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Die Grenzboten. Jg. 4, 1845, II. Semester. II. Band.

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Aus Pest h

Der Schutzverein. -- Aufgabe der Opposition. -- II,'. Hock's Polemik. --
Ein hoher Jubilar. -- Spielhöllen. -- Unselige Entdeckung. -- Die Kunst¬
ausstellung. -- Mangel an Kunstsinn und an Bildungsmitteln. -- Ein neuer
patriotischer Plan.

Die jüngsten Vorgänge im hiesigen politischen Leben mögen als
eine Bestätigung dessen dienen, was ich Ihnen vor einiger Zeit in
Betreff des Standpunktes schrieb, von dem man die Sache des un¬
garischen Schutzvercins auffassen muß, will man eine richtige Ansicht
von den oppositionellen Kräften erlangen, die auf allen Gebieten zum
Durchbruch drängen. Da kommen denn die Fachmänner und geben
sich die entsetzlichste Mühe, um zu beweisen, daß der Plan der Oppo¬
sition in dieser oder jener Spezialität nicht ganz vortrefflich sei und
nicht praktisch genug und nicht theoretisch tadellos, als ob dies die
Leiter der Opposition nicht selbst recht gut wüßten. Die Opposition kann
nur das Dasein der Bedürfnisse bezeichnen, nicht aber sie befriedigen,
Diese, die Befriedigung, liegt in dem Wirkungskreise der Negierung
und muß von ihr nach bester Einsicht und allen Kräften bewerkstelligt
werden. Diese Pflicht der Opposition zuwälzen ist eben so ungerecht
als beleidigend für die Gouvcrmcntalgewalt, die ja dazu vorhanden
ist, um die Gebrechen, welche von der Opposition signalisirt werden,
vorausgesetzt, daß dieselben wirklich vorhanden und nicht etwa aus
radicaler Unlust an dem gegenwärtigen Gesammtzustand der Gesell¬
schaft nur vorgeschützt sind, zu heilen. Der Schutzverein hat jeden¬
falls den Nutzen gehabt, daß er eine Menge schlummernder Kräfte
an's Tageslicht zog, die dem industriellen Fortschritt des Landes die¬
nen werden und daß er der Regierung zeigte, welche Mängel der Ver¬
waltung entstehen, so lange lediglich vom Standpunkt der österreichi¬
schen Finanzpolitik aus hauptsächlich die hochbesteuerten deutschen und


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i.
Aus Pest h

Der Schutzverein. — Aufgabe der Opposition. — II,'. Hock's Polemik. —
Ein hoher Jubilar. — Spielhöllen. — Unselige Entdeckung. — Die Kunst¬
ausstellung. — Mangel an Kunstsinn und an Bildungsmitteln. — Ein neuer
patriotischer Plan.

Die jüngsten Vorgänge im hiesigen politischen Leben mögen als
eine Bestätigung dessen dienen, was ich Ihnen vor einiger Zeit in
Betreff des Standpunktes schrieb, von dem man die Sache des un¬
garischen Schutzvercins auffassen muß, will man eine richtige Ansicht
von den oppositionellen Kräften erlangen, die auf allen Gebieten zum
Durchbruch drängen. Da kommen denn die Fachmänner und geben
sich die entsetzlichste Mühe, um zu beweisen, daß der Plan der Oppo¬
sition in dieser oder jener Spezialität nicht ganz vortrefflich sei und
nicht praktisch genug und nicht theoretisch tadellos, als ob dies die
Leiter der Opposition nicht selbst recht gut wüßten. Die Opposition kann
nur das Dasein der Bedürfnisse bezeichnen, nicht aber sie befriedigen,
Diese, die Befriedigung, liegt in dem Wirkungskreise der Negierung
und muß von ihr nach bester Einsicht und allen Kräften bewerkstelligt
werden. Diese Pflicht der Opposition zuwälzen ist eben so ungerecht
als beleidigend für die Gouvcrmcntalgewalt, die ja dazu vorhanden
ist, um die Gebrechen, welche von der Opposition signalisirt werden,
vorausgesetzt, daß dieselben wirklich vorhanden und nicht etwa aus
radicaler Unlust an dem gegenwärtigen Gesammtzustand der Gesell¬
schaft nur vorgeschützt sind, zu heilen. Der Schutzverein hat jeden¬
falls den Nutzen gehabt, daß er eine Menge schlummernder Kräfte
an's Tageslicht zog, die dem industriellen Fortschritt des Landes die¬
nen werden und daß er der Regierung zeigte, welche Mängel der Ver¬
waltung entstehen, so lange lediglich vom Standpunkt der österreichi¬
schen Finanzpolitik aus hauptsächlich die hochbesteuerten deutschen und


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[0139] T a g e b u eh. i. Aus Pest h Der Schutzverein. — Aufgabe der Opposition. — II,'. Hock's Polemik. — Ein hoher Jubilar. — Spielhöllen. — Unselige Entdeckung. — Die Kunst¬ ausstellung. — Mangel an Kunstsinn und an Bildungsmitteln. — Ein neuer patriotischer Plan. Die jüngsten Vorgänge im hiesigen politischen Leben mögen als eine Bestätigung dessen dienen, was ich Ihnen vor einiger Zeit in Betreff des Standpunktes schrieb, von dem man die Sache des un¬ garischen Schutzvercins auffassen muß, will man eine richtige Ansicht von den oppositionellen Kräften erlangen, die auf allen Gebieten zum Durchbruch drängen. Da kommen denn die Fachmänner und geben sich die entsetzlichste Mühe, um zu beweisen, daß der Plan der Oppo¬ sition in dieser oder jener Spezialität nicht ganz vortrefflich sei und nicht praktisch genug und nicht theoretisch tadellos, als ob dies die Leiter der Opposition nicht selbst recht gut wüßten. Die Opposition kann nur das Dasein der Bedürfnisse bezeichnen, nicht aber sie befriedigen, Diese, die Befriedigung, liegt in dem Wirkungskreise der Negierung und muß von ihr nach bester Einsicht und allen Kräften bewerkstelligt werden. Diese Pflicht der Opposition zuwälzen ist eben so ungerecht als beleidigend für die Gouvcrmcntalgewalt, die ja dazu vorhanden ist, um die Gebrechen, welche von der Opposition signalisirt werden, vorausgesetzt, daß dieselben wirklich vorhanden und nicht etwa aus radicaler Unlust an dem gegenwärtigen Gesammtzustand der Gesell¬ schaft nur vorgeschützt sind, zu heilen. Der Schutzverein hat jeden¬ falls den Nutzen gehabt, daß er eine Menge schlummernder Kräfte an's Tageslicht zog, die dem industriellen Fortschritt des Landes die¬ nen werden und daß er der Regierung zeigte, welche Mängel der Ver¬ waltung entstehen, so lange lediglich vom Standpunkt der österreichi¬ schen Finanzpolitik aus hauptsächlich die hochbesteuerten deutschen und 17*

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Zitationshilfe: Die Grenzboten. Jg. 4, 1845, II. Semester. II. Band, S. . In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/grenzboten_341548_271260/139>, abgerufen am 05.02.2025.