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Die Grenzboten. Jg. 4, 1845, II. Semester. II. Band.

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eingeführt werden, theilncchmen, zeigte recht, welche eigenthümliche
Frische und Lebendigkeit den Jüngeren der Kunst inne wohnt und
wie sie darin fast alle übrigen Stände übertreffen, sie verstehen es mit ge--
ringen pecuniairen Mitteln ihren Festen eine Origininalität und da¬
durch eine Anziehung zu geben wie man sie bei so vielen anderen
oft sonst weit prächtigeren, schmerzlich vermißt.


VI.
Neue historische Taschenbücher.

Das "Historische Taschenbuch" von Friedrich von Raumer für
1846, der siebente Jahrgang seiner neuen Folge, bringt unter seinen
Beiträgen eine Mehrzahl solcher Aufsätze, welche auch demjenigen,
welcher nicht Historiker von Fach ist, das größte Interesse gewähren.
Nur die beiden eisten Artikel, nämlich "Wilhelm von Grumbach und
seine Händel" von I. Boigt und "Graf Karl Friedrich Reinhardt"
von Guhrauer sind davon auszunehmen, weil rein historisch-biogra¬
phisch gehalten. Dagegen ist Koloss's "Schloß und Schule von Fon-
tainebleau" als Beitrag zur Geschichte der Renaissance in Frankreich
für jeden Kunstgebildeten von Wichtigkeit. Denn strotzt auch unsere
Literatur von Büchern und Artikeln über italienische, deutsche und
niederländische Kunstgeschichte, so blieb doch die Geschichte der franzö-
sis.den Kunst immer nur höchst ungenügend bearbeitet, und vor die
Zeit Franz' l. führt sie nirgends zurück. Die französische Literatur
selbst hat jene früheren Entwickelungsepochen vernachlässigt, keine be¬
deutenden Namen tauchen daraus empor. Freilich stand auch alle
Kunst vor Franz s. nur im Dienste einer dunkelbigotten Kirche und
einer ungebildeten Elerisei und erst das 15. und 16. Jahrhundert
gab ihr eine weltlichere Färbung, allseitigere Anwendung. Mit
diesen Gedanken einleitend geht Koloss zu den Bauwerken Fon-
tainebleau's über. Hauptaufgabe war ihm dabei die historische Fest¬
stellung aller jener Einzelbauten, aus denen sich die Gebäudemassen
des Schlosses vom 13. bis zum 18. Jahrhundert nach und nach zusam¬
mensetzten. Eine gleichgestaltete historische Entwickelung wird auch den
Sculpcuren und Malereien zu Theil. Und das Resultat? "So bildet die
französische Schule gleichsam einen bloßen Anhang zu der italienischen.
Seit dreihundert Jahren kennt die Malerei in Frankreich keine ein-"
dere Herrin und Leiterin, als die Mode, deren Despotismus in der
französischen Schule arg gewüthet hat und darin noch jetzt großes
Unheil anrichtet." -- "Die Geschichte der Law'schen Finanzoperationen
wahrend der Minderjährigkeit Ludwig XV. in Frankreich" von A
Kurtzel gibt das sinancielle System Law's Preis und sunt den per
fortleben Charakter dieses Mannes zu retten. Die beigefügten Noel-


eingeführt werden, theilncchmen, zeigte recht, welche eigenthümliche
Frische und Lebendigkeit den Jüngeren der Kunst inne wohnt und
wie sie darin fast alle übrigen Stände übertreffen, sie verstehen es mit ge--
ringen pecuniairen Mitteln ihren Festen eine Origininalität und da¬
durch eine Anziehung zu geben wie man sie bei so vielen anderen
oft sonst weit prächtigeren, schmerzlich vermißt.


