Die Grenzboten. Jg. 3, 1844, II. Semester. II. Band.Der K u n se t e n f e l. Modernes Märchen. (Von der Verfasserin der "Clementine", "Jenny" u. s. w.) Erste Abtheilung. Unser Jahrhundert ist, Dank der allgemeinen Aufklärung, so Schon Heinrich Heine, der doch gewiß Gelegenheit hatte, ihn Der K u n se t e n f e l. Modernes Märchen. (Von der Verfasserin der „Clementine", „Jenny" u. s. w.) Erste Abtheilung. Unser Jahrhundert ist, Dank der allgemeinen Aufklärung, so Schon Heinrich Heine, der doch gewiß Gelegenheit hatte, ihn <TEI> <text> <body> <div> <div n="1"> <pb facs="#f0451" corresp="http://brema.suub.uni-bremen.de/grenzboten/periodical/pageview/181635"/> </div> <div n="1"> <head> Der K u n se t e n f e l.<lb/> Modernes Märchen.<lb/><note type="byline"> (Von der Verfasserin der „Clementine", „Jenny" u. s. w.)</note></head><lb/> <milestone rendition="#hr" unit="section"/><lb/> <div n="2"> <head> Erste Abtheilung.</head><lb/> <p xml:id="ID_1231"> Unser Jahrhundert ist, Dank der allgemeinen Aufklärung, so<lb/> klug geworden, daß selbst der Leichtgläubigste nicht mehr erbebt, wenn<lb/> man ihm von den Dingen erzählt, bei deren bloßer Nennung unsere<lb/> Altvordern sich fromm bekreuzten. Mit den Gewölben der alten<lb/> Kirchen, in denen die Leichen bewahrt wurden, ist der Gespenster¬<lb/> glaube zerstört; und mit Moser's Entdeckung, daß auch die tiefste<lb/> Finsterniß Licht enthalte, haben die alten Schrecken der Nacht für den<lb/> Gebildeten aufgehört. Es ist ja eigentlich nicht finster um ihn<lb/> her, er kann nur nicht sehen, daß es hell ist; und der Glaube an<lb/> den unsichtbaren Tag, der ihn umgibt, muß ihn beruhigen, wenn er<lb/> nicht zugestehen will, daß er des neunzehnten Jahrhunderts ganz un¬<lb/> würdig sei. — All den Teufel, der wie ein brüllender Löwe herum¬<lb/> geht und suchet, wen er verschlinge, an den Teufel denkt man nur<lb/> selten; und fast würde die sündige Menschheit ihn vergessen, wenn<lb/> nicht fromme Kanzelredner ihn, als ihren stärksten Bundesgenossen,<lb/> zuweilen aus der Unterwelt heraufcitirten. Daß dies aber geschieht,<lb/> ist weise und nöthig; denn der Teufel wandelt wirklich noch auf<lb/> Erden und streckt nach manchem armen Menschenkinde seine gierigen<lb/> Krallen aus, die er jetzt pfiffig hinter wohlglacirten Handschuhen<lb/> verbirgt.</p><lb/> <p xml:id="ID_1232" next="#ID_1233"> Schon Heinrich Heine, der doch gewiß Gelegenheit hatte, ihn<lb/> kennen zu lernen, versichert uns, daß er ihm „beim spanischen Ge¬<lb/> sandten" begegnet sei, und daß er „weder häßlich, noch lahm", son¬<lb/> dern ein „ganz charmanter Mann in seinen besten Jahren" wäre.<lb/> Natürlich! Der Teufel ist klug wie die Schlangen, und er wäre ja</p><lb/> </div> </div> </div> </body> </text> </TEI> [0451]
Der K u n se t e n f e l.
Modernes Märchen.
(Von der Verfasserin der „Clementine", „Jenny" u. s. w.)
Erste Abtheilung.
Unser Jahrhundert ist, Dank der allgemeinen Aufklärung, so
klug geworden, daß selbst der Leichtgläubigste nicht mehr erbebt, wenn
man ihm von den Dingen erzählt, bei deren bloßer Nennung unsere
Altvordern sich fromm bekreuzten. Mit den Gewölben der alten
Kirchen, in denen die Leichen bewahrt wurden, ist der Gespenster¬
glaube zerstört; und mit Moser's Entdeckung, daß auch die tiefste
Finsterniß Licht enthalte, haben die alten Schrecken der Nacht für den
Gebildeten aufgehört. Es ist ja eigentlich nicht finster um ihn
her, er kann nur nicht sehen, daß es hell ist; und der Glaube an
den unsichtbaren Tag, der ihn umgibt, muß ihn beruhigen, wenn er
nicht zugestehen will, daß er des neunzehnten Jahrhunderts ganz un¬
würdig sei. — All den Teufel, der wie ein brüllender Löwe herum¬
geht und suchet, wen er verschlinge, an den Teufel denkt man nur
selten; und fast würde die sündige Menschheit ihn vergessen, wenn
nicht fromme Kanzelredner ihn, als ihren stärksten Bundesgenossen,
zuweilen aus der Unterwelt heraufcitirten. Daß dies aber geschieht,
ist weise und nöthig; denn der Teufel wandelt wirklich noch auf
Erden und streckt nach manchem armen Menschenkinde seine gierigen
Krallen aus, die er jetzt pfiffig hinter wohlglacirten Handschuhen
verbirgt.
Schon Heinrich Heine, der doch gewiß Gelegenheit hatte, ihn
kennen zu lernen, versichert uns, daß er ihm „beim spanischen Ge¬
sandten" begegnet sei, und daß er „weder häßlich, noch lahm", son¬
dern ein „ganz charmanter Mann in seinen besten Jahren" wäre.
Natürlich! Der Teufel ist klug wie die Schlangen, und er wäre ja
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