mit unterläuft, brauchen. Lobgedichte aber und Satyren oder andere ernsthafte Briefe darinn zu schreiben, ist unge- reimt: obgleich zuweilen grosse Leute solches gethan. Jch setze wiederum des Boileau seine Regeln von dieser Materie hie- her, undfüge endlich einige Proben von meiner Arbeit hinzu.
D' un ton un peu plus haut, mais pourtant sans audace, La plaintive Elegie, en longs habits de deuil, Sait les cheveux epars gemir sous un cercueil. Elle peint des Amans la joie & la tristesse; Flatte, menace, irrite, appaise une Maeitresse. Mais pour bien exprimer ces caprices heureux, C' est peu d' etre Poete, il faut etre amoureux. Je hais ces vains Auteurs, dont la Muse forcee M' entretient de ses feux, toaujours froide & glacee; Qui s' affligent par art, & fous de sens rassis, S' erigent, pour rimer, en Amoureux transis. Leurs transports les plus doux ne sont que phrases vaines. Ils ne savent jamais, que se charger de chaeines; Que benir leur martyre, adorer leur prison, Et faire quereller les Sens & la Raison. Ce n' etoit pas jadis sur ce ton ridicule, Qu' Amour dictoit les Vers que soaupiroit Tibulle; Ou que du tendre Ovide animant les doux sons, Il donnoit de son Art les charmantes lecons, Il faut que le coeur seul parle dans l' Elegie.
I.Elegie im Nahmen eines Clienten an seinen Gönner auf das Absterben seiner Gemahlin.
BEkümmerter Patron, Die ungemeinen Schmertzen, So dein bestürmter Geist vor kurtzer Zeit gespürt, Erwecken überall das Beyleid zarter Hertzen, Was Wunder ist es denn, daß sie auch mich gerührt? Jch, dein entfernter Knecht, empfieng voll Angst und Schrecken, Ein unvermuthetes und trübes Trauer-Blatt, Dadurch man mir gesucht den Jammer zu entdecken, Der dein beraubtes Haus so schnell betroffen hat. Jsts möglich, war mein Wort: was ich allhier gelesen? Trifft meines Gönners Haupt denn alle Noth zugleich? Jst er denn gantz allein des Unglücks Ziel gewesen? Und warum fühlt nur er des Todes rauhen Streich?
Zwey
Des II Theils IV Capitel
mit unterlaͤuft, brauchen. Lobgedichte aber und Satyren oder andere ernſthafte Briefe darinn zu ſchreiben, iſt unge- reimt: obgleich zuweilen groſſe Leute ſolches gethan. Jch ſetze wiederum des Boileau ſeine Regeln von dieſer Materie hie- her, undfuͤge endlich einige Proben von meiner Arbeit hinzu.
D’ un ton un peu plus haut, mais pourtant ſans audace, La plaintive Elégie, en longs habits de deuil, Sait les cheveux épars gémir ſous un cercueil. Elle peint des Amans la joie & la triſteſſe; Flatte, menace, irrite, appaiſe une Maîtreſſe. Mais pour bien exprimer ces caprices heureux, C’ eſt peu d’ être Poëte, il faut être amoureux. Je hais ces vains Auteurs, dont la Muſe forcée M’ entretient de ſes feux, toûjours froide & glacée; Qui s’ affligent par art, & fous de ſens raſſis, S’ érigent, pour rimer, en Amoureux tranſis. Leurs tranſports les plus doux ne ſont que phrâſes vaines. Ils ne ſavent jamais, que ſe charger de chaînes; Que bénir leur martyre, adorer leur priſon, Et faire quereller les Sens & la Raiſon. Ce n’ étoit pas jadis ſur ce ton ridicule, Qu’ Amour dictoit les Vers que ſoûpiroit Tibulle; Ou que du tendre Ovide animant les doux ſons, Il donnoit de ſon Art les charmantes leçons, Il faut que le cœur ſeul parle dans l’ Elégie.
I.Elegie im Nahmen eines Clienten an ſeinen Goͤnner auf das Abſterben ſeiner Gemahlin.
BEkuͤmmerter Patron, Die ungemeinen Schmertzen, So dein beſtuͤrmter Geiſt vor kurtzer Zeit geſpuͤrt, Erwecken uͤberall das Beyleid zarter Hertzen, Was Wunder iſt es denn, daß ſie auch mich geruͤhrt? Jch, dein entfernter Knecht, empfieng voll Angſt und Schrecken, Ein unvermuthetes und truͤbes Trauer-Blatt, Dadurch man mir geſucht den Jammer zu entdecken, Der dein beraubtes Haus ſo ſchnell betroffen hat. Jſts moͤglich, war mein Wort: was ich allhier geleſen? Trifft meines Goͤnners Haupt denn alle Noth zugleich? Jſt er denn gantz allein des Ungluͤcks Ziel geweſen? Und warum fuͤhlt nur er des Todes rauhen Streich?
