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Die Grenzboten. Jg. 3, 1844, II. Semester. I. Band.

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Nil, von Dr. M. Elsner redigirt, einem Manne von Schurf ausge¬
prägter Gesinnung und publizistischen Geschick. Der Einfluß, den
die Chronik auf die Provinzialstädte ausübt, ist unberechenbar. Ihr
Censor ist der Polizeipräsident Heinkc, dem man es nachrühmen muß,
daß er bei Weitem milder verfährt, als Hr. v. Schönfcld, wenn es
überhaupt ein Ruhm ist, nicht so zu sein, als es Andere sind. In
diesem Augenblicke, wo die reactionäre Partei nicht müde wird, der
schlesischen Presse die Weber-Unruhen in die Schuhe zu schieben, ist
es doppelt ancrkcnnungswerth, daß Dr. Leopold Schweitzer eine Reihe
publizistischer Aufsätze, aus den beiden hiesigen Zeitungen ausgewählt
und nach der Zeit geordnet, durch den Druck veröffentlicht. Dies
Unternehmen wäre sogar dann kein unnützes, wenn die Artikel an
und für sich keinen besondern Werth hatten; denn wir erhielten da¬
mit wenigstens eine thatsächliche Geschichte der Breslauer Publizistik,
einen Rechenschaftsbericht von unserem geistigen Haushalt. Das Buch
wird über zwanzig Bogen umfassen und somit auch die von d Cen¬
er
x. sur gestrichenen Stellen veröffentlichen.


II.
Aus Hamburg.

Die "vaterstädtischen Blätter." -- Das Haarburger Hafcnproject. -- Ein Höl-
lenschiff. -- Antigone- -- Herr von Holbein. -- Hendrichs. -- Hoppö.

Sehr oft, wenn ich die Abtheilung "Vaterstädtifche Blätter"
unserer täglich erscheinenden "Wöchentlichen Gemeinnützigen Nachrich¬
ten" durchfliege, kann ich mich eines frohen Lächelns nicht erwehren.
Wir sind allerdings nur Insassen eines Duodezstaates, aber wer wüßte
nicht, daß gerade kleine Leute den Kopf am steifsten tragen und sich
am wenigsten umschauen? Das ist nun seit den unglücklichen Mai¬
tagen gar nicht mehr wie früher. Wir sind viel regsamer und selbst¬
thätiger geworden. In jenen vaterstädtischen Blattern documentirt sich
diese allgemeine Wachsamkeit in sehr erfreulicher Weise, und besonders
rühmlich ist der Freimuth, mit welchem die Staatsbehörden auf öf¬
fentliche Mißstände aufmerksam gemacht und an die Pflicht der Ab¬
änderung erinnert werden. Daß letztere nicht immer gleich eintritt,
kann nicht befremden. Richt selten aber, besonders wenn die Gegen¬
stände zum Ressort der Polizei gehören, keimt aus dem gedruckten
Worte rasch die gute Saat der Abhilfe, mindestens der Untersuchung.
Zu wünschen wäre, daß überall eine solche Wechselwirkung zwischen
dem Publicum und den Behörden durch öffentliche Organe stattfände
und so "und ein wachsendes gegenseitiges Vertrauen als nächste Frucht
sich daraus entwickelte.

Das Haarburger Hafcnproject, welches in den politischen Blat¬
tern so vielfach verhandelt wurde, erregt bei allen zunächst Jnterefstr-


Nil, von Dr. M. Elsner redigirt, einem Manne von Schurf ausge¬
prägter Gesinnung und publizistischen Geschick. Der Einfluß, den
die Chronik auf die Provinzialstädte ausübt, ist unberechenbar. Ihr
Censor ist der Polizeipräsident Heinkc, dem man es nachrühmen muß,
daß er bei Weitem milder verfährt, als Hr. v. Schönfcld, wenn es
überhaupt ein Ruhm ist, nicht so zu sein, als es Andere sind. In
diesem Augenblicke, wo die reactionäre Partei nicht müde wird, der
schlesischen Presse die Weber-Unruhen in die Schuhe zu schieben, ist
es doppelt ancrkcnnungswerth, daß Dr. Leopold Schweitzer eine Reihe
publizistischer Aufsätze, aus den beiden hiesigen Zeitungen ausgewählt
und nach der Zeit geordnet, durch den Druck veröffentlicht. Dies
Unternehmen wäre sogar dann kein unnützes, wenn die Artikel an
und für sich keinen besondern Werth hatten; denn wir erhielten da¬
mit wenigstens eine thatsächliche Geschichte der Breslauer Publizistik,
einen Rechenschaftsbericht von unserem geistigen Haushalt. Das Buch
wird über zwanzig Bogen umfassen und somit auch die von d Cen¬
er
x. sur gestrichenen Stellen veröffentlichen.


II.
Aus Hamburg.

Die „vaterstädtischen Blätter." — Das Haarburger Hafcnproject. — Ein Höl-
lenschiff. — Antigone- — Herr von Holbein. — Hendrichs. — Hoppö.

Sehr oft, wenn ich die Abtheilung „Vaterstädtifche Blätter"
unserer täglich erscheinenden „Wöchentlichen Gemeinnützigen Nachrich¬
ten" durchfliege, kann ich mich eines frohen Lächelns nicht erwehren.
Wir sind allerdings nur Insassen eines Duodezstaates, aber wer wüßte
nicht, daß gerade kleine Leute den Kopf am steifsten tragen und sich
am wenigsten umschauen? Das ist nun seit den unglücklichen Mai¬
tagen gar nicht mehr wie früher. Wir sind viel regsamer und selbst¬
thätiger geworden. In jenen vaterstädtischen Blattern documentirt sich
diese allgemeine Wachsamkeit in sehr erfreulicher Weise, und besonders
rühmlich ist der Freimuth, mit welchem die Staatsbehörden auf öf¬
fentliche Mißstände aufmerksam gemacht und an die Pflicht der Ab¬
änderung erinnert werden. Daß letztere nicht immer gleich eintritt,
kann nicht befremden. Richt selten aber, besonders wenn die Gegen¬
stände zum Ressort der Polizei gehören, keimt aus dem gedruckten
Worte rasch die gute Saat der Abhilfe, mindestens der Untersuchung.
Zu wünschen wäre, daß überall eine solche Wechselwirkung zwischen
dem Publicum und den Behörden durch öffentliche Organe stattfände
und so «und ein wachsendes gegenseitiges Vertrauen als nächste Frucht
sich daraus entwickelte.

Das Haarburger Hafcnproject, welches in den politischen Blat¬
tern so vielfach verhandelt wurde, erregt bei allen zunächst Jnterefstr-


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Zitationshilfe: Die Grenzboten. Jg. 3, 1844, II. Semester. I. Band, S. . In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/grenzboten_341546_180558/290>, abgerufen am 29.06.2024.