Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Die Grenzboten. Jg. 4, 1845, II. Semester. II. Band.

Bild:
<< vorherige Seite

der Italiener schmeichelt, um nur aus der Halbinsel einen populären
Ruf zu erlangen, was ihm trotzdem nicht recht gelingen will, weil
die ängstlichen Verschleierungen der traurigen Wahrheit in den öffent¬
lichen Zuständen Italiens nicht den Beifall der aufgeklärten Partei
finden können, welche nicht besser scheinen mag, als sie ist, und eben
Alles nur von der unumwundenen Darlegung der Volkswunden er¬
wartet. Einstimmig ist das dem Verfahren des Königs von Neapel
in Betreff des Congresses gespendete Lob.

Dem verstorbenen Hofcath und Custos der Hofbibliothek Kopitar
hat ein Kreis vertrauter Freunde auf dem Kirchhofe zu Se. Marx
ein Denkmal setzen lassen, das zwar nichts weniger als prächtig ist,
da es nur 3->et si. kostete, aber seinen Zweck als ein von der Hand
der Freundschaft gestifteter Grabstein vollkommen erfüllt. Die beiden
Bischöfe von Laibach und Triest, Fürst Milofch und der Chef der
k. k. Hofbibliothek, Graf Dietrichstein, haben sich bei der Unterzeich¬
nung betheiligt. Der Hofbaurath Sprenger besorgte die Anfertigung
des Steines nach einem von ihm selbst nach antiken Mustern ge¬
zeichneten Entwurf. -- Bei dieser Gelegenheit will ich auch eines
kaiserlichen Geschenkes an die aufkeimende Bibliothek zu Athen er¬
wähnen; Se. Majestät hat nämlich befohlen, daß alle Dubletten der
k. k. Hofbibliothekcn durch die österr. Gesandtschaft am griechischen
Hofe an die besagte Bücherei abgeliefert werden sollen. -- Won Seite
des Königs von Griechenland ist einem unserer ausgezeichnetsten Mu¬
siker, dem k. k. Bicehofkapellmcister Eduard Preyer, nebst Uebersen¬
dung einer großen goldenen Medaille auch der Orden des heiligen Er¬
lösers verliehen worden. Preyer hat nemlich mit Benutzung altgrie-
chischer Kirchenmelodien neue liturgische Gesänge für den Gottesdienst
der griechischen Kirche geschrieben und nachdem einige derselben auf
Veranstaltung des k. k. österr. Gesandten am Hofe zu Athen, Ritter
von Pcokesch, in der dortigen Hofkirche zur Aufführung gebracht wor¬
den, erfolgte die erwähnte Auszeichnung, welche bei dem Umstände,
daß außer Donizetti und Nikolai kein hiesiger Tondichter eine Deko¬
ration besitzt, ein gewaltiges Auffehen und gelben Neid in der Kunst¬
welt erweckt.


2.

steigende Noth und Abhülfmittel. -- Etwas von der Börse. -- Der Bank¬
diebstahl. -- Hofrath von Kraus. -- Brieftaxe. -- Handelsstellung zum
Orient. Statistische Veröffentlichungen- -- Raubende Husaren. -- Die
Herzogin von Lothringen-Guise.

Die steigenden Preise der Lebensmittel wirken bereits aus den
allgemeinen Zustand zurück und es kann leicht noch schlimmer werden,
wenn die Kälte des Winters eintritt und die Erwerbsquellen stocken.
Schon hat sich das Gewicht eines Laib Brodes um fünf Loth ver-


der Italiener schmeichelt, um nur aus der Halbinsel einen populären
Ruf zu erlangen, was ihm trotzdem nicht recht gelingen will, weil
die ängstlichen Verschleierungen der traurigen Wahrheit in den öffent¬
lichen Zuständen Italiens nicht den Beifall der aufgeklärten Partei
finden können, welche nicht besser scheinen mag, als sie ist, und eben
Alles nur von der unumwundenen Darlegung der Volkswunden er¬
wartet. Einstimmig ist das dem Verfahren des Königs von Neapel
in Betreff des Congresses gespendete Lob.

