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Die Grenzboten. Jg. 5, 1846, I. Semester. I. Band.

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das Gerücht schreibt Herrn Galvani den Ehrgeiz oder vielmehr die
Eitelkeit zu, nach einem solchen römischen Herzogshut zu greifen, des¬
sen Erlangung übrigens kein Blut, sondern blos Geld kostet.


III.
Aus Prag.

Getraibcausfuhr. -- Unordnungen. -- Sparkasse. -- Geldklemme. --
Bankerotte. -- Spinnerunterstützungsverein.

Die Besorgnisse vor einem Getraidemangel haben den Erzher¬
zog Stephan bewogen, zu Ende des Jahres nach Wien zu reisen,
um dort in Betreff der zu ergreifenden Maßregeln die dringendsten
Vorstellungen zu machen, zumal Böhmen gerade diejenige Provinz
ist, wo die Verhältnisse den Ausdruck) eines Brodmangels am be¬
drohlichsten erscheinen lassen möchten. Ist auch kein förmliches Ver¬
bot der Kornausfuhr erfolgt, so wurde doch eine Erhöhung des Aus¬
suhrzolles zugestanden; doch diese war gleichwohl nicht im Stande,
den Getcaidehandel völlig zu hemmen, und es haben dennoch fort¬
während Sendungen über ti" Grenze, namentlich nach Baiern und
Sachsen stattgefunden. Die mißtrauische Stimmung, in welcher gegenwar¬
tig ein großer Theil der Bevölkerung ist, machte, daß dieser die Ausfuhr
von vornherein mit höchst mißgünstigen Blicken betrachtete und die Unzu¬
friedenheit stieg an einigen Orten zu einer Erbitterung, die selbst zu
Thätlichkeiten führte. Die Einwohner des Dorfes Eisenstein über¬
fielen bewaffnet die Frachtwagen, die das Korn nach Baiern führten,
und die Hitze, mjt welcher dieser Angriff von Seite der böhmischen
Bauern geschah, riß die ergrimmte Schaar selbst zur Verletzung der
Grenze hin, indem sie den baierischen Zwiesel überrumpelten, die
Scheunen erbrachen und die darin befindlichen Vorrathe dem Winde
preisgaben. Auf die Kunde von diesen Vorgänge rückte alsogleich eine
Reiterabtheilung im Trab an diesen Theil der Grenze, wahrend zu¬
gleich das Dorf Eisenstein, das von deutschen Ansiedlem bewohnt
wird, militärisch besetzt wurde. Das baierische Landgericht begnügte
sich mit der Verstärkung der Gensdarmerie und der Zollwache an den
bedrohten Punkten.

Die Sparkasse hat sich in Betracht der bedrängten Lage der ar¬
beitenden Klassen veranlaßt gesehen, ihren auf drei ein halb Procent
erniedrigten Zinsfuß wieder auf vier Procent zu erhöhen, denn die
Anmeldungen zur Rückzahlung sind so häusig, daß das Institut die
zu gewährenden Bordseite für die Darleiher nothwendig vermehren
muß, zumal die gegenwärtige Geldkrisis die nützlichste Verwendung
der Capitalien nicht wenig erleichtert. Die europäische Geldklemme
hat auch bei uns furchtbare Verheerungen angerichtet, die sich in. ei¬
ner bedeutenden Anzahl von Bankbrüchen kund geben, wovon sehr
viele der Art sind, daß sie dem Rufe des hiesigen Kaufmannsstandes


das Gerücht schreibt Herrn Galvani den Ehrgeiz oder vielmehr die
Eitelkeit zu, nach einem solchen römischen Herzogshut zu greifen, des¬
sen Erlangung übrigens kein Blut, sondern blos Geld kostet.


III.
Aus Prag.

Getraibcausfuhr. — Unordnungen. — Sparkasse. — Geldklemme. —
Bankerotte. — Spinnerunterstützungsverein.

Die Besorgnisse vor einem Getraidemangel haben den Erzher¬
zog Stephan bewogen, zu Ende des Jahres nach Wien zu reisen,
um dort in Betreff der zu ergreifenden Maßregeln die dringendsten
Vorstellungen zu machen, zumal Böhmen gerade diejenige Provinz
ist, wo die Verhältnisse den Ausdruck) eines Brodmangels am be¬
drohlichsten erscheinen lassen möchten. Ist auch kein förmliches Ver¬
bot der Kornausfuhr erfolgt, so wurde doch eine Erhöhung des Aus¬
suhrzolles zugestanden; doch diese war gleichwohl nicht im Stande,
den Getcaidehandel völlig zu hemmen, und es haben dennoch fort¬
während Sendungen über ti« Grenze, namentlich nach Baiern und
Sachsen stattgefunden. Die mißtrauische Stimmung, in welcher gegenwar¬
tig ein großer Theil der Bevölkerung ist, machte, daß dieser die Ausfuhr
von vornherein mit höchst mißgünstigen Blicken betrachtete und die Unzu¬
friedenheit stieg an einigen Orten zu einer Erbitterung, die selbst zu
Thätlichkeiten führte. Die Einwohner des Dorfes Eisenstein über¬
fielen bewaffnet die Frachtwagen, die das Korn nach Baiern führten,
und die Hitze, mjt welcher dieser Angriff von Seite der böhmischen
Bauern geschah, riß die ergrimmte Schaar selbst zur Verletzung der
Grenze hin, indem sie den baierischen Zwiesel überrumpelten, die
Scheunen erbrachen und die darin befindlichen Vorrathe dem Winde
preisgaben. Auf die Kunde von diesen Vorgänge rückte alsogleich eine
Reiterabtheilung im Trab an diesen Theil der Grenze, wahrend zu¬
gleich das Dorf Eisenstein, das von deutschen Ansiedlem bewohnt
wird, militärisch besetzt wurde. Das baierische Landgericht begnügte
sich mit der Verstärkung der Gensdarmerie und der Zollwache an den
bedrohten Punkten.

