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Die Grenzboten. Jg. 4, 1845, I. Semester.

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Münchner Skizzen
B o n
Hermann Marggraff.



I.

Genauigkeit der Handbücher über München. -- Die ersten Literaten der Welt. --
Ursprung der Münchner Kunst. -- Ein Salto mortale. -- Rechtfertigung
vor dem Norddeutschen. -- Eine alte Münchner Malerschule. -- Alte Bild¬
schnitzerei und Sculptur. -- Der Dom. -- Renaissanceperiode. -- Die Zeit
unter Maximilian I. -- Ein bairisches Abdera- -- Rococoherrschafr.

München liegt, wie matt in allen Fremdeilführern nachlesen kann,
unter 29° 13' 30" söll. Länge und 48° M 20" nördl. Breite. Nach
Einigen, z. B. Allioli, ist es 1569 pariser Fuß, (320 Toisen würde
freilich gelehrter klingen), nach Andern nur 14V0 Schuh, oder um
genau zu sein, 1410 Schuh über der Fläche des mittelländischen
Meeres erhaben, mithin gehört München zu den erhabensten Städ¬
ten Europas. Der Fluß, an dem die Stadt liegt, heißt die Jsar
und hat ein unglaubliches Gefälle, welches auf 1000 Fuß beinahe
16 Zoll beträgt. Die mittlere Temperatur wird von verschiedenen
Professoren sehr verschieden angegeben. Ueber diese und viele andere,
für Reisende äußerst wichtige Dinge, z. B. über die Abweichung des
Magnets in München, kann man sich aus den "Acht Tagen in
München" und andern Fremdenführern genauer unterrichten. ES
gibt hier viele Leute, denen der Zollbetrag der Regenmenge,
welche um München fällt, interessanter ist, als ein Gemälde
von Cornelius oder Kaulbach. Den Namen der Stadt leiten Einige
von Mönch, Andere von dem lateinischen Municipium, noch Andere
von dem alten atheniensischen Hafen Munvchia ab; München hieß
nämlich im Mittelalter Munichen und es ist wahr, daß manchmal
in der Nähe des grünen Baumes oder Apollosaals auf der Jsar recht
ansehnliche Holzstöße anlanden. Wer weiß, ob man nicht in einigen
hundert Jahren, wenn diese meine Skizzen leider schon längst ver-
'


Glmzbotcu IX5!>. I. 26
Münchner Skizzen
B o n
Hermann Marggraff.



I.

Genauigkeit der Handbücher über München. — Die ersten Literaten der Welt. —
Ursprung der Münchner Kunst. — Ein Salto mortale. — Rechtfertigung
vor dem Norddeutschen. — Eine alte Münchner Malerschule. — Alte Bild¬
schnitzerei und Sculptur. — Der Dom. — Renaissanceperiode. — Die Zeit
unter Maximilian I. — Ein bairisches Abdera- — Rococoherrschafr.

München liegt, wie matt in allen Fremdeilführern nachlesen kann,
unter 29° 13' 30" söll. Länge und 48° M 20" nördl. Breite. Nach
Einigen, z. B. Allioli, ist es 1569 pariser Fuß, (320 Toisen würde
freilich gelehrter klingen), nach Andern nur 14V0 Schuh, oder um
genau zu sein, 1410 Schuh über der Fläche des mittelländischen
Meeres erhaben, mithin gehört München zu den erhabensten Städ¬
ten Europas. Der Fluß, an dem die Stadt liegt, heißt die Jsar
und hat ein unglaubliches Gefälle, welches auf 1000 Fuß beinahe
16 Zoll beträgt. Die mittlere Temperatur wird von verschiedenen
Professoren sehr verschieden angegeben. Ueber diese und viele andere,
für Reisende äußerst wichtige Dinge, z. B. über die Abweichung des
Magnets in München, kann man sich aus den „Acht Tagen in
München" und andern Fremdenführern genauer unterrichten. ES
gibt hier viele Leute, denen der Zollbetrag der Regenmenge,
welche um München fällt, interessanter ist, als ein Gemälde
von Cornelius oder Kaulbach. Den Namen der Stadt leiten Einige
von Mönch, Andere von dem lateinischen Municipium, noch Andere
von dem alten atheniensischen Hafen Munvchia ab; München hieß
nämlich im Mittelalter Munichen und es ist wahr, daß manchmal
in der Nähe des grünen Baumes oder Apollosaals auf der Jsar recht
ansehnliche Holzstöße anlanden. Wer weiß, ob man nicht in einigen
hundert Jahren, wenn diese meine Skizzen leider schon längst ver-
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[0203] Münchner Skizzen B o n Hermann Marggraff. I. Genauigkeit der Handbücher über München. — Die ersten Literaten der Welt. — Ursprung der Münchner Kunst. — Ein Salto mortale. — Rechtfertigung vor dem Norddeutschen. — Eine alte Münchner Malerschule. — Alte Bild¬ schnitzerei und Sculptur. — Der Dom. — Renaissanceperiode. — Die Zeit unter Maximilian I. — Ein bairisches Abdera- — Rococoherrschafr. München liegt, wie matt in allen Fremdeilführern nachlesen kann, unter 29° 13' 30" söll. Länge und 48° M 20" nördl. Breite. Nach Einigen, z. B. Allioli, ist es 1569 pariser Fuß, (320 Toisen würde freilich gelehrter klingen), nach Andern nur 14V0 Schuh, oder um genau zu sein, 1410 Schuh über der Fläche des mittelländischen Meeres erhaben, mithin gehört München zu den erhabensten Städ¬ ten Europas. Der Fluß, an dem die Stadt liegt, heißt die Jsar und hat ein unglaubliches Gefälle, welches auf 1000 Fuß beinahe 16 Zoll beträgt. Die mittlere Temperatur wird von verschiedenen Professoren sehr verschieden angegeben. Ueber diese und viele andere, für Reisende äußerst wichtige Dinge, z. B. über die Abweichung des Magnets in München, kann man sich aus den „Acht Tagen in München" und andern Fremdenführern genauer unterrichten. ES gibt hier viele Leute, denen der Zollbetrag der Regenmenge, welche um München fällt, interessanter ist, als ein Gemälde von Cornelius oder Kaulbach. Den Namen der Stadt leiten Einige von Mönch, Andere von dem lateinischen Municipium, noch Andere von dem alten atheniensischen Hafen Munvchia ab; München hieß nämlich im Mittelalter Munichen und es ist wahr, daß manchmal in der Nähe des grünen Baumes oder Apollosaals auf der Jsar recht ansehnliche Holzstöße anlanden. Wer weiß, ob man nicht in einigen hundert Jahren, wenn diese meine Skizzen leider schon längst ver- ' Glmzbotcu IX5!>. I. 26

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Zitationshilfe: Die Grenzboten. Jg. 4, 1845, I. Semester, S. . In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/grenzboten_341548_269416/203>, abgerufen am 22.07.2024.