Die Grenzboten. Jg. 3, 1844, II. Semester. II. Band.T a g e b u clj. i. A " S Wien. I. Materialismus. -- Geheime Andachtsübungen. -- Die Liedertafel und die Polizei. -- "Die Körbe" und die "Kronenwächter". -- Albert Nimmer. -- Kisfaludy. -- Lenau. -- Fcldmann. Jedermann, der die hiesigen Lebensweise nur oberflächlich kennt, Sie werden fragen, wohin diese Einleitung ziele? Zur Erklärung 59 "
T a g e b u clj. i. A « S Wien. I. Materialismus. — Geheime Andachtsübungen. — Die Liedertafel und die Polizei. — „Die Körbe" und die „Kronenwächter". — Albert Nimmer. — Kisfaludy. — Lenau. — Fcldmann. Jedermann, der die hiesigen Lebensweise nur oberflächlich kennt, Sie werden fragen, wohin diese Einleitung ziele? Zur Erklärung 59 »
<TEI> <text> <body> <div> <div n="1"> <div n="2"> <pb facs="#f0471" corresp="http://brema.suub.uni-bremen.de/grenzboten/periodical/pageview/181655"/> </div> </div> <div n="1"> <head> T a g e b u clj.</head><lb/> <milestone rendition="#hr" unit="section"/><lb/> <div n="2"> <head> i.<lb/> A « S Wien.</head><lb/> <div n="3"> <head> I.</head><lb/> <note type="argument"> Materialismus. — Geheime Andachtsübungen. — Die Liedertafel und die<lb/> Polizei. — „Die Körbe" und die „Kronenwächter". — Albert Nimmer. —<lb/> Kisfaludy. — Lenau. — Fcldmann.</note><lb/> <p xml:id="ID_1335"> Jedermann, der die hiesigen Lebensweise nur oberflächlich kennt,<lb/> weiß, daß die religiöse Indifferenz, gegenüber dem gröbsten Jeloten-<lb/> thum, mit jedem ^andre steigt und die katholische Färbung Wiens eben<lb/> Nichts weiter ist, als eine Färbung, ein Anstrich, wie die Oelfarben<lb/> des Schlagbaumes. Wenn anderswo die Philosophie dem Glauben<lb/> den Krieg erklärt hat, so ist es dagegen hier die feiste Wirthsgestalt<lb/> des Materialismus, die geschmeidige Advocatur der Selbstsucht, welche<lb/> dem Dogma den Fehdehandschuh hinwirft, und die Regierung erlaubt<lb/> nicht, daß das Dogma denselben aufhebe. Natürlich! man will vor<lb/> allem Andern ruhige Bürger. Man fürchtet jede Polemik, denn die<lb/> Reibung könnte Feuer erzeugen und das Balkengezimmer in Brand<lb/> versetzen. Die religiösen Interessen werden hier blos protegirt, aber sie<lb/> ndno weit entfernt davon, ihre Emancipation zu verlangen.</p><lb/> <p xml:id="ID_1336" next="#ID_1337"> Sie werden fragen, wohin diese Einleitung ziele? Zur Erklärung<lb/> dessen, was gegenwärtig die Staatsverwaltung in nicht geringe Thä¬<lb/> tigkeit setzt, nämlich der Privatandachtsübungen, die in der letzten Zeit<lb/> ganz geräuschlos an Zahl und Ausdehnung zugenommen und jetzt<lb/> plötzlich durch einen Zufall die Aufmerksamkeit der öffentlichen Gewalt<lb/> auf sich gelenkt haben. Alle jene Köpfe, denen das Dogma in der¬<lb/> jenigen Form nicht munden wollte, in welcher es ihnen von den mei¬<lb/> sten Dienern der Kirche geboten ward, aber gleichwohl zu wenig gei¬<lb/> stige Energie besaßen, sich selbst die innere Beruhigung zu verschaffen,<lb/> die einmal der Mensch bedarf, wenn er nicht zum stumpfen Dasein<lb/> des Thieres herabsinken soll, versanken anfänglich in. den bequemen<lb/> Ausweg der vollständigsten Gleichgiltigkeit gegen alle religiösen Dinge</p><lb/> <fw type="sig" place="bottom"> 59 »</fw><lb/> </div> </div> </div> </div> </body> </text> </TEI> [0471]
T a g e b u clj.
i.
A « S Wien.
I.
Materialismus. — Geheime Andachtsübungen. — Die Liedertafel und die
Polizei. — „Die Körbe" und die „Kronenwächter". — Albert Nimmer. —
Kisfaludy. — Lenau. — Fcldmann.
