Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Goethe, Johann Wolfgang von: Zur Farbenlehre. Bd. 2. Tübingen, 1810.

Bild:
<< vorherige Seite

det werden kann, ist schon ihre mangelhafte Nahrung
durchgekocht, und so werden sie weiß. Eben dieses be-
gegnet den Früchten, welche kränkeln, denn diese sind
auch wegen ihrer Schwäche bald durchgekocht.

77.

Die Thiere aber, welche weiß werden und von
andern auf diese Art sich unterscheiden, als Pferde und
Hunde, gehen aus ihrer natürlichen Farbe in das Wei-
ße hinüber wegen reichlicher Nahrung; denn das Feuch-
te in ihnen veraltet nicht, sondern wird zum Wachs-
thum verbraucht und weiß. Die meisten dieser Ge-
schöpfe sind feucht und fruchtbar, wegen reichlicher
Nahrung, daher auch die weiße Farbe in keine andere
übergeht, (weil sie schon das Ende erreicht hat,) so
wie dagegen schwarze Haare, ehe sie grau werden,
durch das Rothe durchgehen und zuletzt weiß werden.

78.

Uebrigens glauben einige alles werde schwarz, weil
die Nahrung von der Wärme verbrannt werde, so wie
beym Blut und manchem andern geschieht, worinn sie
jedoch irren.

Denn einige Thiere werden gleich anfangs schwarz,
als Hunde, Ziegen und Ochsen und überhaupt alle
diejenigen, deren Häute und Haare von Anfang genug-
same Nahrung haben, bey fortschreitenden Jahren aber
weniger. Doch sollten, (wenn jene Meynung wahr
wäre,) die Haare zu Anfang vielmehr weiß seyn und
erst, wenn das Thier auf dem Gipfel seiner Kraft

det werden kann, iſt ſchon ihre mangelhafte Nahrung
durchgekocht, und ſo werden ſie weiß. Eben dieſes be-
gegnet den Fruͤchten, welche kraͤnkeln, denn dieſe ſind
auch wegen ihrer Schwaͤche bald durchgekocht.

77.

Die Thiere aber, welche weiß werden und von
andern auf dieſe Art ſich unterſcheiden, als Pferde und
Hunde, gehen aus ihrer natuͤrlichen Farbe in das Wei-
ße hinuͤber wegen reichlicher Nahrung; denn das Feuch-
te in ihnen veraltet nicht, ſondern wird zum Wachs-
thum verbraucht und weiß. Die meiſten dieſer Ge-
ſchoͤpfe ſind feucht und fruchtbar, wegen reichlicher
Nahrung, daher auch die weiße Farbe in keine andere
uͤbergeht, (weil ſie ſchon das Ende erreicht hat,) ſo
wie dagegen ſchwarze Haare, ehe ſie grau werden,
durch das Rothe durchgehen und zuletzt weiß werden.

78.

Uebrigens glauben einige alles werde ſchwarz, weil
die Nahrung von der Waͤrme verbrannt werde, ſo wie
beym Blut und manchem andern geſchieht, worinn ſie
jedoch irren.

Denn einige Thiere werden gleich anfangs ſchwarz,
als Hunde, Ziegen und Ochſen und uͤberhaupt alle
diejenigen, deren Haͤute und Haare von Anfang genug-
ſame Nahrung haben, bey fortſchreitenden Jahren aber
weniger. Doch ſollten, (wenn jene Meynung wahr
waͤre,) die Haare zu Anfang vielmehr weiß ſeyn und
erſt, wenn das Thier auf dem Gipfel ſeiner Kraft