Dem verstorbenen Hofcath und Custos der Hofbibliothek Kopitar
hat ein Kreis vertrauter Freunde auf dem Kirchhofe zu Se. Marx
ein Denkmal setzen lassen, das zwar nichts weniger als prächtig ist,
da es nur 3->et si. kostete, aber seinen Zweck als ein von der Hand
der Freundschaft gestifteter Grabstein vollkommen erfüllt. Die beiden
Bischöfe von Laibach und Triest, Fürst Milofch und der Chef der
k. k. Hofbibliothek, Graf Dietrichstein, haben sich bei der Unterzeich¬
nung betheiligt. Der Hofbaurath Sprenger besorgte die Anfertigung
des Steines nach einem von ihm selbst nach antiken Mustern ge¬
zeichneten Entwurf. — Bei dieser Gelegenheit will ich auch eines
kaiserlichen Geschenkes an die aufkeimende Bibliothek zu Athen er¬
wähnen; Se. Majestät hat nämlich befohlen, daß alle Dubletten der
k. k. Hofbibliothekcn durch die österr. Gesandtschaft am griechischen
Hofe an die besagte Bücherei abgeliefert werden sollen. — Won Seite
des Königs von Griechenland ist einem unserer ausgezeichnetsten Mu¬
siker, dem k. k. Bicehofkapellmcister Eduard Preyer, nebst Uebersen¬
dung einer großen goldenen Medaille auch der Orden des heiligen Er¬
lösers verliehen worden. Preyer hat nemlich mit Benutzung altgrie-
chischer Kirchenmelodien neue liturgische Gesänge für den Gottesdienst
der griechischen Kirche geschrieben und nachdem einige derselben auf
Veranstaltung des k. k. österr. Gesandten am Hofe zu Athen, Ritter
von Pcokesch, in der dortigen Hofkirche zur Aufführung gebracht wor¬
den, erfolgte die erwähnte Auszeichnung, welche bei dem Umstände,
daß außer Donizetti und Nikolai kein hiesiger Tondichter eine Deko¬
ration besitzt, ein gewaltiges Auffehen und gelben Neid in der Kunst¬
welt erweckt.


2.

steigende Noth und Abhülfmittel. — Etwas von der Börse. — Der Bank¬
diebstahl. — Hofrath von Kraus. — Brieftaxe. — Handelsstellung zum
Orient. Statistische Veröffentlichungen- — Raubende Husaren. — Die
Herzogin von Lothringen-Guise.

Die steigenden Preise der Lebensmittel wirken bereits aus den
allgemeinen Zustand zurück und es kann leicht noch schlimmer werden,
wenn die Kälte des Winters eintritt und die Erwerbsquellen stocken.
Schon hat sich das Gewicht eines Laib Brodes um fünf Loth ver-