Jedermann, der die hiesigen Lebensweise nur oberflächlich kennt,
weiß, daß die religiöse Indifferenz, gegenüber dem gröbsten Jeloten-
thum, mit jedem ^andre steigt und die katholische Färbung Wiens eben
Nichts weiter ist, als eine Färbung, ein Anstrich, wie die Oelfarben
des Schlagbaumes. Wenn anderswo die Philosophie dem Glauben
den Krieg erklärt hat, so ist es dagegen hier die feiste Wirthsgestalt
des Materialismus, die geschmeidige Advocatur der Selbstsucht, welche
dem Dogma den Fehdehandschuh hinwirft, und die Regierung erlaubt
nicht, daß das Dogma denselben aufhebe. Natürlich! man will vor
allem Andern ruhige Bürger. Man fürchtet jede Polemik, denn die
Reibung könnte Feuer erzeugen und das Balkengezimmer in Brand
versetzen. Die religiösen Interessen werden hier blos protegirt, aber sie
ndno weit entfernt davon, ihre Emancipation zu verlangen.
Sie werden fragen, wohin diese Einleitung ziele? Zur Erklärung
dessen, was gegenwärtig die Staatsverwaltung in nicht geringe Thä¬
tigkeit setzt, nämlich der Privatandachtsübungen, die in der letzten Zeit
ganz geräuschlos an Zahl und Ausdehnung zugenommen und jetzt
plötzlich durch einen Zufall die Aufmerksamkeit der öffentlichen Gewalt
auf sich gelenkt haben. Alle jene Köpfe, denen das Dogma in der¬
jenigen Form nicht munden wollte, in welcher es ihnen von den mei¬
sten Dienern der Kirche geboten ward, aber gleichwohl zu wenig gei¬
stige Energie besaßen, sich selbst die innere Beruhigung zu verschaffen,
die einmal der Mensch bedarf, wenn er nicht zum stumpfen Dasein
des Thieres herabsinken soll, versanken anfänglich in. den bequemen
Ausweg der vollständigsten Gleichgiltigkeit gegen alle religiösen Dinge
59 »
Informationen zum Werk
Download dieses Werks
XML (TEI P5) ·
HTML ·
Text Metadaten zum WerkTEI-Header · CMDI · Dublin Core Ansichten dieser Seite
FeedbackSie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden. Kommentar zur DTA-AusgabeDieses Werk wurde im Rahmen des Moduls DTA-Erweiterungen (DTAE) digitalisiert. Weitere Informationen … Staats- und Universitätsbibliothek (SuUB) Bremen: Bereitstellung der Texttranskription.
Kay-Michael Würzner: Bearbeitung der digitalen Edition.
Weitere Informationen:Verfahren der Texterfassung: OCR mit Nachkorrektur. Bogensignaturen: gekennzeichnet;Druckfehler: ignoriert;fremdsprachliches Material: nicht gekennzeichnet;Geminations-/Abkürzungsstriche: wie Vorlage;Hervorhebungen (Antiqua, Sperrschrift, Kursive etc.): nicht ausgezeichnet;i/j in Fraktur: wie Vorlage;I/J in Fraktur: wie Vorlage;Kolumnentitel: gekennzeichnet;Kustoden: gekennzeichnet;langes s (ſ): als s transkribiert;Normalisierungen: stillschweigend;rundes r (ꝛ): als r/et transkribiert;Seitenumbrüche markiert: ja;Silbentrennung: wie Vorlage;u/v bzw. U/V: wie Vorlage;Vokale mit übergest. e: als ä/ö/ü transkribiert;Vollständigkeit: vollständig erfasst;Zeichensetzung: wie Vorlage;Zeilenumbrüche markiert: ja; Nachkorrektur erfolgte automatisch.
|
Insbesondere im Hinblick auf die §§ 86a StGB und 130 StGB wird festgestellt, dass die auf diesen Seiten abgebildeten Inhalte weder in irgendeiner Form propagandistischen Zwecken dienen, oder Werbung für verbotene Organisationen oder Vereinigungen darstellen, oder nationalsozialistische Verbrechen leugnen oder verharmlosen, noch zum Zwecke der Herabwürdigung der Menschenwürde gezeigt werden. Die auf diesen Seiten abgebildeten Inhalte (in Wort und Bild) dienen im Sinne des § 86 StGB Abs. 3 ausschließlich historischen, sozial- oder kulturwissenschaftlichen Forschungszwecken. Ihre Veröffentlichung erfolgt in der Absicht, Wissen zur Anregung der intellektuellen Selbstständigkeit und Verantwortungsbereitschaft des Staatsbürgers zu vermitteln und damit der Förderung seiner Mündigkeit zu dienen.
2007–2024 Deutsches Textarchiv, Berlin-Brandenburgische Akademie der Wissenschaften.
Kontakt: redaktion(at)deutschestextarchiv.de. |