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Die Grenzboten. Jg. 2, 1842, Erstes Semester.

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G i ne Kohlengrube.
n D. G. . . . . Reiseskizzc vo



O, eine edle Himmelsgabe ist .
DaS Licht des Auges - Alle Wesen leben
Vom Lichte, jedes glückliche Geschöpf' --
Die Pflanze selbst kehrt sich zum Lichte.
Und er muß sitzen, fühlend/in der Nacht
Im ewig Finstern. --

Schiller.

Lieber Leser, wem Du nicht schon unwiderruflich eine gewisse To-
desart gewählt hast, wenn Du nicht schon den festen unerschütterlichen
Entschluß gefaßt hast, Dich nie der Gefahr auszusetzen, durch Erstickung,
durch's Feuer, im Wasser, ober durch einen Sturz in einen Abgrund
von fünfzehnhundert Fuß Tiefe' zu sterben, vor Allem aber, wenn Du
es acht-'schauest, das frische Aussehen Deines Gesichts auf's Spiel zu
setzen, so wage einmal das kühne Abentheuer, und steige in die Einge¬
weide der Erde, in die Behausung der Schatten hinab. Vorausgesetzt,
daß Du nicht den materialistischen und durchaus positiven Sinn eines
Grubenbesitzers hast, der in der Steinkohle 'nichts anderes als eine
schwarze Masse sieht, von der die Tonne zwei Thaler werth ist; vor¬
ausgesetzt, daß Du ans Nachdenken gewöhnt'bist und tiefer als aus die
Oberfläche der Dinge zu dringen weißt; wenn Du zu der Klasse Der¬
jenigen gehörst, welche in allen Körpern eine Seele suchen, .einen Hauch
des Geistes in Allem, was da ist -- wohlan denn, besuche die tiefen,
dunklen Gänge" der Kohlemm'nen! Freilich wirst Du darin ohnfehlbar
nasse Füße bekommen, auch ist es nicht zu vermeiden, daß Du Dir das
Gesicht und die Hände schwärzest; aber zum Ersatz dafür werden. Dir
auch große 'Gedanken,- mächtige Srelenbewegungen zu Theil werden..
Die Furcht des Todes wird ein desto stärkeres Gefühl des Lebens in
Dir hervorrufen, und wenn Du wieder die Oberwelt betrittst, so wird,
Dir-die Erde ^schöner, die Sonne glänzender und erfreulicher erscheinen;'
es wird Dir vorkommen, als wenn" aus Allem, was Dich umringt, ein ,
herzliches Willkommen Dir entgegen lächelte.. Wähle, um eine solche,,
Niedevfahrt' zu-'- unternehmen/ am - liebsten/die .'schönste.-Jahreszeit, ttM',



G i ne Kohlengrube.
n D. G. . . . . Reiseskizzc vo



O, eine edle Himmelsgabe ist .
DaS Licht des Auges - Alle Wesen leben
Vom Lichte, jedes glückliche Geschöpf' —
Die Pflanze selbst kehrt sich zum Lichte.
Und er muß sitzen, fühlend/in der Nacht
Im ewig Finstern. —

Schiller.