<TEI>
  <text>
    <body>
      <div>
        <div n="1">
          <div n="2">
            <div n="3">
              <pb facs="#f0280" corresp="http://brema.suub.uni-bremen.de/grenzboten/periodical/pageview/271541"/>
              <p xml:id="ID_799" prev="#ID_798"> der Italiener schmeichelt, um nur aus der Halbinsel einen populären<lb/>
Ruf zu erlangen, was ihm trotzdem nicht recht gelingen will, weil<lb/>
die ängstlichen Verschleierungen der traurigen Wahrheit in den öffent¬<lb/>
lichen Zuständen Italiens nicht den Beifall der aufgeklärten Partei<lb/>
finden können, welche nicht besser scheinen mag, als sie ist, und eben<lb/>
Alles nur von der unumwundenen Darlegung der Volkswunden er¬<lb/>
wartet. Einstimmig ist das dem Verfahren des Königs von Neapel<lb/>
in Betreff des Congresses gespendete Lob.</p><lb/>
              <p xml:id="ID_800"> Dem verstorbenen Hofcath und Custos der Hofbibliothek Kopitar<lb/>
hat ein Kreis vertrauter Freunde auf dem Kirchhofe zu Se. Marx<lb/>
ein Denkmal setzen lassen, das zwar nichts weniger als prächtig ist,<lb/>
da es nur 3-&gt;et si. kostete, aber seinen Zweck als ein von der Hand<lb/>
der Freundschaft gestifteter Grabstein vollkommen erfüllt. Die beiden<lb/>
Bischöfe von Laibach und Triest, Fürst Milofch und der Chef der<lb/>
k. k. Hofbibliothek, Graf Dietrichstein, haben sich bei der Unterzeich¬<lb/>
nung betheiligt. Der Hofbaurath Sprenger besorgte die Anfertigung<lb/>
des Steines nach einem von ihm selbst nach antiken Mustern ge¬<lb/>
zeichneten Entwurf. &#x2014; Bei dieser Gelegenheit will ich auch eines<lb/>
kaiserlichen Geschenkes an die aufkeimende Bibliothek zu Athen er¬<lb/>
wähnen; Se. Majestät hat nämlich befohlen, daß alle Dubletten der<lb/>
k. k. Hofbibliothekcn durch die österr. Gesandtschaft am griechischen<lb/>
Hofe an die besagte Bücherei abgeliefert werden sollen. &#x2014; Won Seite<lb/>
des Königs von Griechenland ist einem unserer ausgezeichnetsten Mu¬<lb/>
siker, dem k. k. Bicehofkapellmcister Eduard Preyer, nebst Uebersen¬<lb/>
dung einer großen goldenen Medaille auch der Orden des heiligen Er¬<lb/>
lösers verliehen worden. Preyer hat nemlich mit Benutzung altgrie-<lb/>
chischer Kirchenmelodien neue liturgische Gesänge für den Gottesdienst<lb/>
der griechischen Kirche geschrieben und nachdem einige derselben auf<lb/>
Veranstaltung des k. k. österr. Gesandten am Hofe zu Athen, Ritter<lb/>
von Pcokesch, in der dortigen Hofkirche zur Aufführung gebracht wor¬<lb/>
den, erfolgte die erwähnte Auszeichnung, welche bei dem Umstände,<lb/>
daß außer Donizetti und Nikolai kein hiesiger Tondichter eine Deko¬<lb/>
ration besitzt, ein gewaltiges Auffehen und gelben Neid in der Kunst¬<lb/>
welt erweckt.</p><lb/>
            </div>
            <div n="3">
              <head> 2.</head><lb/>
              <note type="argument"> steigende Noth und Abhülfmittel. &#x2014; Etwas von der Börse. &#x2014; Der Bank¬<lb/>
diebstahl. &#x2014; Hofrath von Kraus. &#x2014; Brieftaxe. &#x2014; Handelsstellung zum<lb/>
Orient.   Statistische Veröffentlichungen- &#x2014; Raubende Husaren. &#x2014; Die<lb/>
Herzogin von Lothringen-Guise.</note><lb/>
              <p xml:id="ID_801" next="#ID_802"> Die steigenden Preise der Lebensmittel wirken bereits aus den<lb/>
allgemeinen Zustand zurück und es kann leicht noch schlimmer werden,<lb/>
wenn die Kälte des Winters eintritt und die Erwerbsquellen stocken.<lb/>
Schon hat sich das Gewicht eines Laib Brodes um fünf Loth ver-</p><lb/>
            </div>
          </div>
        </div>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[0280] der Italiener schmeichelt, um nur aus der Halbinsel einen populären Ruf zu erlangen, was ihm trotzdem nicht recht gelingen will, weil die ängstlichen Verschleierungen der traurigen Wahrheit in den öffent¬ lichen Zuständen Italiens nicht den Beifall der aufgeklärten Partei finden können, welche nicht besser scheinen mag, als sie ist, und eben Alles nur von der unumwundenen Darlegung der Volkswunden er¬ wartet. Einstimmig ist das dem Verfahren des Königs von Neapel in Betreff des Congresses gespendete Lob. Dem verstorbenen Hofcath und Custos der Hofbibliothek Kopitar hat ein Kreis vertrauter Freunde auf dem Kirchhofe zu Se. Marx ein Denkmal setzen lassen, das zwar nichts weniger als prächtig ist, da es nur 3->et si. kostete, aber seinen Zweck als ein von der Hand der Freundschaft gestifteter Grabstein vollkommen erfüllt. Die beiden Bischöfe von Laibach und Triest, Fürst Milofch und der Chef der k. k. Hofbibliothek, Graf Dietrichstein, haben sich bei der Unterzeich¬ nung betheiligt. Der Hofbaurath Sprenger besorgte die Anfertigung des Steines nach einem von ihm selbst nach antiken Mustern ge¬ zeichneten Entwurf. — Bei dieser Gelegenheit will ich auch eines kaiserlichen Geschenkes an die aufkeimende Bibliothek zu Athen er¬ wähnen; Se. Majestät hat nämlich befohlen, daß alle Dubletten der k. k. Hofbibliothekcn durch die österr. Gesandtschaft am griechischen Hofe an die besagte Bücherei abgeliefert werden sollen. — Won Seite des Königs von Griechenland ist einem unserer ausgezeichnetsten Mu¬ siker, dem k. k. Bicehofkapellmcister Eduard Preyer, nebst Uebersen¬ dung einer großen goldenen Medaille auch der Orden des heiligen Er¬ lösers verliehen worden. Preyer hat nemlich mit Benutzung altgrie- chischer Kirchenmelodien neue liturgische Gesänge für den Gottesdienst der griechischen Kirche geschrieben und nachdem einige derselben auf Veranstaltung des k. k. österr. Gesandten am Hofe zu Athen, Ritter von Pcokesch, in der dortigen Hofkirche zur Aufführung gebracht wor¬ den, erfolgte die erwähnte Auszeichnung, welche bei dem Umstände, daß außer Donizetti und Nikolai kein hiesiger Tondichter eine Deko¬ ration besitzt, ein gewaltiges Auffehen und gelben Neid in der Kunst¬ welt erweckt. 2. steigende Noth und Abhülfmittel. — Etwas von der Börse. — Der Bank¬ diebstahl. — Hofrath von Kraus. — Brieftaxe. — Handelsstellung zum Orient. Statistische Veröffentlichungen- — Raubende Husaren. — Die Herzogin von Lothringen-Guise. Die steigenden Preise der Lebensmittel wirken bereits aus den allgemeinen Zustand zurück und es kann leicht noch schlimmer werden, wenn die Kälte des Winters eintritt und die Erwerbsquellen stocken. Schon hat sich das Gewicht eines Laib Brodes um fünf Loth ver-

