Reflexions sur la lumiere et les couleurs et la generation du feu par le Pere Malebranche. Memoi- res de l'Academie royale 1699.
"Die Philosophie hat das Joch der Autorität völ- lig abgeworfen und die größten Philosophen überreden uns nur noch durch ihre Gründe. So scharfsinnig auch das System über das Licht von Herrn Descar- tes seyn mag, so hat es doch der Pater Malebranche verlassen, um ein andres aufzustellen, das nach dem System des Tones gebildet ist, und diese Aehnlichkeit selbst kann für die Wahrheit desselben zeugen bey sol- chen, welchen bekannt ist, wie sehr die Natur, was die allgemeinen Principien betrifft, gleichförmig sey."
"Man ist überzeugt, daß der Ton hervorgebracht wird durch das Zittern oder Schwingen unmerklicher Theile des klingenden Körpers. Größere oder kleinere Schwingungen, d. h. solche, welche größere oder kleinere Bogen desselben Kreises machen, begeben sich für die Em- pfindung in gleichen Zeiten, und die Töne welche sie hervorbringen, können nicht unterschieden seyn, als daß sie stärker oder schwächer sind. Die stärkern werden durch die größeren Schwingungen hervorgebracht, die schwachen durch die kleineren. Gesetzt aber, es entstehe zu gleicher Zeit eine größere Anzahl Schwingungen in
Nicolaus Malebranche.
geb. 1638. geſt. 1715.
Réflexions sur la lumière et les couleurs et la génération du feu par le Père Malebranche. Mémoi- res de l’Académie royale 1699.
„Die Philoſophie hat das Joch der Autoritaͤt voͤl- lig abgeworfen und die groͤßten Philoſophen uͤberreden uns nur noch durch ihre Gruͤnde. So ſcharfſinnig auch das Syſtem uͤber das Licht von Herrn Descar- tes ſeyn mag, ſo hat es doch der Pater Malebranche verlaſſen, um ein andres aufzuſtellen, das nach dem Syſtem des Tones gebildet iſt, und dieſe Aehnlichkeit ſelbſt kann fuͤr die Wahrheit deſſelben zeugen bey ſol- chen, welchen bekannt iſt, wie ſehr die Natur, was die allgemeinen Principien betrifft, gleichfoͤrmig ſey.“
„Man iſt uͤberzeugt, daß der Ton hervorgebracht wird durch das Zittern oder Schwingen unmerklicher Theile des klingenden Koͤrpers. Groͤßere oder kleinere Schwingungen, d. h. ſolche, welche groͤßere oder kleinere Bogen deſſelben Kreiſes machen, begeben ſich fuͤr die Em- pfindung in gleichen Zeiten, und die Toͤne welche ſie hervorbringen, koͤnnen nicht unterſchieden ſeyn, als daß ſie ſtaͤrker oder ſchwaͤcher ſind. Die ſtaͤrkern werden durch die groͤßeren Schwingungen hervorgebracht, die ſchwachen durch die kleineren. Geſetzt aber, es entſtehe zu gleicher Zeit eine groͤßere Anzahl Schwingungen in
<TEI><text><body><divn="1"><pbfacs="#f0358"n="324"/><divn="2"><head><hirendition="#g">Nicolaus Malebranche</hi>.</head><lb/><p><hirendition="#c"><hirendition="#g">geb. 1638. geſt. 1715</hi>.</hi></p><lb/><p><hirendition="#aq">Réflexions sur la lumière et les couleurs et la<lb/>
génération du feu par le Père Malebranche. Mémoi-<lb/>
res de l’Académie royale</hi> 1699.</p><lb/><p>„Die Philoſophie hat das Joch der Autoritaͤt voͤl-<lb/>
lig abgeworfen und die groͤßten Philoſophen uͤberreden<lb/>
uns nur noch durch ihre Gruͤnde. So ſcharfſinnig<lb/>
auch das Syſtem uͤber das Licht von Herrn Descar-<lb/>
tes ſeyn mag, ſo hat es doch der Pater Malebranche<lb/>
verlaſſen, um ein andres aufzuſtellen, das nach dem<lb/>
Syſtem des Tones gebildet iſt, und dieſe Aehnlichkeit<lb/>ſelbſt kann fuͤr die Wahrheit deſſelben zeugen bey ſol-<lb/>
chen, welchen bekannt iſt, wie ſehr die Natur, was die<lb/>
allgemeinen Principien betrifft, gleichfoͤrmig ſey.“</p><lb/><p>„Man iſt uͤberzeugt, daß der Ton hervorgebracht<lb/>
wird durch das Zittern oder Schwingen unmerklicher<lb/>
Theile des klingenden Koͤrpers. Groͤßere oder kleinere<lb/>
Schwingungen, d. h. ſolche, welche groͤßere oder kleinere<lb/>
Bogen deſſelben Kreiſes machen, begeben ſich fuͤr die Em-<lb/>
pfindung in gleichen Zeiten, und die Toͤne welche ſie<lb/>
hervorbringen, koͤnnen nicht unterſchieden ſeyn, als daß<lb/>ſie ſtaͤrker oder ſchwaͤcher ſind. Die ſtaͤrkern werden<lb/>
durch die groͤßeren Schwingungen hervorgebracht, die<lb/>ſchwachen durch die kleineren. Geſetzt aber, es entſtehe<lb/>
zu gleicher Zeit eine groͤßere Anzahl Schwingungen in<lb/></p></div></div></body></text></TEI>
[324/0358]
Nicolaus Malebranche.
