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Die Grenzboten. Jg. 5, 1846, II. Semester. III. Band.

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Acht Reisebriefs aus Deutschlands erstem Seehafen; geschrieben im



(S es l u si.)

Fünfter Brief.

Zu den unserer Zeit eigenthümlichen Erscheinungen dürste eine
außerordentlich hoch gesteigerte Concurrenz in allen Beziehungen
des Geschäftslebcns gehören. Die Concurrenz ist namentlich im
Gebiete des Handels so groß geworden, daß in der Quantität fast
überall das Angebot die Nachfrage überflügelt. Dazu kommt,
daß durch die in neuester Zeit mit überraschender Schnelle erfolgten
Verbesserungen aller Verbindungsmittel, sowie durch die immer künst¬
licher gewordenen Zollsysteme und die immer verwickelter gewordenen
Verhältnisse der Arbeit, die Mehrzahl der flaats- und Volkswirth-
schaftlichen Lehrsätze über Handelswege und Theorie des Handelsbe¬
triebes falsch oder doch praktisch unanwendbar geworden sind.

Das stürmische Drängen der Ereignisse im öffentlichen Leben läßt
der Theorie durchaus keine Frist, ihre nicht mehr passenden Lehren nach
den Erscheinungen der Gegenwart umzuformen. Aber auch der prak¬
tische Geschäftsmann erkennt zwar den Anfang der Umwälzung und
deren bisherige Wirkungen : vermag aber weder ihr Ende nach ih¬
rem allseitigen Einfluß genügend zu beurtheilen. Deshalb ist es jetzt
eine Zeit des Unbehagens und ängstlicher Spannung in jeder Rich¬
tung des Lebens. Es gibt daher auch kein anderes Mittel, um den
kommenden Ereignissen einigermaßen gewachsen zu sein, als indem
man sich auf alle erdenkbare Zufälligkeiten vorbereitet.

Dies Bestreben wird überall im öffentlichen wie im Privatleben


Acht Reisebriefs aus Deutschlands erstem Seehafen; geschrieben im



(S es l u si.)

Fünfter Brief.

Zu den unserer Zeit eigenthümlichen Erscheinungen dürste eine
außerordentlich hoch gesteigerte Concurrenz in allen Beziehungen
des Geschäftslebcns gehören. Die Concurrenz ist namentlich im
Gebiete des Handels so groß geworden, daß in der Quantität fast
überall das Angebot die Nachfrage überflügelt. Dazu kommt,
daß durch die in neuester Zeit mit überraschender Schnelle erfolgten
Verbesserungen aller Verbindungsmittel, sowie durch die immer künst¬
licher gewordenen Zollsysteme und die immer verwickelter gewordenen
Verhältnisse der Arbeit, die Mehrzahl der flaats- und Volkswirth-
schaftlichen Lehrsätze über Handelswege und Theorie des Handelsbe¬
triebes falsch oder doch praktisch unanwendbar geworden sind.

Das stürmische Drängen der Ereignisse im öffentlichen Leben läßt
der Theorie durchaus keine Frist, ihre nicht mehr passenden Lehren nach
den Erscheinungen der Gegenwart umzuformen. Aber auch der prak¬
tische Geschäftsmann erkennt zwar den Anfang der Umwälzung und
deren bisherige Wirkungen : vermag aber weder ihr Ende nach ih¬
rem allseitigen Einfluß genügend zu beurtheilen. Deshalb ist es jetzt
eine Zeit des Unbehagens und ängstlicher Spannung in jeder Rich¬
tung des Lebens. Es gibt daher auch kein anderes Mittel, um den
kommenden Ereignissen einigermaßen gewachsen zu sein, als indem
man sich auf alle erdenkbare Zufälligkeiten vorbereitet.

Dies Bestreben wird überall im öffentlichen wie im Privatleben


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[0123] Acht Reisebriefs aus Deutschlands erstem Seehafen; geschrieben im (S es l u si.) Fünfter Brief. Zu den unserer Zeit eigenthümlichen Erscheinungen dürste eine außerordentlich hoch gesteigerte Concurrenz in allen Beziehungen des Geschäftslebcns gehören. Die Concurrenz ist namentlich im Gebiete des Handels so groß geworden, daß in der Quantität fast überall das Angebot die Nachfrage überflügelt. Dazu kommt, daß durch die in neuester Zeit mit überraschender Schnelle erfolgten Verbesserungen aller Verbindungsmittel, sowie durch die immer künst¬ licher gewordenen Zollsysteme und die immer verwickelter gewordenen Verhältnisse der Arbeit, die Mehrzahl der flaats- und Volkswirth- schaftlichen Lehrsätze über Handelswege und Theorie des Handelsbe¬ triebes falsch oder doch praktisch unanwendbar geworden sind. Das stürmische Drängen der Ereignisse im öffentlichen Leben läßt der Theorie durchaus keine Frist, ihre nicht mehr passenden Lehren nach den Erscheinungen der Gegenwart umzuformen. Aber auch der prak¬ tische Geschäftsmann erkennt zwar den Anfang der Umwälzung und deren bisherige Wirkungen : vermag aber weder ihr Ende nach ih¬ rem allseitigen Einfluß genügend zu beurtheilen. Deshalb ist es jetzt eine Zeit des Unbehagens und ängstlicher Spannung in jeder Rich¬ tung des Lebens. Es gibt daher auch kein anderes Mittel, um den kommenden Ereignissen einigermaßen gewachsen zu sein, als indem man sich auf alle erdenkbare Zufälligkeiten vorbereitet. Dies Bestreben wird überall im öffentlichen wie im Privatleben

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Zitationshilfe: Die Grenzboten. Jg. 5, 1846, II. Semester. III. Band, S. . In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/grenzboten_341550_183020/123>, abgerufen am 24.07.2024.