Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Goethe, Johann Wolfgang von: Die Leiden des jungen Werthers. Bd. 2. Leipzig, 1774.

Bild:
<< vorherige Seite



die Suppen nicht fett machen, etwas haben wollte,
dachtens mit einander zu theilen, da erfuhr's die
Kammer und sagte: hier herein! und verkaufte
die Bäume an den Meistbietenden. Sie liegen!
O wenn ich Fürst wäre! Jch wollt die Pfarrern,
den Schulzen und die Kammer -- Fürst! --
Ja wenn ich Fürst wäre, was kümmerten mich die
Bäume in meinem Lande.




Wenn ich nur ihre schwarzen Augen sehe, ist
mirs schon wohl! Sieh, und was mich ver-
drüst, ist, daß Albert nicht so beglükt zu seyn schei-
net, als er -- hoffte -- als ich -- zu seyn glaub-
te -- wenn -- Jch mache nicht gern Gedanken-
striche, aber hier kann ich mich nicht anders aus-
drukken -- und mich dünkt deutlich genug.




Ossian hat in meinem Herzen den Homer ver-
dr ngt. Welch eine Welt, in die der Herr-
liche mich führt. Zu wandern über die Haide,

um-
K 4



die Suppen nicht fett machen, etwas haben wollte,
dachtens mit einander zu theilen, da erfuhr’s die
Kammer und ſagte: hier herein! und verkaufte
die Baͤume an den Meiſtbietenden. Sie liegen!
O wenn ich Fuͤrſt waͤre! Jch wollt die Pfarrern,
den Schulzen und die Kammer — Fuͤrſt! —
Ja wenn ich Fuͤrſt waͤre, was kuͤmmerten mich die
Baͤume in meinem Lande.




Wenn ich nur ihre ſchwarzen Augen ſehe, iſt
mirs ſchon wohl! Sieh, und was mich ver-
druͤſt, iſt, daß Albert nicht ſo begluͤkt zu ſeyn ſchei-
net, als er — hoffte — als ich — zu ſeyn glaub-
te — wenn — Jch mache nicht gern Gedanken-
ſtriche, aber hier kann ich mich nicht anders aus-
drukken — und mich duͤnkt deutlich genug.




Oſſian hat in meinem Herzen den Homer ver-
dr ngt. Welch eine Welt, in die der Herr-
liche mich fuͤhrt. Zu wandern uͤber die Haide,

um-
K 4
<TEI>
  <text>
    <body>
      <div type="diaryEntry">
        <div type="diaryEntry">
          <p><pb facs="#f0039" n="151"/><milestone rendition="#hr" unit="section"/><lb/>
die Suppen nicht fett machen, etwas haben wollte,<lb/>
dachtens mit einander zu theilen, da erfuhr&#x2019;s die<lb/>
Kammer und &#x017F;agte: hier herein! und verkaufte<lb/>
die Ba&#x0364;ume an den Mei&#x017F;tbietenden. Sie liegen!<lb/>
O wenn ich Fu&#x0364;r&#x017F;t wa&#x0364;re! Jch wollt die Pfarrern,<lb/>
den Schulzen und die Kammer &#x2014; Fu&#x0364;r&#x017F;t! &#x2014;<lb/>
Ja wenn ich Fu&#x0364;r&#x017F;t wa&#x0364;re, was ku&#x0364;mmerten mich die<lb/>
Ba&#x0364;ume in meinem Lande.</p><lb/>
        </div>
        <milestone rendition="#hr" unit="section"/><lb/>
        <div type="diaryEntry">
          <dateline> <hi rendition="#et">am 10. Oktober.</hi> </dateline><lb/>
          <p><hi rendition="#in">W</hi>enn ich nur ihre &#x017F;chwarzen Augen &#x017F;ehe, i&#x017F;t<lb/>
mirs &#x017F;chon wohl! Sieh, und was mich ver-<lb/>
dru&#x0364;&#x017F;t, i&#x017F;t, daß Albert nicht &#x017F;o beglu&#x0364;kt zu &#x017F;eyn &#x017F;chei-<lb/>
net, als er &#x2014; hoffte &#x2014; als ich &#x2014; zu &#x017F;eyn glaub-<lb/>
te &#x2014; wenn &#x2014; Jch mache nicht gern Gedanken-<lb/>
&#x017F;triche, aber hier kann ich mich nicht anders aus-<lb/>
drukken &#x2014; und mich du&#x0364;nkt deutlich genug.</p><lb/>
        </div>
        <milestone rendition="#hr" unit="section"/><lb/>
        <div type="diaryEntry">
          <dateline> <hi rendition="#et">am 12. Oktober.</hi> </dateline><lb/>
          <p><hi rendition="#in">O</hi>&#x017F;&#x017F;ian hat in meinem Herzen den Homer ver-<lb/>
dr ngt. Welch eine Welt, in die der Herr-<lb/>
liche mich fu&#x0364;hrt. Zu wandern u&#x0364;ber die Haide,<lb/>
<fw place="bottom" type="sig">K 4</fw><fw place="bottom" type="catch">um-</fw><lb/></p>
        </div>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[151/0039] die Suppen nicht fett machen, etwas haben wollte, dachtens mit einander zu theilen, da erfuhr’s die Kammer und ſagte: hier herein! und verkaufte die Baͤume an den Meiſtbietenden. Sie liegen! O wenn ich Fuͤrſt waͤre! Jch wollt die Pfarrern, den Schulzen und die Kammer — Fuͤrſt! — Ja wenn ich Fuͤrſt waͤre, was kuͤmmerten mich die Baͤume in meinem Lande. am 10. Oktober. Wenn ich nur ihre ſchwarzen Augen ſehe, iſt mirs ſchon wohl! Sieh, und was mich ver- druͤſt, iſt, daß Albert nicht ſo begluͤkt zu ſeyn ſchei- net, als er — hoffte — als ich — zu ſeyn glaub- te — wenn — Jch mache nicht gern Gedanken- ſtriche, aber hier kann ich mich nicht anders aus- drukken — und mich duͤnkt deutlich genug. am 12. Oktober. Oſſian hat in meinem Herzen den Homer ver- dr ngt. Welch eine Welt, in die der Herr- liche mich fuͤhrt. Zu wandern uͤber die Haide, um- K 4

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien im Double-Keying-Verfahren von Nicht-Muttersprachlern erfasst und in XML/TEI P5 nach DTA-Basisformat kodiert.




Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/goethe_werther02_1774
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/goethe_werther02_1774/39
Zitationshilfe: Goethe, Johann Wolfgang von: Die Leiden des jungen Werthers. Bd. 2. Leipzig, 1774, S. 151. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/goethe_werther02_1774/39>, abgerufen am 30.12.2024.