geb. 1638. geſt. 1715.
Réflexions sur la lumière et les couleurs et la
génération du feu par le Père Malebranche. Mémoi-
res de l’Académie royale 1699.
„Die Philoſophie hat das Joch der Autoritaͤt voͤl-
lig abgeworfen und die groͤßten Philoſophen uͤberreden
uns nur noch durch ihre Gruͤnde. So ſcharfſinnig
auch das Syſtem uͤber das Licht von Herrn Descar-
tes ſeyn mag, ſo hat es doch der Pater Malebranche
verlaſſen, um ein andres aufzuſtellen, das nach dem
Syſtem des Tones gebildet iſt, und dieſe Aehnlichkeit
ſelbſt kann fuͤr die Wahrheit deſſelben zeugen bey ſol-
chen, welchen bekannt iſt, wie ſehr die Natur, was die
allgemeinen Principien betrifft, gleichfoͤrmig ſey.“
„Man iſt uͤberzeugt, daß der Ton hervorgebracht
wird durch das Zittern oder Schwingen unmerklicher
Theile des klingenden Koͤrpers. Groͤßere oder kleinere
Schwingungen, d. h. ſolche, welche groͤßere oder kleinere
Bogen deſſelben Kreiſes machen, begeben ſich fuͤr die Em-
pfindung in gleichen Zeiten, und die Toͤne welche ſie
hervorbringen, koͤnnen nicht unterſchieden ſeyn, als daß
ſie ſtaͤrker oder ſchwaͤcher ſind. Die ſtaͤrkern werden
durch die groͤßeren Schwingungen hervorgebracht, die
ſchwachen durch die kleineren. Geſetzt aber, es entſtehe
zu gleicher Zeit eine groͤßere Anzahl Schwingungen in
Informationen zur CAB-Ansicht
Diese Ansicht bietet Ihnen die Darstellung des Textes in normalisierter Orthographie.
Diese Textvariante wird vollautomatisch erstellt und kann aufgrund dessen auch Fehler enthalten.
Alle veränderten Wortformen sind grau hinterlegt. Als fremdsprachliches Material erkannte
Textteile sind ausgegraut dargestellt.
Goethe, Johann Wolfgang von: Zur Farbenlehre. Bd. 2. Tübingen, 1810, S. 324. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/goethe_farbenlehre02_1810/358>, abgerufen am 21.12.2024.
Alle Inhalte dieser Seite unterstehen, soweit nicht anders gekennzeichnet, einer
Creative-Commons-Lizenz.
Die Rechte an den angezeigten Bilddigitalisaten, soweit nicht anders gekennzeichnet, liegen bei den besitzenden Bibliotheken.
Weitere Informationen finden Sie in den DTA-Nutzungsbedingungen.
Insbesondere im Hinblick auf die §§ 86a StGB und 130 StGB wird festgestellt, dass die auf
diesen Seiten abgebildeten Inhalte weder in irgendeiner Form propagandistischen Zwecken
dienen, oder Werbung für verbotene Organisationen oder Vereinigungen darstellen, oder
nationalsozialistische Verbrechen leugnen oder verharmlosen, noch zum Zwecke der
Herabwürdigung der Menschenwürde gezeigt werden.
Die auf diesen Seiten abgebildeten Inhalte (in Wort und Bild) dienen im Sinne des
§ 86 StGB Abs. 3 ausschließlich historischen, sozial- oder kulturwissenschaftlichen
Forschungszwecken. Ihre Veröffentlichung erfolgt in der Absicht, Wissen zur Anregung
der intellektuellen Selbstständigkeit und Verantwortungsbereitschaft des Staatsbürgers zu
vermitteln und damit der Förderung seiner Mündigkeit zu dienen.
Zitierempfehlung: Deutsches Textarchiv. Grundlage für ein Referenzkorpus der neuhochdeutschen Sprache. Herausgegeben von der Berlin-Brandenburgischen Akademie der Wissenschaften, Berlin 2024. URL: https://www.deutschestextarchiv.de/.