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Die Grenzboten. Jg. 2, 1842, Erstes Semester.

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Tagebu ch-



Die Halbmond-Straße. Jud und Christ. Herr Wmicux und der Charivari.
Der Prozeß um Rossinis Stabat. Paul und Birgmie.


Die Zeitung für die elegante Welt, der Telegraph, die Leipziger Allgemeine
Zeitung und, viele andere deutsche Zeitungen und Zeitschriften kennen wohl die
Rue du Croisscmt in Parks, sie haben viele Briefe dahin addressirt, denn in dieser
Straße wohnte lange Zeit ihr gemeinschaftlicher Pariser Correspondent, dessen
Namen wir wohl nicht erst zu nennen brauchen, da er durch seine beißenden und
originellen Bemerkungen hinlänglich bekannt ist. Diese Rue du Croisscmt ist eine
kleine todtenstille Straße in der man seinen eigenen Tritt wiederhallen hört, und
doch ist es gerade diese stille Straffe von der immer der größte Spectakel ausgeht --
nehmlich in der Presse. Denn dort hat Herr Lange L>-vo seine Pressen, die nicht
weniger als 9 Journale aussxrühen, dort ist der Satz des Charivari, des Journal
du Peuple, des Siecle u. f. w. In den letztcnWochen zog noch ein Stück deutsche
Literatur in dieselbe Straße: Dingelstedt. Paris ist die Stadt der Centralisation
in jeder Beziehung. In neuester Zeit ist die Rue du Croissant wieder das allge-
meine Tagesgespräch geworden, da nicht nur der Garant des Siöele sondern auch
der Garant und der Buchdrucker des Charivari zu bedeutenden Geld- und Gefcingniß--
strafen verurtheilt wurden. Ferdinand Barrot und der jüdische Advokat
Cri-mieur übernahmen bekanuntlich die Vertheidigung dieser letzteren. Der
Drucker Herr Lange L--VY gehört gleichfalls der jüdischen Confession an, und wandte
sich natürlicherweise an seine Glaubensgenossen. Dieser schlug aber gerade aus
diesem Grunde dessen Ansuchen ab, um nicht das Ansehen der Parteilichkeit zu er¬
halten. Garant und Drucker tauschten somit ihre Destnsorenz der Christ verthei¬
digt- den Jsraeliten und der Jsraelit den Christen. Uebrigens hat Herr Cremmix


Tagebu ch-



Die Halbmond-Straße. Jud und Christ. Herr Wmicux und der Charivari.
Der Prozeß um Rossinis Stabat. Paul und Birgmie.


Die Zeitung für die elegante Welt, der Telegraph, die Leipziger Allgemeine
Zeitung und, viele andere deutsche Zeitungen und Zeitschriften kennen wohl die
Rue du Croisscmt in Parks, sie haben viele Briefe dahin addressirt, denn in dieser
Straße wohnte lange Zeit ihr gemeinschaftlicher Pariser Correspondent, dessen
Namen wir wohl nicht erst zu nennen brauchen, da er durch seine beißenden und
originellen Bemerkungen hinlänglich bekannt ist. Diese Rue du Croisscmt ist eine
kleine todtenstille Straße in der man seinen eigenen Tritt wiederhallen hört, und
doch ist es gerade diese stille Straffe von der immer der größte Spectakel ausgeht —
nehmlich in der Presse. Denn dort hat Herr Lange L>-vo seine Pressen, die nicht
weniger als 9 Journale aussxrühen, dort ist der Satz des Charivari, des Journal
du Peuple, des Siecle u. f. w. In den letztcnWochen zog noch ein Stück deutsche
Literatur in dieselbe Straße: Dingelstedt. Paris ist die Stadt der Centralisation
in jeder Beziehung. In neuester Zeit ist die Rue du Croissant wieder das allge-
meine Tagesgespräch geworden, da nicht nur der Garant des Siöele sondern auch
der Garant und der Buchdrucker des Charivari zu bedeutenden Geld- und Gefcingniß--
strafen verurtheilt wurden. Ferdinand Barrot und der jüdische Advokat
Cri-mieur übernahmen bekanuntlich die Vertheidigung dieser letzteren. Der
Drucker Herr Lange L--VY gehört gleichfalls der jüdischen Confession an, und wandte
sich natürlicherweise an seine Glaubensgenossen. Dieser schlug aber gerade aus
diesem Grunde dessen Ansuchen ab, um nicht das Ansehen der Parteilichkeit zu er¬
halten. Garant und Drucker tauschten somit ihre Destnsorenz der Christ verthei¬
digt- den Jsraeliten und der Jsraelit den Christen. Uebrigens hat Herr Cremmix


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[0132] Tagebu ch- Die Halbmond-Straße. Jud und Christ. Herr Wmicux und der Charivari. Der Prozeß um Rossinis Stabat. Paul und Birgmie. Die Zeitung für die elegante Welt, der Telegraph, die Leipziger Allgemeine Zeitung und, viele andere deutsche Zeitungen und Zeitschriften kennen wohl die Rue du Croisscmt in Parks, sie haben viele Briefe dahin addressirt, denn in dieser Straße wohnte lange Zeit ihr gemeinschaftlicher Pariser Correspondent, dessen Namen wir wohl nicht erst zu nennen brauchen, da er durch seine beißenden und originellen Bemerkungen hinlänglich bekannt ist. Diese Rue du Croisscmt ist eine kleine todtenstille Straße in der man seinen eigenen Tritt wiederhallen hört, und doch ist es gerade diese stille Straffe von der immer der größte Spectakel ausgeht — nehmlich in der Presse. Denn dort hat Herr Lange L>-vo seine Pressen, die nicht weniger als 9 Journale aussxrühen, dort ist der Satz des Charivari, des Journal du Peuple, des Siecle u. f. w. In den letztcnWochen zog noch ein Stück deutsche Literatur in dieselbe Straße: Dingelstedt. Paris ist die Stadt der Centralisation in jeder Beziehung. In neuester Zeit ist die Rue du Croissant wieder das allge- meine Tagesgespräch geworden, da nicht nur der Garant des Siöele sondern auch der Garant und der Buchdrucker des Charivari zu bedeutenden Geld- und Gefcingniß-- strafen verurtheilt wurden. Ferdinand Barrot und der jüdische Advokat Cri-mieur übernahmen bekanuntlich die Vertheidigung dieser letzteren. Der Drucker Herr Lange L--VY gehört gleichfalls der jüdischen Confession an, und wandte sich natürlicherweise an seine Glaubensgenossen. Dieser schlug aber gerade aus diesem Grunde dessen Ansuchen ab, um nicht das Ansehen der Parteilichkeit zu er¬ halten. Garant und Drucker tauschten somit ihre Destnsorenz der Christ verthei¬ digt- den Jsraeliten und der Jsraelit den Christen. Uebrigens hat Herr Cremmix

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Zitationshilfe: Die Grenzboten. Jg. 2, 1842, Erstes Semester, S. . In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/grenzboten_282160_267214/132>, abgerufen am 27.06.2024.