VI.
Neue historische Taschenbücher.

Das „Historische Taschenbuch" von Friedrich von Raumer für
1846, der siebente Jahrgang seiner neuen Folge, bringt unter seinen
Beiträgen eine Mehrzahl solcher Aufsätze, welche auch demjenigen,
welcher nicht Historiker von Fach ist, das größte Interesse gewähren.
Nur die beiden eisten Artikel, nämlich „Wilhelm von Grumbach und
seine Händel" von I. Boigt und „Graf Karl Friedrich Reinhardt"
von Guhrauer sind davon auszunehmen, weil rein historisch-biogra¬
phisch gehalten. Dagegen ist Koloss's „Schloß und Schule von Fon-
tainebleau" als Beitrag zur Geschichte der Renaissance in Frankreich
für jeden Kunstgebildeten von Wichtigkeit. Denn strotzt auch unsere
Literatur von Büchern und Artikeln über italienische, deutsche und
niederländische Kunstgeschichte, so blieb doch die Geschichte der franzö-
sis.den Kunst immer nur höchst ungenügend bearbeitet, und vor die
Zeit Franz' l. führt sie nirgends zurück. Die französische Literatur
selbst hat jene früheren Entwickelungsepochen vernachlässigt, keine be¬
deutenden Namen tauchen daraus empor. Freilich stand auch alle
Kunst vor Franz s. nur im Dienste einer dunkelbigotten Kirche und
einer ungebildeten Elerisei und erst das 15. und 16. Jahrhundert
gab ihr eine weltlichere Färbung, allseitigere Anwendung. Mit
diesen Gedanken einleitend geht Koloss zu den Bauwerken Fon-
tainebleau's über. Hauptaufgabe war ihm dabei die historische Fest¬
stellung aller jener Einzelbauten, aus denen sich die Gebäudemassen
des Schlosses vom 13. bis zum 18. Jahrhundert nach und nach zusam¬
mensetzten. Eine gleichgestaltete historische Entwickelung wird auch den
Sculpcuren und Malereien zu Theil. Und das Resultat? „So bildet die
französische Schule gleichsam einen bloßen Anhang zu der italienischen.
Seit dreihundert Jahren kennt die Malerei in Frankreich keine ein-«
dere Herrin und Leiterin, als die Mode, deren Despotismus in der
französischen Schule arg gewüthet hat und darin noch jetzt großes
Unheil anrichtet." — „Die Geschichte der Law'schen Finanzoperationen
wahrend der Minderjährigkeit Ludwig XV. in Frankreich" von A
Kurtzel gibt das sinancielle System Law's Preis und sunt den per
fortleben Charakter dieses Mannes zu retten. Die beigefügten Noel-


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[0477] eingeführt werden, theilncchmen, zeigte recht, welche eigenthümliche Frische und Lebendigkeit den Jüngeren der Kunst inne wohnt und wie sie darin fast alle übrigen Stände übertreffen, sie verstehen es mit ge-- ringen pecuniairen Mitteln ihren Festen eine Origininalität und da¬ durch eine Anziehung zu geben wie man sie bei so vielen anderen oft sonst weit prächtigeren, schmerzlich vermißt. VI. Neue historische Taschenbücher. Das „Historische Taschenbuch" von Friedrich von Raumer für 1846, der siebente Jahrgang seiner neuen Folge, bringt unter seinen Beiträgen eine Mehrzahl solcher Aufsätze, welche auch demjenigen, welcher nicht Historiker von Fach ist, das größte Interesse gewähren. Nur die beiden eisten Artikel, nämlich „Wilhelm von Grumbach und seine Händel" von I. Boigt und „Graf Karl Friedrich Reinhardt" von Guhrauer sind davon auszunehmen, weil rein historisch-biogra¬ phisch gehalten. Dagegen ist Koloss's „Schloß und Schule von Fon- tainebleau" als Beitrag zur Geschichte der Renaissance in Frankreich für jeden Kunstgebildeten von Wichtigkeit. Denn strotzt auch unsere Literatur von Büchern und Artikeln über italienische, deutsche und niederländische Kunstgeschichte, so blieb doch die Geschichte der franzö- sis.den Kunst immer nur höchst ungenügend bearbeitet, und vor die Zeit Franz' l. führt sie nirgends zurück. Die französische Literatur selbst hat jene früheren Entwickelungsepochen vernachlässigt, keine be¬ deutenden Namen tauchen daraus empor. Freilich stand auch alle Kunst vor Franz s. nur im Dienste einer dunkelbigotten Kirche und einer ungebildeten Elerisei und erst das 15. und 16. Jahrhundert gab ihr eine weltlichere Färbung, allseitigere Anwendung. Mit diesen Gedanken einleitend geht Koloss zu den Bauwerken Fon- tainebleau's über. Hauptaufgabe war ihm dabei die historische Fest¬ stellung aller jener Einzelbauten, aus denen sich die Gebäudemassen des Schlosses vom 13. bis zum 18. Jahrhundert nach und nach zusam¬ mensetzten. Eine gleichgestaltete historische Entwickelung wird auch den Sculpcuren und Malereien zu Theil. Und das Resultat? „So bildet die französische Schule gleichsam einen bloßen Anhang zu der italienischen. Seit dreihundert Jahren kennt die Malerei in Frankreich keine ein-« dere Herrin und Leiterin, als die Mode, deren Despotismus in der französischen Schule arg gewüthet hat und darin noch jetzt großes Unheil anrichtet." — „Die Geschichte der Law'schen Finanzoperationen wahrend der Minderjährigkeit Ludwig XV. in Frankreich" von A Kurtzel gibt das sinancielle System Law's Preis und sunt den per fortleben Charakter dieses Mannes zu retten. Die beigefügten Noel-

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Zitationshilfe: Die Grenzboten. Jg. 4, 1845, II. Semester. II. Band, S. . In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/grenzboten_341548_271260/477>, abgerufen am 05.02.2025.