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Die Grenzboten. Jg. 2, 1842, Erstes Semester.

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genug sind, einen Opcrntert zustimmen zu bringen. Wahrlich, wir missen doch
einmal unsere Literatur auch gegen unsere eigenen Landsleute in Schutz nehmen.
Die deutschen Poeten sind noch immer so viel werth als die deutschen Musiker.


Herr ViSschcrö und die belgischen VcesorgunoSiassen.

,/Me Wesen leben vom Lichte, jed-S glückliche Geschöpf - die Pflanze selbst
kehrt freudig sich zum Lichte, -- und er muß sitzen fühlend in der Nacht, im ewig Fin¬
stern." Diese herrlichen Worte unseres Schiller'S, welche einer unsrer Mitarbeiter
zur Ueberschrift des in diesem Hefte enthaltenen Aufsatzes? -"Eine Kohlengrube" ge¬
wählt hat, könnten eben so gut als Motto einer Publikation dienen, die so eben
erschienen: es ist dies der Bericht über die BcrsorgungSkassen zum Vortheile der
Grubenarbeiter in Belgien. Herr VisscherS,.früher Advokat und jetzt Direktor
der Minen-Administration, ist der wohlthätige -Urheber dieser menschenfreundlichen
Anstalt. Wahrlich, diesen Mann kann ein erhebendes Bewußtsein durch das Leben
führen; in einem Lande, wo ein nicht unbedeutender Theil der arbeitenden Classe
auf die Beschäftigung in Steinkohlengruben verwiesen ist, beginnt mit dieser Ein--
richtung eine neue Epoche der Philanthropie. Denn schon trägt das Beispiel, wat-"
ches man.bei den Irubenarbeitcrn gegeben hat, auch anderswo seine Früchte; die
Schullehrer in Luxemburg haben bereits ein ähnliches Institut unter sich errichtet,
die übrigen Provinzen folgen; ebenso viele andre Professionen; die Seefischer von
Ostende und Antwerpen, die Leinweber von Flandern u.s. w. Das Erhebende für
uns Deutsche ist, daß unser Beispiel hier die ursprüngliche Anregung gegeben hat;
dem Berichte ist nämlich ein historischer Theil beigegeben, in welchem Deutschland
die erste Reihe einnimmt. ES wird nachgewiesen,, daß bereits im Jahre 1524. die
Bergknappen im Harz im Falle eines Unglücks außer der Behandlung des Ärzte"-
auch noch die Fortbezahlung ihres Tagclohns durch 8 Wochen, erhielten. In dem-
BiSthum Trier findet sich bereits im Jahre 1564 ein Gesetz, nach welchem jedem
Arbeiter ein Pfenning wöchentlich abgezogen wurde-, um seine verunglückten Gefahr-,
den zu unterstützen. Diese "Bruderbüchsen" und "KnappschaftS-lassen." er-,
hielten endlich allmcihlig eine solche Ausdehnung, daß bereits in der Mitte des vo--'
rigcn. Jahrhunderts die Knappschaftskasse des Bezirks Freiberg einer jährlichen Re"
ycnue von 24000. Livres sich erfreute. Wie, wohlthätig für Belgien diese-Einrichtungj
ist, mögen folgende Ziffern beweisen. Während der letzten 20 Jahre verunglückten
25S.2 Gruben-Arbeiter;, dies macht durchschnittlich 12S Opfer des Jahres auf- eine-
Menschenzahl, welche man auf ungefähr 2S000 bestimmen kann. Unter diesen^ sind-
1710 Arbeiter,, welche das Leben, verloren,, und Weiber und Kinder in Noth hin-
terlassen. Nimmt man nun jede, dieser Familien zu> 4. Personen, alt>, so srhM
mqn eine Zahl von M0 Wesen, welche auf diese-Weis-' dem- Elend Preis, gege¬
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genug sind, einen Opcrntert zustimmen zu bringen. Wahrlich, wir missen doch
einmal unsere Literatur auch gegen unsere eigenen Landsleute in Schutz nehmen.
Die deutschen Poeten sind noch immer so viel werth als die deutschen Musiker.


Herr ViSschcrö und die belgischen VcesorgunoSiassen.

,/Me Wesen leben vom Lichte, jed-S glückliche Geschöpf - die Pflanze selbst
kehrt freudig sich zum Lichte, — und er muß sitzen fühlend in der Nacht, im ewig Fin¬
stern." Diese herrlichen Worte unseres Schiller'S, welche einer unsrer Mitarbeiter
zur Ueberschrift des in diesem Hefte enthaltenen Aufsatzes? -»Eine Kohlengrube« ge¬
wählt hat, könnten eben so gut als Motto einer Publikation dienen, die so eben
erschienen: es ist dies der Bericht über die BcrsorgungSkassen zum Vortheile der
Grubenarbeiter in Belgien. Herr VisscherS,.früher Advokat und jetzt Direktor
der Minen-Administration, ist der wohlthätige -Urheber dieser menschenfreundlichen
Anstalt. Wahrlich, diesen Mann kann ein erhebendes Bewußtsein durch das Leben
führen; in einem Lande, wo ein nicht unbedeutender Theil der arbeitenden Classe
auf die Beschäftigung in Steinkohlengruben verwiesen ist, beginnt mit dieser Ein--
richtung eine neue Epoche der Philanthropie. Denn schon trägt das Beispiel, wat-"
ches man.bei den Irubenarbeitcrn gegeben hat, auch anderswo seine Früchte; die
Schullehrer in Luxemburg haben bereits ein ähnliches Institut unter sich errichtet,
die übrigen Provinzen folgen; ebenso viele andre Professionen; die Seefischer von
Ostende und Antwerpen, die Leinweber von Flandern u.s. w. Das Erhebende für
uns Deutsche ist, daß unser Beispiel hier die ursprüngliche Anregung gegeben hat;
dem Berichte ist nämlich ein historischer Theil beigegeben, in welchem Deutschland
die erste Reihe einnimmt. ES wird nachgewiesen,, daß bereits im Jahre 1524. die
Bergknappen im Harz im Falle eines Unglücks außer der Behandlung des Ärzte»-
auch noch die Fortbezahlung ihres Tagclohns durch 8 Wochen, erhielten. In dem-
BiSthum Trier findet sich bereits im Jahre 1564 ein Gesetz, nach welchem jedem
Arbeiter ein Pfenning wöchentlich abgezogen wurde-, um seine verunglückten Gefahr-,
den zu unterstützen. Diese „Bruderbüchsen" und »KnappschaftS-lassen.« er-,
hielten endlich allmcihlig eine solche Ausdehnung, daß bereits in der Mitte des vo--'
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ycnue von 24000. Livres sich erfreute. Wie, wohlthätig für Belgien diese-Einrichtungj
ist, mögen folgende Ziffern beweisen. Während der letzten 20 Jahre verunglückten
25S.2 Gruben-Arbeiter;, dies macht durchschnittlich 12S Opfer des Jahres auf- eine-
Menschenzahl, welche man auf ungefähr 2S000 bestimmen kann. Unter diesen^ sind-
1710 Arbeiter,, welche das Leben, verloren,, und Weiber und Kinder in Noth hin-
terlassen. Nimmt man nun jede, dieser Familien zu> 4. Personen, alt>, so srhM
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Zitationshilfe: Die Grenzboten. Jg. 2, 1842, Erstes Semester, S. . In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/grenzboten_282160_267214/201>, abgerufen am 27.06.2024.