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde im Rahmen des Moduls DTA-Erweiterungen (DTAE) digitalisiert. Weitere Informationen …

Staats- und Universitätsbibliothek (SuUB) Bremen: Bereitstellung der Texttranskription.
Kay-Michael Würzner: Bearbeitung der digitalen Edition.

Weitere Informationen:

Verfahren der Texterfassung: OCR mit Nachkorrektur.

Bogensignaturen: gekennzeichnet;Druckfehler: ignoriert;fremdsprachliches Material: nicht gekennzeichnet;Geminations-/Abkürzungsstriche: wie Vorlage;Hervorhebungen (Antiqua, Sperrschrift, Kursive etc.): nicht ausgezeichnet;i/j in Fraktur: wie Vorlage;I/J in Fraktur: wie Vorlage;Kolumnentitel: gekennzeichnet;Kustoden: gekennzeichnet;langes s (ſ): als s transkribiert;Normalisierungen: stillschweigend;rundes r (&#xa75b;): als r/et transkribiert;Seitenumbrüche markiert: ja;Silbentrennung: wie Vorlage;u/v bzw. U/V: wie Vorlage;Vokale mit übergest. e: als ä/ö/ü transkribiert;Vollständigkeit: vollständig erfasst;Zeichensetzung: wie Vorlage;Zeilenumbrüche markiert: ja;

Nachkorrektur erfolgte automatisch.




Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/grenzboten_341548_271260
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/grenzboten_341548_271260/280
Zitationshilfe: Die Grenzboten. Jg. 4, 1845, II. Semester. II. Band, S. . In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/grenzboten_341548_271260/280>, abgerufen am 05.02.2025.