Zwey
<TEI><text><body><divn="1"><divn="2"><p><pbfacs="#f0446"n="418"/><fwplace="top"type="header"><hirendition="#b">Des <hirendition="#aq">II</hi> Theils <hirendition="#aq">IV</hi> Capitel</hi></fw><lb/>
mit unterlaͤuft, brauchen. Lobgedichte aber und Satyren<lb/>
oder andere ernſthafte Briefe darinn zu ſchreiben, iſt unge-<lb/>
reimt: obgleich zuweilen groſſe Leute ſolches gethan. Jch ſetze<lb/>
wiederum des Boileau ſeine Regeln von dieſer Materie hie-<lb/>
her, undfuͤge endlich einige Proben von meiner Arbeit hinzu.</p><lb/><cit><quote><hirendition="#aq">D’ un ton un peu plus haut, mais pourtant ſans audace,<lb/>
La plaintive Elégie, en longs habits de deuil,<lb/>
Sait les cheveux épars gémir ſous un cercueil.<lb/>
Elle peint des Amans la joie & la triſteſſe;<lb/>
Flatte, menace, irrite, appaiſe une Maîtreſſe.<lb/>
Mais pour bien exprimer ces caprices heureux,<lb/>
C’ eſt peu d’ être Poëte, il faut être amoureux.<lb/>
Je hais ces vains Auteurs, dont la Muſe forcée<lb/>
M’ entretient de ſes feux, toûjours froide & glacée;<lb/>
Qui s’ affligent par art, & fous de ſens raſſis,<lb/>
S’ érigent, pour rimer, en Amoureux tranſis.<lb/>
Leurs tranſports les plus doux ne ſont que phrâſes vaines.<lb/>
Ils ne ſavent jamais, que ſe charger de chaînes;<lb/>
Que bénir leur martyre, adorer leur priſon,<lb/>
Et faire quereller les Sens & la Raiſon.<lb/>
Ce n’ étoit pas jadis ſur ce ton ridicule,<lb/>
Qu’ Amour dictoit les Vers que ſoûpiroit Tibulle;<lb/>
Ou que du tendre Ovide animant les doux ſons,<lb/>
Il donnoit de ſon Art les charmantes leçons,<lb/>
Il faut que le cœur ſeul parle dans l’ Elégie.</hi></quote></cit><lb/><divn="3"><head><hirendition="#aq">I.</hi><hirendition="#b">Elegie<lb/>
im Nahmen eines Clienten an ſeinen Goͤnner auf das<lb/>
Abſterben ſeiner Gemahlin.</hi></head><lb/><lgtype="poem"><l><hirendition="#in">B</hi>Ekuͤmmerter Patron,</l><lb/><l><hirendition="#et">Die ungemeinen Schmertzen,</hi></l><lb/><l>So dein beſtuͤrmter Geiſt vor kurtzer Zeit geſpuͤrt,</l><lb/><l>Erwecken uͤberall das Beyleid zarter Hertzen,</l><lb/><l>Was Wunder iſt es denn, daß ſie auch mich geruͤhrt?</l><lb/><l>Jch, dein entfernter Knecht, empfieng voll Angſt und Schrecken,</l><lb/><l>Ein unvermuthetes und truͤbes Trauer-Blatt,</l><lb/><l>Dadurch man mir geſucht den Jammer zu entdecken,</l><lb/><l>Der dein beraubtes Haus ſo ſchnell betroffen hat.</l><lb/><l>Jſts moͤglich, war mein Wort: was ich allhier geleſen?</l><lb/><l>Trifft meines Goͤnners Haupt denn alle Noth zugleich?</l><lb/><l>Jſt er denn gantz allein des Ungluͤcks Ziel geweſen?</l><lb/><l>Und warum fuͤhlt nur er des Todes rauhen Streich?</l><lb/><fwplace="bottom"type="catch">Zwey</fw><lb/></lg></div></div></div></body></text></TEI>
[418/0446]
Des II Theils IV Capitel
mit unterlaͤuft, brauchen. Lobgedichte aber und Satyren
oder andere ernſthafte Briefe darinn zu ſchreiben, iſt unge-
reimt: obgleich zuweilen groſſe Leute ſolches gethan. Jch ſetze
wiederum des Boileau ſeine Regeln von dieſer Materie hie-
her, undfuͤge endlich einige Proben von meiner Arbeit hinzu.