<TEI>
  <text>
    <body>
      <div n="1">
        <div n="2">
          <div n="3">
            <div n="4">
              <p><pb facs="#f0084" n="50"/>
det werden kann, i&#x017F;t &#x017F;chon ihre mangelhafte Nahrung<lb/>
durchgekocht, und &#x017F;o werden &#x017F;ie weiß. Eben die&#x017F;es be-<lb/>
gegnet den Fru&#x0364;chten, welche kra&#x0364;nkeln, denn die&#x017F;e &#x017F;ind<lb/>
auch wegen ihrer Schwa&#x0364;che bald durchgekocht.</p>
            </div><lb/>
            <div n="4">
              <head>77.</head><lb/>
              <p>Die Thiere aber, welche weiß werden und von<lb/>
andern auf die&#x017F;e Art &#x017F;ich unter&#x017F;cheiden, als Pferde und<lb/>
Hunde, gehen aus ihrer natu&#x0364;rlichen Farbe in das Wei-<lb/>
ße hinu&#x0364;ber wegen reichlicher Nahrung; denn das Feuch-<lb/>
te in ihnen veraltet nicht, &#x017F;ondern wird zum Wachs-<lb/>
thum verbraucht und weiß. Die mei&#x017F;ten die&#x017F;er Ge-<lb/>
&#x017F;cho&#x0364;pfe &#x017F;ind feucht und fruchtbar, wegen reichlicher<lb/>
Nahrung, daher auch die weiße Farbe in keine andere<lb/>
u&#x0364;bergeht, (weil &#x017F;ie &#x017F;chon das Ende erreicht hat,) &#x017F;o<lb/>
wie dagegen &#x017F;chwarze Haare, ehe &#x017F;ie grau werden,<lb/>
durch das Rothe durchgehen und zuletzt weiß werden.</p>
            </div><lb/>
            <div n="4">
              <head>78.</head><lb/>
              <p>Uebrigens glauben einige alles werde &#x017F;chwarz, weil<lb/>
die Nahrung von der Wa&#x0364;rme verbrannt werde, &#x017F;o wie<lb/>
beym Blut und manchem andern ge&#x017F;chieht, worinn &#x017F;ie<lb/>
jedoch irren.</p><lb/>
              <p>Denn einige Thiere werden gleich anfangs &#x017F;chwarz,<lb/>
als Hunde, Ziegen und Och&#x017F;en und u&#x0364;berhaupt alle<lb/>
diejenigen, deren Ha&#x0364;ute und Haare von Anfang genug-<lb/>
&#x017F;ame Nahrung haben, bey fort&#x017F;chreitenden Jahren aber<lb/>
weniger. Doch &#x017F;ollten, (wenn jene Meynung wahr<lb/>
wa&#x0364;re,) die Haare zu Anfang vielmehr weiß &#x017F;eyn und<lb/>
er&#x017F;t, wenn das Thier auf dem Gipfel &#x017F;einer Kraft<lb/></p>
            </div>
          </div>
        </div>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[50/0084] det werden kann, iſt ſchon ihre mangelhafte Nahrung durchgekocht, und ſo werden ſie weiß. Eben dieſes be- gegnet den Fruͤchten, welche kraͤnkeln, denn dieſe ſind auch wegen ihrer Schwaͤche bald durchgekocht. 77. Die Thiere aber, welche weiß werden und von andern auf dieſe Art ſich unterſcheiden, als Pferde und Hunde, gehen aus ihrer natuͤrlichen Farbe in das Wei- ße hinuͤber wegen reichlicher Nahrung; denn das Feuch- te in ihnen veraltet nicht, ſondern wird zum Wachs- thum verbraucht und weiß. Die meiſten dieſer Ge- ſchoͤpfe ſind feucht und fruchtbar, wegen reichlicher Nahrung, daher auch die weiße Farbe in keine andere uͤbergeht, (weil ſie ſchon das Ende erreicht hat,) ſo wie dagegen ſchwarze Haare, ehe ſie grau werden, durch das Rothe durchgehen und zuletzt weiß werden. 78. Uebrigens glauben einige alles werde ſchwarz, weil die Nahrung von der Waͤrme verbrannt werde, ſo wie beym Blut und manchem andern geſchieht, worinn ſie jedoch irren. Denn einige Thiere werden gleich anfangs ſchwarz, als Hunde, Ziegen und Ochſen und uͤberhaupt alle diejenigen, deren Haͤute und Haare von Anfang genug- ſame Nahrung haben, bey fortſchreitenden Jahren aber weniger. Doch ſollten, (wenn jene Meynung wahr waͤre,) die Haare zu Anfang vielmehr weiß ſeyn und erſt, wenn das Thier auf dem Gipfel ſeiner Kraft

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien im Double-Keying-Verfahren von Nicht-Muttersprachlern erfasst und in XML/TEI P5 nach DTA-Basisformat kodiert.




Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/goethe_farbenlehre02_1810
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/goethe_farbenlehre02_1810/84
Zitationshilfe: Goethe, Johann Wolfgang von: Zur Farbenlehre. Bd. 2. Tübingen, 1810, S. 50. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/goethe_farbenlehre02_1810/84>, abgerufen am 21.11.2024.