Die Grenzboten. Jg. 2, 1842, Zweites Semester.T a g e b u rh. i. Bekenntnisse der Grenzboten. Mit dem Beginne der zweiten Hälfte dieses Iahrev haben diese Blatte" Eine neue Epoche bricht für sie herein. Bisher glichen diese Blätter jenen Da steht sie, die gute Mutter der Deutschen, die Gattin Hermann des O zürne nicht, du liebevolle, erhabne Mutter, daß wir dich so lange ver¬ T a g e b u rh. i. Bekenntnisse der Grenzboten. Mit dem Beginne der zweiten Hälfte dieses Iahrev haben diese Blatte« Eine neue Epoche bricht für sie herein. Bisher glichen diese Blätter jenen Da steht sie, die gute Mutter der Deutschen, die Gattin Hermann des O zürne nicht, du liebevolle, erhabne Mutter, daß wir dich so lange ver¬ <TEI> <text> <body> <div> <div n="1"> <div n="2"> <pb facs="#f0042" corresp="http://brema.suub.uni-bremen.de/grenzboten/periodical/pageview/266659"/> </div> </div> <div n="1"> <head> T a g e b u rh.</head><lb/> <milestone rendition="#hr" unit="section"/><lb/> <div n="2"> <head> i.<lb/> Bekenntnisse der Grenzboten.</head><lb/> <p xml:id="ID_85"> Mit dem Beginne der zweiten Hälfte dieses Iahrev haben diese Blatte«<lb/> eine Veränderung erlebt. Sie haben ihrem Geburtsort außerhalb der deutschen<lb/> Grenzen Balat gesagt, um ihr Zelt im Innern von Deutschland aufzuschlagen;<lb/> sie haben die Werk'stätte ihres Druckes von Brüssel nach Leipzig verlegt.</p><lb/> <p xml:id="ID_86"> Eine neue Epoche bricht für sie herein. Bisher glichen diese Blätter jenen<lb/> freien Tscherkessen, die ihrem Baterland aus eignem Triebe dienen, unberührt<lb/> von Polizei- und Regimentszwang, nur ihrem eigenen Gewissen folgend; nun<lb/> treten sie in die Reihe der — Civilisation! Fortan werden sie nicht mehr<lb/> Bart und Haupthaare nach Lust sich wachsen lassen; sie werden ihre Nägel<lb/> beschneiden, ihr Kinn glatt scheeren und ihre Glieder in dieselbe Uniform stet-<lb/> ?en lassen, welche alle übrigen civilisirten Journale Deutschlands ziert.</p><lb/> <p xml:id="ID_87"> Da steht sie, die gute Mutter der Deutschen, die Gattin Hermann des<lb/> Cheruskers, die gute treue Mutter Censur! Da steht sie und breitet zärtlich<lb/> ihre Arme aus, um uns zu empfangen, und weinend stürzen wir an ihre Brust<lb/> und Thränen der Rührung ersticken unsere Stimme.</p><lb/> <p xml:id="ID_88"> O zürne nicht, du liebevolle, erhabne Mutter, daß wir dich so lange ver¬<lb/> leugnete», daß wir so lange auf fremdem Boden deinen treuen Blicken uns<lb/> entzogen. Wir haben es schwer gebüßt! Aus allen deutschen Gauen hat man<lb/> uns zurückgewiesen, denn die Deutschen sind Männer von tiefer Empfindung<lb/> und dem Sohne, der seine Mutter verleugnet, verschließen die Pförtner alle<lb/> Thore.</p><lb/> </div> </div> </div> </body> </text> </TEI> [0042]
T a g e b u rh.
i.
Bekenntnisse der Grenzboten.
Mit dem Beginne der zweiten Hälfte dieses Iahrev haben diese Blatte«
eine Veränderung erlebt. Sie haben ihrem Geburtsort außerhalb der deutschen
Grenzen Balat gesagt, um ihr Zelt im Innern von Deutschland aufzuschlagen;
sie haben die Werk'stätte ihres Druckes von Brüssel nach Leipzig verlegt.
Eine neue Epoche bricht für sie herein. Bisher glichen diese Blätter jenen
freien Tscherkessen, die ihrem Baterland aus eignem Triebe dienen, unberührt
von Polizei- und Regimentszwang, nur ihrem eigenen Gewissen folgend; nun
treten sie in die Reihe der — Civilisation! Fortan werden sie nicht mehr
Bart und Haupthaare nach Lust sich wachsen lassen; sie werden ihre Nägel
beschneiden, ihr Kinn glatt scheeren und ihre Glieder in dieselbe Uniform stet-
?en lassen, welche alle übrigen civilisirten Journale Deutschlands ziert.
Da steht sie, die gute Mutter der Deutschen, die Gattin Hermann des
Cheruskers, die gute treue Mutter Censur! Da steht sie und breitet zärtlich
ihre Arme aus, um uns zu empfangen, und weinend stürzen wir an ihre Brust
und Thränen der Rührung ersticken unsere Stimme.
O zürne nicht, du liebevolle, erhabne Mutter, daß wir dich so lange ver¬
leugnete», daß wir so lange auf fremdem Boden deinen treuen Blicken uns
entzogen. Wir haben es schwer gebüßt! Aus allen deutschen Gauen hat man
uns zurückgewiesen, denn die Deutschen sind Männer von tiefer Empfindung
und dem Sohne, der seine Mutter verleugnet, verschließen die Pförtner alle
Thore.
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