Goethe, Johann Wolfgang von: Versuch die Metamorphose der Pflanzen zu erklären. Gotha, 1790.sehen, welcher das durch seine Thätigkeit ersezt, was den Gefässen die ihn hervorbringen an Aus- breitung entzogen ist: wenn er nun mehr losgelösst die weiblichen Theile aufsucht, welche den Staub- gefässen durch gleiche Wirkung der Natur entgegen gewachsen sind, wenn er sich fest an sie anhängt, und seine Einflüsse ihnen mittheilt: so sind wir nicht abgeneigt, die Verbindung der beyden Geschlechter eine geistige Anastomose zu nennen, und glauben wenigstens einen Augenblick die Begriffe von Wachsthum und Zeugung, einander näher gerückt zu haben. §. 64. Die feine Materie welche sich in den Antheren ſehen, welcher das durch ſeine Thätigkeit erſezt, was den Gefäſsen die ihn hervorbringen an Aus- breitung entzogen iſt: wenn er nun mehr losgelöſst die weiblichen Theile aufſucht, welche den Staub- gefäſsen durch gleiche Wirkung der Natur entgegen gewachſen ſind, wenn er ſich feſt an ſie anhängt, und ſeine Einflüſſe ihnen mittheilt: ſo ſind wir nicht abgeneigt, die Verbindung der beyden Geſchlechter eine geiſtige Anaſtomoſe zu nennen, und glauben wenigſtens einen Augenblick die Begriffe von Wachsthum und Zeugung, einander näher gerückt zu haben. §. 64. Die feine Materie welche ſich in den Antheren <TEI> <text> <body> <div n="1"> <div n="2"> <p><pb facs="#f0057" n="42"/><milestone rendition="#hr" unit="section"/> ſehen, welcher das durch ſeine Thätigkeit erſezt,<lb/> was den Gefäſsen die ihn hervorbringen an Aus-<lb/> breitung entzogen iſt: wenn er nun mehr losgelöſst<lb/> die weiblichen Theile aufſucht, welche den Staub-<lb/> gefäſsen durch gleiche Wirkung der Natur entgegen<lb/> gewachſen ſind, wenn er ſich feſt an ſie anhängt,<lb/> und ſeine Einflüſſe ihnen mittheilt: ſo ſind wir<lb/> nicht abgeneigt, die Verbindung der beyden<lb/> Geſchlechter eine geiſtige Anaſtomoſe zu nennen,<lb/> und glauben wenigſtens einen Augenblick die<lb/> Begriffe von Wachsthum und Zeugung, einander<lb/> näher gerückt zu haben.</p> </div><lb/> <div n="2"> <head> <hi rendition="#c">§. 64.</hi> </head><lb/> <p>Die feine Materie welche ſich in den Antheren<lb/> entwickelt, erſcheint uns als ein Staub; dieſe<lb/> Staubkügelchen ſind aber nur Gefäſse worin höchſt<lb/> feiner Saft aufbewahrt iſt. Wir pflichten daher<lb/> der Meynung derjenigen bey, welche behaupten<lb/> daſs dieſer Saft von den Piſtillen an denen ſich<lb/> die Staubkügelchen anhängen, eingeſogen und<lb/> ſo die Befruchtung bewirkt werde. Es wird dieſes<lb/> um ſo wahrſcheinlicher, da einige Pflanzen keinen<lb/> Samenſtaub, vielmehr nur eine bloſse Feuchtigkeit<lb/> abſondern.</p> </div><lb/> </div> </body> </text> </TEI> [42/0057]
ſehen, welcher das durch ſeine Thätigkeit erſezt,
was den Gefäſsen die ihn hervorbringen an Aus-
breitung entzogen iſt: wenn er nun mehr losgelöſst
die weiblichen Theile aufſucht, welche den Staub-
gefäſsen durch gleiche Wirkung der Natur entgegen
gewachſen ſind, wenn er ſich feſt an ſie anhängt,
und ſeine Einflüſſe ihnen mittheilt: ſo ſind wir
nicht abgeneigt, die Verbindung der beyden
Geſchlechter eine geiſtige Anaſtomoſe zu nennen,
und glauben wenigſtens einen Augenblick die
Begriffe von Wachsthum und Zeugung, einander
näher gerückt zu haben.
§. 64.
Die feine Materie welche ſich in den Antheren
entwickelt, erſcheint uns als ein Staub; dieſe
Staubkügelchen ſind aber nur Gefäſse worin höchſt
feiner Saft aufbewahrt iſt. Wir pflichten daher
der Meynung derjenigen bey, welche behaupten
daſs dieſer Saft von den Piſtillen an denen ſich
die Staubkügelchen anhängen, eingeſogen und
ſo die Befruchtung bewirkt werde. Es wird dieſes
um ſo wahrſcheinlicher, da einige Pflanzen keinen
Samenſtaub, vielmehr nur eine bloſse Feuchtigkeit
abſondern.
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