Lieber Leser, wem Du nicht schon unwiderruflich eine gewisse To-
desart gewählt hast, wenn Du nicht schon den festen unerschütterlichen
Entschluß gefaßt hast, Dich nie der Gefahr auszusetzen, durch Erstickung,
durch's Feuer, im Wasser, ober durch einen Sturz in einen Abgrund
von fünfzehnhundert Fuß Tiefe' zu sterben, vor Allem aber, wenn Du
es acht-'schauest, das frische Aussehen Deines Gesichts auf's Spiel zu
setzen, so wage einmal das kühne Abentheuer, und steige in die Einge¬
weide der Erde, in die Behausung der Schatten hinab. Vorausgesetzt,
daß Du nicht den materialistischen und durchaus positiven Sinn eines
Grubenbesitzers hast, der in der Steinkohle 'nichts anderes als eine
schwarze Masse sieht, von der die Tonne zwei Thaler werth ist; vor¬
ausgesetzt, daß Du ans Nachdenken gewöhnt'bist und tiefer als aus die
Oberfläche der Dinge zu dringen weißt; wenn Du zu der Klasse Der¬
jenigen gehörst, welche in allen Körpern eine Seele suchen, .einen Hauch
des Geistes in Allem, was da ist — wohlan denn, besuche die tiefen,
dunklen Gänge« der Kohlemm'nen! Freilich wirst Du darin ohnfehlbar
nasse Füße bekommen, auch ist es nicht zu vermeiden, daß Du Dir das
Gesicht und die Hände schwärzest; aber zum Ersatz dafür werden. Dir
auch große 'Gedanken,- mächtige Srelenbewegungen zu Theil werden..
Die Furcht des Todes wird ein desto stärkeres Gefühl des Lebens in
Dir hervorrufen, und wenn Du wieder die Oberwelt betrittst, so wird,
Dir-die Erde ^schöner, die Sonne glänzender und erfreulicher erscheinen;'
es wird Dir vorkommen, als wenn" aus Allem, was Dich umringt, ein ,
herzliches Willkommen Dir entgegen lächelte.. Wähle, um eine solche,,
Niedevfahrt' zu-'- unternehmen/ am - liebsten/die .'schönste.-Jahreszeit, ttM',


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[0181] G i ne Kohlengrube. n D. G. . . . . Reiseskizzc vo O, eine edle Himmelsgabe ist . DaS Licht des Auges - Alle Wesen leben Vom Lichte, jedes glückliche Geschöpf' — Die Pflanze selbst kehrt sich zum Lichte. Und er muß sitzen, fühlend/in der Nacht Im ewig Finstern. — Schiller. Lieber Leser, wem Du nicht schon unwiderruflich eine gewisse To- desart gewählt hast, wenn Du nicht schon den festen unerschütterlichen Entschluß gefaßt hast, Dich nie der Gefahr auszusetzen, durch Erstickung, durch's Feuer, im Wasser, ober durch einen Sturz in einen Abgrund von fünfzehnhundert Fuß Tiefe' zu sterben, vor Allem aber, wenn Du es acht-'schauest, das frische Aussehen Deines Gesichts auf's Spiel zu setzen, so wage einmal das kühne Abentheuer, und steige in die Einge¬ weide der Erde, in die Behausung der Schatten hinab. Vorausgesetzt, daß Du nicht den materialistischen und durchaus positiven Sinn eines Grubenbesitzers hast, der in der Steinkohle 'nichts anderes als eine schwarze Masse sieht, von der die Tonne zwei Thaler werth ist; vor¬ ausgesetzt, daß Du ans Nachdenken gewöhnt'bist und tiefer als aus die Oberfläche der Dinge zu dringen weißt; wenn Du zu der Klasse Der¬ jenigen gehörst, welche in allen Körpern eine Seele suchen, .einen Hauch des Geistes in Allem, was da ist — wohlan denn, besuche die tiefen, dunklen Gänge« der Kohlemm'nen! Freilich wirst Du darin ohnfehlbar nasse Füße bekommen, auch ist es nicht zu vermeiden, daß Du Dir das Gesicht und die Hände schwärzest; aber zum Ersatz dafür werden. Dir auch große 'Gedanken,- mächtige Srelenbewegungen zu Theil werden.. Die Furcht des Todes wird ein desto stärkeres Gefühl des Lebens in Dir hervorrufen, und wenn Du wieder die Oberwelt betrittst, so wird, Dir-die Erde ^schöner, die Sonne glänzender und erfreulicher erscheinen;' es wird Dir vorkommen, als wenn" aus Allem, was Dich umringt, ein , herzliches Willkommen Dir entgegen lächelte.. Wähle, um eine solche,, Niedevfahrt' zu-'- unternehmen/ am - liebsten/die .'schönste.-Jahreszeit, ttM',

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Zitationshilfe: Die Grenzboten. Jg. 2, 1842, Erstes Semester, S. . In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/grenzboten_282160_267214/181>, abgerufen am 22.07.2024.