Die Grenzboten. Jg. 4, 1845, II. Semester. II. Band.5) Zu Anfang deS tridentinischen Concils wurde dies Colleg V. Am Abend, an dem mich die Leser vor dem brettcrverschlagenen Pater Landes ließ mich mit größter Geduld eine Stunde lang "Du lieber Gott, was sind Sie für ein rascher Mensch! Sie wähnten Eid nicht zu leisten. Eine namentliche Auf'ührung sämmtlicher von
1814 bis 1841 eingetretener Zöglinge finden die Leser in dem schon mehrmals citirten Werke. Das Verzeichnis- hat aber den Fehler, daß es den Tag der Ankunft in Rom als definitiven Eintritt annimmt, was doch erst sechs Mo¬ nate später geschehen kann. Aus diese Art führt es auch die Namen derjenigen als wirkliche Mitglieder der Anstalt an, welche gleich nanu Kenntnißnahme der Statuten und Hausordnung sich wieder zurückzogen. Diese Ehre erweist es auch mir, und es ergötzte mich herzlich, als ich dadurch zu gleicher Zeit in Leipzig als Jesuit angekündigt und in der Augsburger Postzeitung von einem Günstling der Anstalt wegen Darstellung meiner mordlustigen "Prätendenten" auf dem Hoftheater zu München in christlicher Huld und Liebe katechisirt wurde. 5) Zu Anfang deS tridentinischen Concils wurde dies Colleg V. Am Abend, an dem mich die Leser vor dem brettcrverschlagenen Pater Landes ließ mich mit größter Geduld eine Stunde lang „Du lieber Gott, was sind Sie für ein rascher Mensch! Sie wähnten Eid nicht zu leisten. Eine namentliche Auf'ührung sämmtlicher von
1814 bis 1841 eingetretener Zöglinge finden die Leser in dem schon mehrmals citirten Werke. Das Verzeichnis- hat aber den Fehler, daß es den Tag der Ankunft in Rom als definitiven Eintritt annimmt, was doch erst sechs Mo¬ nate später geschehen kann. Aus diese Art führt es auch die Namen derjenigen als wirkliche Mitglieder der Anstalt an, welche gleich nanu Kenntnißnahme der Statuten und Hausordnung sich wieder zurückzogen. Diese Ehre erweist es auch mir, und es ergötzte mich herzlich, als ich dadurch zu gleicher Zeit in Leipzig als Jesuit angekündigt und in der Augsburger Postzeitung von einem Günstling der Anstalt wegen Darstellung meiner mordlustigen „Prätendenten" auf dem Hoftheater zu München in christlicher Huld und Liebe katechisirt wurde. <TEI> <text> <body> <div> <div n="1"> <div n="2"> <div n="3"> <pb facs="#f0208" corresp="http://brema.suub.uni-bremen.de/grenzboten/periodical/pageview/271469"/> <p xml:id="ID_561"> 5) Zu Anfang deS tridentinischen Concils wurde dies Colleg<lb/> zum Musterbild aller bischöflichen Priesterseminare erhoben — eine<lb/> Auszeichnung, welche die Vorstände desselben später nicht spurlos<lb/> vorübergehen ließen. Alle Zöglinge sind noch heut zu Tage ver¬<lb/> pflichtet, ihren Einfluß auf deutsche Priesteranstalten nach Kräften<lb/> geltend zu machen.</p><lb/> </div> <div n="3"> <head> V.</head><lb/> <p xml:id="ID_562"> Am Abend, an dem mich die Leser vor dem brettcrverschlagenen<lb/> Fenster sahen, waren mir die in Ur. 2. mitgetheilten Documente<lb/> noch fremd. Dessenungeachtet stand ich schon am nächsten, frühesten<lb/> Morgen in der Halle des Rectors, willens, ihn um ein offenes Wort<lb/> zu bitten und ihm zu bekennen, was mich diese Nacht bewegte.</p><lb/> <p xml:id="ID_563"> Pater Landes ließ mich mit größter Geduld eine Stunde lang<lb/> erzählen und klagen. Ich warf dabei Philologie und andere Anti¬<lb/> quitäten, Citate aus der Abendunterhaltung und Bruchstücke aus<lb/> meinem bekannten Register sammt anderem preciösem Zeug in so<lb/> bunter Unordnung durch einander, daß meine tragicomische Klage<lb/> selbst das weichherzigste Publikum recht heiter gestimmt haben müßte.