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Die Grenzboten. Jg. 2, 1842, Erstes Semester.

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bis die Unterstützung iisdem geschlossen sind, und bis der Senat von Hamburg
officiell erklären,wird, wieviel die deutschen Länder und Staaten beigetragen
haben, und dann wollen wir diese Summen in dem uncentralisirten Deutschland
mit jenen vergleichen, welche das centralisirte Frankreich nach dem überschwemm¬
ten Lyon gesendet Halt Und wahrlich nicht,bis zum Abschlüsse brauchen wir zu
warten -- schon jetzt zeigen die Journale auf welche Seite die Wage sich neigt,
schon jetzt -- und noch sind die Collcctcn nicht zur Hälfte beisammen. --


' B. B. '


2.
Literarische Notizen aus Hamburg,

Das wissenschaftliche.und Kunstleben stand zu andern, Zeiten in Hamburg
unbestreitbar weit höher, denn jetzt. Der Kaufmann glaubt sich emancipirt zu
haben, und verdrängt und erstickt mit seinem gemachten Raisonnement Wahre
Poesie; er hat ein Urtheil über Alles/ und ist, man muß .gestehn, im Gebiet
des Wissens bewanderter, denn sonst. Aber die stitllicbc Kunst und die innere
poetische Welt erschrickt vor dem Geldwechsel und dem Calcul, der ihr wie eine
Elle angelegt wird. Hamburg ist in Bezug auf Kunst und Poesie in mancher
Hinsicht verwaist. / Wienbarg hat in neuester Zeit einen verzweifelten Ver¬
such gemacht, aus seiner Lethargie herauszutreten, und es ist seine Schuld,,
wenn dieser Versuch so gut wie gescheitert; Vorlesungen über neue Dramatur¬
gie, wie Vorlesungen vor competenten Zuhörern überhaupt, schüttet man wahr¬
lich nicht, aus den'Aermeln) und ohne, Fleiß u'Ub ,wirkliche, Studien können alle
Lobhudeleien,den' Mann nicht/zum Genie/,cnworfchrau'ben. . Wienbarg -'ist- noch
nicht aus seinem burschikosen Nimbus hervorgetreten, und was ihn'tiefer nie¬
derhält sind, Sorgen; jüngst starb sein'Sohn, und es ist kläglich, den starken
Mann unter doppeltem und dreifachem Gewicht sich beugen zu sehen. Auch
Therese ist fort, vielleicht führt sie das Erscheinen ihres jüngsten Werkes: The-
resens Tagebuch (bei Bieweg in Braunschweig) zurück., Hebb'el lebt außerhalb
der Stadt, man hört und sieht wenig von ihm, seine Gedichte werden bei Campe
erscheinen, seine Gcnovcva soll schön sein. Uebrigens leidet 'er um jenein stark-
ausgeprägten Uebel, das man schroffen Ehrgeiz nennt, das , macht ihn ungenie߬
bar. Schirges redigirt während der Abwesenheit seines,Freund'e's den Tele¬
graphen'; von ihm erscheint bei Campe "Memoiren einer,,,Feder". Sonst sind
Mb/eine Menge sogenannte Litcrcitcn hier. . Die von Wille redigirte "Zeit"/ steht
still, und so schlaft manches andre ein. Unter'den neuesten Blättern,ist das von
Lenz redigirte beachtenswert!), die Movczeitung. ,'Uebrigens ,fehlt es nicht an
PaSquillantcn'und gehässigen Reibereien.' , Hocker, an der, Spitze,,dem nicht?
heilig. ES ist keine Spur mehr vom Geiste Klopstocks, Hagedorns, Claüd'ins u. ?l/



Vor dem Hamburg"'' Vrcmdc t'mz'csMdl'.

bis die Unterstützung iisdem geschlossen sind, und bis der Senat von Hamburg
officiell erklären,wird, wieviel die deutschen Länder und Staaten beigetragen
haben, und dann wollen wir diese Summen in dem uncentralisirten Deutschland
mit jenen vergleichen, welche das centralisirte Frankreich nach dem überschwemm¬
ten Lyon gesendet Halt Und wahrlich nicht,bis zum Abschlüsse brauchen wir zu
warten — schon jetzt zeigen die Journale auf welche Seite die Wage sich neigt,
schon jetzt — und noch sind die Collcctcn nicht zur Hälfte beisammen. —


' B. B. '


2.
Literarische Notizen aus Hamburg,

Das wissenschaftliche.und Kunstleben stand zu andern, Zeiten in Hamburg
unbestreitbar weit höher, denn jetzt. Der Kaufmann glaubt sich emancipirt zu
haben, und verdrängt und erstickt mit seinem gemachten Raisonnement Wahre
Poesie; er hat ein Urtheil über Alles/ und ist, man muß .gestehn, im Gebiet
des Wissens bewanderter, denn sonst. Aber die stitllicbc Kunst und die innere
poetische Welt erschrickt vor dem Geldwechsel und dem Calcul, der ihr wie eine
Elle angelegt wird. Hamburg ist in Bezug auf Kunst und Poesie in mancher
Hinsicht verwaist. / Wienbarg hat in neuester Zeit einen verzweifelten Ver¬
such gemacht, aus seiner Lethargie herauszutreten, und es ist seine Schuld,,
wenn dieser Versuch so gut wie gescheitert; Vorlesungen über neue Dramatur¬
gie, wie Vorlesungen vor competenten Zuhörern überhaupt, schüttet man wahr¬
lich nicht, aus den'Aermeln) und ohne, Fleiß u'Ub ,wirkliche, Studien können alle
Lobhudeleien,den' Mann nicht/zum Genie/,cnworfchrau'ben. . Wienbarg -'ist- noch
nicht aus seinem burschikosen Nimbus hervorgetreten, und was ihn'tiefer nie¬
derhält sind, Sorgen; jüngst starb sein'Sohn, und es ist kläglich, den starken
Mann unter doppeltem und dreifachem Gewicht sich beugen zu sehen. Auch
Therese ist fort, vielleicht führt sie das Erscheinen ihres jüngsten Werkes: The-
resens Tagebuch (bei Bieweg in Braunschweig) zurück., Hebb'el lebt außerhalb
der Stadt, man hört und sieht wenig von ihm, seine Gedichte werden bei Campe
erscheinen, seine Gcnovcva soll schön sein. Uebrigens leidet 'er um jenein stark-
ausgeprägten Uebel, das man schroffen Ehrgeiz nennt, das , macht ihn ungenie߬
bar. Schirges redigirt während der Abwesenheit seines,Freund'e's den Tele¬
graphen'; von ihm erscheint bei Campe »Memoiren einer,,,Feder«. Sonst sind
Mb/eine Menge sogenannte Litcrcitcn hier. . Die von Wille redigirte »Zeit«/ steht
still, und so schlaft manches andre ein. Unter'den neuesten Blättern,ist das von
Lenz redigirte beachtenswert!), die Movczeitung. ,'Uebrigens ,fehlt es nicht an
PaSquillantcn'und gehässigen Reibereien.' , Hocker, an der, Spitze,,dem nicht?
heilig. ES ist keine Spur mehr vom Geiste Klopstocks, Hagedorns, Claüd'ins u. ?l/



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Zitationshilfe: Die Grenzboten. Jg. 2, 1842, Erstes Semester, S. . In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/grenzboten_282160_267214/550>, abgerufen am 27.06.2024.