D’ un ton un peu plus haut, mais pourtant ſans audace,
La plaintive Elégie, en longs habits de deuil,
Sait les cheveux épars gémir ſous un cercueil.
Elle peint des Amans la joie & la triſteſſe;
Flatte, menace, irrite, appaiſe une Maîtreſſe.
Mais pour bien exprimer ces caprices heureux,
C’ eſt peu d’ être Poëte, il faut être amoureux.
Je hais ces vains Auteurs, dont la Muſe forcée
M’ entretient de ſes feux, toûjours froide & glacée;
Qui s’ affligent par art, & fous de ſens raſſis,
S’ érigent, pour rimer, en Amoureux tranſis.
Leurs tranſports les plus doux ne ſont que phrâſes vaines.
Ils ne ſavent jamais, que ſe charger de chaînes;
Que bénir leur martyre, adorer leur priſon,
Et faire quereller les Sens & la Raiſon.
Ce n’ étoit pas jadis ſur ce ton ridicule,
Qu’ Amour dictoit les Vers que ſoûpiroit Tibulle;
Ou que du tendre Ovide animant les doux ſons,
Il donnoit de ſon Art les charmantes leçons,
Il faut que le cœur ſeul parle dans l’ Elégie.
I. Elegie
im Nahmen eines Clienten an ſeinen Goͤnner auf das
Abſterben ſeiner Gemahlin.
BEkuͤmmerter Patron,
Die ungemeinen Schmertzen,
So dein beſtuͤrmter Geiſt vor kurtzer Zeit geſpuͤrt,
Erwecken uͤberall das Beyleid zarter Hertzen,
Was Wunder iſt es denn, daß ſie auch mich geruͤhrt?
Jch, dein entfernter Knecht, empfieng voll Angſt und Schrecken,
Ein unvermuthetes und truͤbes Trauer-Blatt,
Dadurch man mir geſucht den Jammer zu entdecken,
Der dein beraubtes Haus ſo ſchnell betroffen hat.
Jſts moͤglich, war mein Wort: was ich allhier geleſen?
Trifft meines Goͤnners Haupt denn alle Noth zugleich?
Jſt er denn gantz allein des Ungluͤcks Ziel geweſen?
Und warum fuͤhlt nur er des Todes rauhen Streich?
Zwey
Informationen zur CAB-Ansicht
Diese Ansicht bietet Ihnen die Darstellung des Textes in normalisierter Orthographie.
Diese Textvariante wird vollautomatisch erstellt und kann aufgrund dessen auch Fehler enthalten.
Alle veränderten Wortformen sind grau hinterlegt. Als fremdsprachliches Material erkannte
Textteile sind ausgegraut dargestellt.
Gottsched, Johann Christoph: Versuch einer Critischen Dichtkunst vor die Deutschen. Leipzig, 1730, S. 418. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/gottsched_versuch_1730/446>, abgerufen am 23.02.2025.
Alle Inhalte dieser Seite unterstehen, soweit nicht anders gekennzeichnet, einer
Creative-Commons-Lizenz.
Die Rechte an den angezeigten Bilddigitalisaten, soweit nicht anders gekennzeichnet, liegen bei den besitzenden Bibliotheken.
Weitere Informationen finden Sie in den DTA-Nutzungsbedingungen.
Insbesondere im Hinblick auf die §§ 86a StGB und 130 StGB wird festgestellt, dass die auf
diesen Seiten abgebildeten Inhalte weder in irgendeiner Form propagandistischen Zwecken
dienen, oder Werbung für verbotene Organisationen oder Vereinigungen darstellen, oder
nationalsozialistische Verbrechen leugnen oder verharmlosen, noch zum Zwecke der
Herabwürdigung der Menschenwürde gezeigt werden.
Die auf diesen Seiten abgebildeten Inhalte (in Wort und Bild) dienen im Sinne des
§ 86 StGB Abs. 3 ausschließlich historischen, sozial- oder kulturwissenschaftlichen
Forschungszwecken. Ihre Veröffentlichung erfolgt in der Absicht, Wissen zur Anregung
der intellektuellen Selbstständigkeit und Verantwortungsbereitschaft des Staatsbürgers zu
vermitteln und damit der Förderung seiner Mündigkeit zu dienen.
2007–2025 Deutsches Textarchiv, Berlin-Brandenburgische Akademie der Wissenschaften
(Kontakt).
Zitierempfehlung: Deutsches Textarchiv. Grundlage für ein Referenzkorpus der neuhochdeutschen Sprache. Herausgegeben von der Berlin-Brandenburgischen Akademie der Wissenschaften, Berlin 2025. URL: https://www.deutschestextarchiv.de/.