhältniß
zum Pauperismus beleuchten! Bei den Lind' Vorstellungen hat das


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auch so gui wäre, als sie unserer Meinung nach nicht ist, so würde dies
doch immer nicht VM Gebrauch so schlechter Mittel als d'et- Verfasser zu
ihrer Vertheidigung anwendet, entschuldigen können,


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IV.
An» Hamburg.

Gymnasium und Bürgerschaft. — Der Mittelstand. — Lind.

Mit unserm akademischen Gymnasium, auf oder an welchem alle
fünf Professoren zusammen oft kaum sechs Zuhörer haben, dürfte es al¬
lem Anschein nach nun doch bald am Ende sein. Der Senat hat näm¬
lich den Muth gehabt, ich glaube schon zum dritten Male einen Angriff
auf die Contributionsgeduld der Bürgerschaft zu machen und bedeutende
Zuschüsse besonders für die Realschule zu verlange», aber die Bürger¬
schaft, der es bei der allgemeinen Geldnoth denn Vöch etwas heiß UM
die Ohren werden mag, hat jenen Antrag zum dritten Male zurückge¬
wiesen. Wenn man bedenkt, daß für die Volksschulen Nie das Geringst«
gethan wird, daß jene neue angesonnene Contributiorl nur den höheren
Ständen zu Gute kommt, so ist solche Hartnäckigkeit von Seiten des
Senats doppelt auffällig und charakteristisch. Das Gymnasium, dieses
ganz und gar überflüssige „Universitätchen spielen" wird aufhören müs¬
sen, damit zunächst wenigstens diese 30,00V—4v,VVV Mark jährlich bes¬
ser verwandt werden. Nur bleibt die Frage i Wohin mit den Professo¬
ren? Die Leute sind hier einmal angestellt worden und da sie im Gan¬
zen nichts weniger als lumina aurai sind, so dürste es für die Meisten
sehr schwer fallen, an einer Universität oder an einem anderen Gymna¬
sium eine so vortheilhafte Anstellung wieder zu finden. Uebrigens ist
das ganze Johanneum seit Gurlitt von Jahr zu Jahr mehr in Ver¬
fall gekommen.

Wenn Man auf den Großhändler und seine Verbindungen hört, so
ist Hamburg noch immer im alten Flor, denn der Großhändler sagt:
I'6tat c'est moi, und er geberdet sich gegen den Kleinhändler und ge¬
wöhnlichen Mittelstandsbürger in der That wie Ludwig XIV., er steht
ihn von der Seite an, ob er bankerottirt hat oder bankerottiren will, und
geht seine überseiischeN Wege weiter. Aber der zweite und dritte Stand
weiß am besten , wo Hamburg der Schuh drückt und daß die allgemeine
Geldnoth nicht blos von einer momentanen Krisis, sondern von ganz
arideren Dingen herrührt. Unser Stadttheater brachte seit über drei Mo¬
naten kein einziges neues deutsches Stück, sondern fortwährend französische
Fabrikate auf ihre längst entweihten Breter. Jetzt singt die Lind wie¬
der ihre drei Rollen in möglichst bunter Darstellung bei doppelten Prei¬
sen ab. Wann wird man auch den Schauspielerwucher im Verhältniß
zum Pauperismus beleuchten! Bei den Lind' Vorstellungen hat das


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Zitationshilfe: Die Grenzboten. Jg. 5, 1846, II. Semester. III. Band, S. . In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/grenzboten_341550_183020/49>, abgerufen am 04.07.2024.