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Goethe, Johann Wolfgang von: Zur Farbenlehre. Bd. 2. Tübingen, 1810.

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gehenden Farben einstweilen zu, und um jene auch
in vorübergehende zu verwandeln, benutzt er auf eine
sehr geschickte Weise die Versatilität der chemischen
Farben.

Was übrigens den Apparat betrifft, so bedient er
sich öfters der kleinen Oeffnung im Fensterladen, die
sich eigentlich von der die äußern Gegenstände innerlich
abbildenden Camera obscura herschreibt. Die prisma-
tischen Phänomene kennt er meistens, wie er denn auch
auf die längliche Gestalt des Farbenbildes unsere Auf-
merksamkeit hinlenkt. Unter seiner theoretischen Termi-
nologie finden wir auch schon Strahlenbündel. Da
ihm manche Erfahrungen und Versuche, die erst später
bekannt geworden, in der Reihe seines Vortrags abge-
hen; so zeigen sich in demselben Lücken und Sprünge
und gar manches Unzulängliche, das ihm aber nicht zu
Schulden kommt. Den Regenbogen mit seinen Um-
ständen und Bedingungen führt er sorgfältig aus; die
Farben desselben weiß er nicht abzuleiten.


Robert Boyle.

geb. 1627. gest. 1691.

Die Scheidung zwischen Geist und Körper, Seele
und Leib, Gott und Welt war zu Stande gekommen.
Sittenlehre und Religion fanden ihren Vortheil dabey:
denn indem der Mensch seine Freyheit behaupten will,

gehenden Farben einſtweilen zu, und um jene auch
in voruͤbergehende zu verwandeln, benutzt er auf eine
ſehr geſchickte Weiſe die Verſatilitaͤt der chemiſchen
Farben.

Was uͤbrigens den Apparat betrifft, ſo bedient er
ſich oͤfters der kleinen Oeffnung im Fenſterladen, die
ſich eigentlich von der die aͤußern Gegenſtaͤnde innerlich
abbildenden Camera obscura herſchreibt. Die prisma-
tiſchen Phaͤnomene kennt er meiſtens, wie er denn auch
auf die laͤngliche Geſtalt des Farbenbildes unſere Auf-
merkſamkeit hinlenkt. Unter ſeiner theoretiſchen Termi-
nologie finden wir auch ſchon Strahlenbuͤndel. Da
ihm manche Erfahrungen und Verſuche, die erſt ſpaͤter
bekannt geworden, in der Reihe ſeines Vortrags abge-
hen; ſo zeigen ſich in demſelben Luͤcken und Spruͤnge
und gar manches Unzulaͤngliche, das ihm aber nicht zu
Schulden kommt. Den Regenbogen mit ſeinen Um-
ſtaͤnden und Bedingungen fuͤhrt er ſorgfaͤltig aus; die
Farben deſſelben weiß er nicht abzuleiten.


Robert Boyle.

geb. 1627. geſt. 1691.

Die Scheidung zwiſchen Geiſt und Koͤrper, Seele
und Leib, Gott und Welt war zu Stande gekommen.
Sittenlehre und Religion fanden ihren Vortheil dabey:
denn indem der Menſch ſeine Freyheit behaupten will,

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[311/0345] gehenden Farben einſtweilen zu, und um jene auch in voruͤbergehende zu verwandeln, benutzt er auf eine ſehr geſchickte Weiſe die Verſatilitaͤt der chemiſchen Farben. Was uͤbrigens den Apparat betrifft, ſo bedient er ſich oͤfters der kleinen Oeffnung im Fenſterladen, die ſich eigentlich von der die aͤußern Gegenſtaͤnde innerlich abbildenden Camera obscura herſchreibt. Die prisma- tiſchen Phaͤnomene kennt er meiſtens, wie er denn auch auf die laͤngliche Geſtalt des Farbenbildes unſere Auf- merkſamkeit hinlenkt. Unter ſeiner theoretiſchen Termi- nologie finden wir auch ſchon Strahlenbuͤndel. Da ihm manche Erfahrungen und Verſuche, die erſt ſpaͤter bekannt geworden, in der Reihe ſeines Vortrags abge- hen; ſo zeigen ſich in demſelben Luͤcken und Spruͤnge und gar manches Unzulaͤngliche, das ihm aber nicht zu Schulden kommt. Den Regenbogen mit ſeinen Um- ſtaͤnden und Bedingungen fuͤhrt er ſorgfaͤltig aus; die Farben deſſelben weiß er nicht abzuleiten. Robert Boyle. geb. 1627. geſt. 1691. Die Scheidung zwiſchen Geiſt und Koͤrper, Seele und Leib, Gott und Welt war zu Stande gekommen. Sittenlehre und Religion fanden ihren Vortheil dabey: denn indem der Menſch ſeine Freyheit behaupten will,

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Zitationshilfe: Goethe, Johann Wolfgang von: Zur Farbenlehre. Bd. 2. Tübingen, 1810, S. 311. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/goethe_farbenlehre02_1810/345>, abgerufen am 21.11.2024.