Goethe, Johann Wolfgang von: Die Leiden des jungen Werthers. Bd. 2. Leipzig, 1774.denn auch alles dazu geben was wir haben, und noch eine gewisse idealische Behaglichkeit dazu. Und so ist der Glükliche vollkommen fertig, das Geschöpf unserer selbst. Dagegen wenn wir mit all unserer Schwachheit am 10. Nov. Jch fange an mich in sofern ganz leidlich hier pfin- H 3
denn auch alles dazu geben was wir haben, und noch eine gewiſſe idealiſche Behaglichkeit dazu. Und ſo iſt der Gluͤkliche vollkommen fertig, das Geſchoͤpf unſerer ſelbſt. Dagegen wenn wir mit all unſerer Schwachheit am 10. Nov. Jch fange an mich in ſofern ganz leidlich hier pfin- H 3
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denn auch alles dazu geben was wir haben, und
noch eine gewiſſe idealiſche Behaglichkeit dazu.
Und ſo iſt der Gluͤkliche vollkommen fertig, das
Geſchoͤpf unſerer ſelbſt.
Dagegen wenn wir mit all unſerer Schwachheit
und Muͤhſeligkeit nur gerade fortarbeiten, ſo fin-
den wir gar oft, daß wir mit all unſerm Schlen-
dern und Laviren es weiter bringen als andre
mit ihren Segeln und Rudern — und — das
iſt doch ein wahres Gefuͤhl ſeiner ſelbſt, wenn
man andern gleich oder gar vorlauft.
am 10. Nov.
Jch fange an mich in ſofern ganz leidlich hier
zu befinden. Das beſte iſt, daß es zu thun
genug giebt, und dann die vielerley Menſchen, die
allerley neue Geſtalten, machen mir ein buntes
Schauſpiel vor meiner Seele. Jch habe den Gra-
fen C.. kennen lernen, einen Mann, den ich jeden
Tag mehr verehren muß. Einen weiten groſſen
Kopf, und der deswegen nicht kalt iſt, weil er
viel uͤberſieht; aus deſſen Umgange ſo viel Em-
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Zitationshilfe: | Goethe, Johann Wolfgang von: Die Leiden des jungen Werthers. Bd. 2. Leipzig, 1774, S. 117. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/goethe_werther02_1774/5>, abgerufen am 22.02.2025. |