Die Sparkasse hat sich in Betracht der bedrängten Lage der ar¬
beitenden Klassen veranlaßt gesehen, ihren auf drei ein halb Procent
erniedrigten Zinsfuß wieder auf vier Procent zu erhöhen, denn die
Anmeldungen zur Rückzahlung sind so häusig, daß das Institut die
zu gewährenden Bordseite für die Darleiher nothwendig vermehren
muß, zumal die gegenwärtige Geldkrisis die nützlichste Verwendung
der Capitalien nicht wenig erleichtert. Die europäische Geldklemme
hat auch bei uns furchtbare Verheerungen angerichtet, die sich in. ei¬
ner bedeutenden Anzahl von Bankbrüchen kund geben, wovon sehr
viele der Art sind, daß sie dem Rufe des hiesigen Kaufmannsstandes


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[0284] das Gerücht schreibt Herrn Galvani den Ehrgeiz oder vielmehr die Eitelkeit zu, nach einem solchen römischen Herzogshut zu greifen, des¬ sen Erlangung übrigens kein Blut, sondern blos Geld kostet. III. Aus Prag. Getraibcausfuhr. — Unordnungen. — Sparkasse. — Geldklemme. — Bankerotte. — Spinnerunterstützungsverein. Die Besorgnisse vor einem Getraidemangel haben den Erzher¬ zog Stephan bewogen, zu Ende des Jahres nach Wien zu reisen, um dort in Betreff der zu ergreifenden Maßregeln die dringendsten Vorstellungen zu machen, zumal Böhmen gerade diejenige Provinz ist, wo die Verhältnisse den Ausdruck) eines Brodmangels am be¬ drohlichsten erscheinen lassen möchten. Ist auch kein förmliches Ver¬ bot der Kornausfuhr erfolgt, so wurde doch eine Erhöhung des Aus¬ suhrzolles zugestanden; doch diese war gleichwohl nicht im Stande, den Getcaidehandel völlig zu hemmen, und es haben dennoch fort¬ während Sendungen über ti« Grenze, namentlich nach Baiern und Sachsen stattgefunden. Die mißtrauische Stimmung, in welcher gegenwar¬ tig ein großer Theil der Bevölkerung ist, machte, daß dieser die Ausfuhr von vornherein mit höchst mißgünstigen Blicken betrachtete und die Unzu¬ friedenheit stieg an einigen Orten zu einer Erbitterung, die selbst zu Thätlichkeiten führte. Die Einwohner des Dorfes Eisenstein über¬ fielen bewaffnet die Frachtwagen, die das Korn nach Baiern führten, und die Hitze, mjt welcher dieser Angriff von Seite der böhmischen Bauern geschah, riß die ergrimmte Schaar selbst zur Verletzung der Grenze hin, indem sie den baierischen Zwiesel überrumpelten, die Scheunen erbrachen und die darin befindlichen Vorrathe dem Winde preisgaben. Auf die Kunde von diesen Vorgänge rückte alsogleich eine Reiterabtheilung im Trab an diesen Theil der Grenze, wahrend zu¬ gleich das Dorf Eisenstein, das von deutschen Ansiedlem bewohnt wird, militärisch besetzt wurde. Das baierische Landgericht begnügte sich mit der Verstärkung der Gensdarmerie und der Zollwache an den bedrohten Punkten. Die Sparkasse hat sich in Betracht der bedrängten Lage der ar¬ beitenden Klassen veranlaßt gesehen, ihren auf drei ein halb Procent erniedrigten Zinsfuß wieder auf vier Procent zu erhöhen, denn die Anmeldungen zur Rückzahlung sind so häusig, daß das Institut die zu gewährenden Bordseite für die Darleiher nothwendig vermehren muß, zumal die gegenwärtige Geldkrisis die nützlichste Verwendung der Capitalien nicht wenig erleichtert. Die europäische Geldklemme hat auch bei uns furchtbare Verheerungen angerichtet, die sich in. ei¬ ner bedeutenden Anzahl von Bankbrüchen kund geben, wovon sehr viele der Art sind, daß sie dem Rufe des hiesigen Kaufmannsstandes

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Zitationshilfe: Die Grenzboten. Jg. 5, 1846, I. Semester. I. Band, S. . In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/grenzboten_341550_181809/284>, abgerufen am 09.11.2024.