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Die Grenzboten. Jg. 4, 1845, II. Semester. II. Band.

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Beziehungen, was seine hiesigen Verpflichtungen anging, als ein
ganzer Ehrenmann bewahrt, und so etwas rechnen die Cölner einem
Schauspieldirektor besonders hoch an. Tritt wirklich eine freie, Con-
currenz ein, so hat Herr Ringelhardt die gewissesten Aussichten, denn
es ist hier gar Vieles anders geworden, als es am Anfange der drei¬
ßiger Jahre war. -- An musikalischer Unterhaltung wird es uns die¬
sen Winter nicht gebrechen, denn die Concert-Gesellschaft unter Lei¬
tung des städtischen Kapellmeisters Dorn giebt Conzerte und hat so¬
gar einen eignen Tenoristen Koch für dieselben engagirt, und der hie¬
sige Männer-Gesang-Verein wird auch eine Reihe von Concerten zu
wohlthätigen Zwecken veranstalten. An Kunstgenüssen sonstiger Art
fehlt es auch nicht, denn die Sammlung von Gemälden alter Meister des
Gcmäldehändlers Marega hat einzelnes sehr Schönes, unter andern
einen gefesselten Prometheus von Rubens, den man zu den Perlen
seiner Schöpfungen zahlen kann. Die Sammlung soll von hier nach
Berlin gehen. Ein großes Rundgemaloe der Stadt Cöln, aufgenom¬
men und gemalt von dem Landschafter Lasinskv d. a., wird, da es
etwas Neues und im landschaftlichen Theile Gelungenes ist, im An¬
fange auch recht zahlreichen Besuch haben, wenn sich der Cölner auch
bald an seinem Cöln wird satt gesehen haben.


IV.
Der 18. October in Frankfurt am Main.

Der 13. October ist für Frankfurt nicht blos ein Fest der Erin-
nerung an Kie Schlacht bei Leipzig, sondern zunächst und vornehmlich
eine Freudenfeier für die Wiederherstellung der von Napoleon aufge¬
hobenen republikanischen Verfassung. Der Schlacht bei Leipzig wurde
natürlich auch gedacht bei dieser Feier, da sie Deutschlands Unabhän¬
gigkeit begründete, und das Fest selbst, von alter Zeit her, einen mi¬
litärischen Anstrich behalten hatte. Das öffentliche Programm, wel¬
ches jedoch von der Stadt-Canzlei ausgehend an alle Bürger vertheilt
wurde, erwähnte nur der Wiederherstellung der Verfassung, und so
mag man denn mit Recht bei der Feier des 18. October in Frank¬
furt an ein eigentliches Constitutionssest denken. Wenn dieser Cha¬
rakter in frühern Jahren noch einigermaßen schwankend war, so läßt
sich nicht in Abrede stellen, daß die Theilnahme des Volks, wie sie
sich diesmal offenbarte, ihm dieses Siegel unwiderruflich aufdrückte.

Sonst wenn die Kanonen vom Geläute aller Glocken begleitet
am Vorabende erdröhnten, so wandelte man hinaus an das Ufer des
Maines, man fühlte sich erregt von dem festlichen Gepränge, aber
kein anderes Gefühl beseelte die Menge als die Heiterkeit, die sich bei


Beziehungen, was seine hiesigen Verpflichtungen anging, als ein
ganzer Ehrenmann bewahrt, und so etwas rechnen die Cölner einem
Schauspieldirektor besonders hoch an. Tritt wirklich eine freie, Con-
currenz ein, so hat Herr Ringelhardt die gewissesten Aussichten, denn
es ist hier gar Vieles anders geworden, als es am Anfange der drei¬
ßiger Jahre war. — An musikalischer Unterhaltung wird es uns die¬
sen Winter nicht gebrechen, denn die Concert-Gesellschaft unter Lei¬
tung des städtischen Kapellmeisters Dorn giebt Conzerte und hat so¬
gar einen eignen Tenoristen Koch für dieselben engagirt, und der hie¬
sige Männer-Gesang-Verein wird auch eine Reihe von Concerten zu
wohlthätigen Zwecken veranstalten. An Kunstgenüssen sonstiger Art
fehlt es auch nicht, denn die Sammlung von Gemälden alter Meister des
Gcmäldehändlers Marega hat einzelnes sehr Schönes, unter andern
einen gefesselten Prometheus von Rubens, den man zu den Perlen
seiner Schöpfungen zahlen kann. Die Sammlung soll von hier nach
Berlin gehen. Ein großes Rundgemaloe der Stadt Cöln, aufgenom¬
men und gemalt von dem Landschafter Lasinskv d. a., wird, da es
etwas Neues und im landschaftlichen Theile Gelungenes ist, im An¬
fange auch recht zahlreichen Besuch haben, wenn sich der Cölner auch
bald an seinem Cöln wird satt gesehen haben.


IV.
Der 18. October in Frankfurt am Main.

Der 13. October ist für Frankfurt nicht blos ein Fest der Erin-
nerung an Kie Schlacht bei Leipzig, sondern zunächst und vornehmlich
eine Freudenfeier für die Wiederherstellung der von Napoleon aufge¬
hobenen republikanischen Verfassung. Der Schlacht bei Leipzig wurde
natürlich auch gedacht bei dieser Feier, da sie Deutschlands Unabhän¬
gigkeit begründete, und das Fest selbst, von alter Zeit her, einen mi¬
litärischen Anstrich behalten hatte. Das öffentliche Programm, wel¬
ches jedoch von der Stadt-Canzlei ausgehend an alle Bürger vertheilt
wurde, erwähnte nur der Wiederherstellung der Verfassung, und so
mag man denn mit Recht bei der Feier des 18. October in Frank¬
furt an ein eigentliches Constitutionssest denken. Wenn dieser Cha¬
rakter in frühern Jahren noch einigermaßen schwankend war, so läßt
sich nicht in Abrede stellen, daß die Theilnahme des Volks, wie sie
sich diesmal offenbarte, ihm dieses Siegel unwiderruflich aufdrückte.

Sonst wenn die Kanonen vom Geläute aller Glocken begleitet
am Vorabende erdröhnten, so wandelte man hinaus an das Ufer des
Maines, man fühlte sich erregt von dem festlichen Gepränge, aber
kein anderes Gefühl beseelte die Menge als die Heiterkeit, die sich bei


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Zitationshilfe: Die Grenzboten. Jg. 4, 1845, II. Semester. II. Band, S. . In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/grenzboten_341548_271260/240>, abgerufen am 05.02.2025.