<lb/> AIS ich meine treffliche Rede, an der ich die ganze Nacht studirt,<lb/> beendet hatte, ergriff der Rector freundlich meine Hand und begann<lb/> in einnehmenden Mentortone ungefähr folgende Entgegnung:</p><lb/> <p xml:id="ID_564" next="#ID_565"> „Du lieber Gott, was sind Sie für ein rascher Mensch! Sie<lb/> brechen ja die ganze Welt in einem Augenblick über's Knie zusam¬<lb/> men, als ob sie nur ein zarter Birkenstrauch wäre. Sehen Sie uns<lb/> nur erst recht an! Wir sind ganz zahme Lämmlein, die nur aus<lb/> christlicher Liebe die verirrten Schaafe wieder zurückführen wollen in<lb/> den Schaafstall der Auöenvählteii. Wir bekehren nicht mit Feuer</p><lb/> <note xml:id="FID_33" prev="#FID_32" place="foot"> wähnten Eid nicht zu leisten. Eine namentliche Auf'ührung sämmtlicher von<lb/> 1814 bis 1841 eingetretener Zöglinge finden die Leser in dem schon mehrmals<lb/> citirten Werke. Das Verzeichnis- hat aber den Fehler, daß es den Tag der<lb/> Ankunft in Rom als definitiven Eintritt annimmt, was doch erst sechs Mo¬<lb/> nate später geschehen kann. Aus diese Art führt es auch die Namen derjenigen<lb/> als wirkliche Mitglieder der Anstalt an, welche gleich nanu Kenntnißnahme der<lb/> Statuten und Hausordnung sich wieder zurückzogen. Diese Ehre erweist es<lb/> auch mir, und es ergötzte mich herzlich, als ich dadurch zu gleicher Zeit in<lb/> Leipzig als Jesuit angekündigt und in der Augsburger Postzeitung von einem<lb/> Günstling der Anstalt wegen Darstellung meiner mordlustigen „Prätendenten"<lb/> auf dem Hoftheater zu München in christlicher Huld und Liebe katechisirt<lb/> wurde.</note><lb/> </div> </div> </div> </div> </body> </text> </TEI> [0208]
5) Zu Anfang deS tridentinischen Concils wurde dies Colleg
zum Musterbild aller bischöflichen Priesterseminare erhoben — eine
Auszeichnung, welche die Vorstände desselben später nicht spurlos
vorübergehen ließen. Alle Zöglinge sind noch heut zu Tage ver¬
pflichtet, ihren Einfluß auf deutsche Priesteranstalten nach Kräften
geltend zu machen.
V.
Am Abend, an dem mich die Leser vor dem brettcrverschlagenen
Fenster sahen, waren mir die in Ur. 2. mitgetheilten Documente
noch fremd. Dessenungeachtet stand ich schon am nächsten, frühesten
Morgen in der Halle des Rectors, willens, ihn um ein offenes Wort
zu bitten und ihm zu bekennen, was mich diese Nacht bewegte.
Pater Landes ließ mich mit größter Geduld eine Stunde lang
erzählen und klagen. Ich warf dabei Philologie und andere Anti¬
quitäten, Citate aus der Abendunterhaltung und Bruchstücke aus
meinem bekannten Register sammt anderem preciösem Zeug in so
bunter Unordnung durch einander, daß meine tragicomische Klage
selbst das weichherzigste Publikum recht heiter gestimmt haben müßte.
AIS ich meine treffliche Rede, an der ich die ganze Nacht studirt,
beendet hatte, ergriff der Rector freundlich meine Hand und begann
in einnehmenden Mentortone ungefähr folgende Entgegnung:
„Du lieber Gott, was sind Sie für ein rascher Mensch! Sie
brechen ja die ganze Welt in einem Augenblick über's Knie zusam¬
men, als ob sie nur ein zarter Birkenstrauch wäre. Sehen Sie uns
nur erst recht an! Wir sind ganz zahme Lämmlein, die nur aus
christlicher Liebe die verirrten Schaafe wieder zurückführen wollen in
den Schaafstall der Auöenvählteii. Wir bekehren nicht mit Feuer
wähnten Eid nicht zu leisten. Eine namentliche Auf'ührung sämmtlicher von
1814 bis 1841 eingetretener Zöglinge finden die Leser in dem schon mehrmals
citirten Werke. Das Verzeichnis- hat aber den Fehler, daß es den Tag der
Ankunft in Rom als definitiven Eintritt annimmt, was doch erst sechs Mo¬
nate später geschehen kann. Aus diese Art führt es auch die Namen derjenigen
als wirkliche Mitglieder der Anstalt an, welche gleich nanu Kenntnißnahme der
Statuten und Hausordnung sich wieder zurückzogen. Diese Ehre erweist es
auch mir, und es ergötzte mich herzlich, als ich dadurch zu gleicher Zeit in
Leipzig als Jesuit angekündigt und in der Augsburger Postzeitung von einem
Günstling der Anstalt wegen Darstellung meiner mordlustigen „Prätendenten"
auf dem Hoftheater zu München in christlicher Huld und Liebe katechisirt
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