Da dieser Autor in Jedermanns Händen seyn kann, sowohl im Original als in Uebersetzungen, so wäre seinen Text hier abdrucken zu lassen überflüßig und unnütz, um so mehr als derjenige, der ihn im Einzelnen zu verstehen und auszulegen sucht, manche Schwierigkeiten findet, welche wir nicht zu überwin- den hoffen. Wir ziehen daher vor, einen Aufsatz einzurücken, in welchem ein Freund das, was Pli- nius von Farben und Colorit gesagt, zusammenfaßt, und seine Meynung äußert, wie nach dem natürlichen Vorschritte der Malerkunst das Einzelne möchte zu verstehen und zurecht zu legen seyn.
Es mag dieser Versuch als ein Beyspiel dienen, wie man eine bedeutende Weltbegebenheit aus ihrer eigenen Natur heraus entwickeln, darstellen, und die hiezu überlieferten Nachrichten nur insofern benutzen kann, als sie mit der Nothwendigkeit in Harmonie stehen. Die Hauptpuncte, worauf alles ankommt, tre- ten alsdann glänzender hervor; Lücken werden ent- deckt und, wo nicht ausgefüllt, doch wenigstens be- zeichnet; und auf diese Weise theils gegenwärtig etwas Belehrendes und Aufregendes geleistet, theils der Zu- kunft vorgearbeitet.
Plinius.
Da dieſer Autor in Jedermanns Haͤnden ſeyn kann, ſowohl im Original als in Ueberſetzungen, ſo waͤre ſeinen Text hier abdrucken zu laſſen uͤberfluͤßig und unnuͤtz, um ſo mehr als derjenige, der ihn im Einzelnen zu verſtehen und auszulegen ſucht, manche Schwierigkeiten findet, welche wir nicht zu uͤberwin- den hoffen. Wir ziehen daher vor, einen Aufſatz einzuruͤcken, in welchem ein Freund das, was Pli- nius von Farben und Colorit geſagt, zuſammenfaßt, und ſeine Meynung aͤußert, wie nach dem natuͤrlichen Vorſchritte der Malerkunſt das Einzelne moͤchte zu verſtehen und zurecht zu legen ſeyn.
Es mag dieſer Verſuch als ein Beyſpiel dienen, wie man eine bedeutende Weltbegebenheit aus ihrer eigenen Natur heraus entwickeln, darſtellen, und die hiezu uͤberlieferten Nachrichten nur inſofern benutzen kann, als ſie mit der Nothwendigkeit in Harmonie ſtehen. Die Hauptpuncte, worauf alles ankommt, tre- ten alsdann glaͤnzender hervor; Luͤcken werden ent- deckt und, wo nicht ausgefuͤllt, doch wenigſtens be- zeichnet; und auf dieſe Weiſe theils gegenwaͤrtig etwas Belehrendes und Aufregendes geleiſtet, theils der Zu- kunft vorgearbeitet.
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Plinius.
Da dieſer Autor in Jedermanns Haͤnden ſeyn
kann, ſowohl im Original als in Ueberſetzungen, ſo
waͤre ſeinen Text hier abdrucken zu laſſen uͤberfluͤßig
und unnuͤtz, um ſo mehr als derjenige, der ihn im
Einzelnen zu verſtehen und auszulegen ſucht, manche
Schwierigkeiten findet, welche wir nicht zu uͤberwin-
den hoffen. Wir ziehen daher vor, einen Aufſatz
einzuruͤcken, in welchem ein Freund das, was Pli-
nius von Farben und Colorit geſagt, zuſammenfaßt,
und ſeine Meynung aͤußert, wie nach dem natuͤrlichen
Vorſchritte der Malerkunſt das Einzelne moͤchte zu
verſtehen und zurecht zu legen ſeyn.
Es mag dieſer Verſuch als ein Beyſpiel dienen,
wie man eine bedeutende Weltbegebenheit aus ihrer
eigenen Natur heraus entwickeln, darſtellen, und die
hiezu uͤberlieferten Nachrichten nur inſofern benutzen
kann, als ſie mit der Nothwendigkeit in Harmonie
ſtehen. Die Hauptpuncte, worauf alles ankommt, tre-
ten alsdann glaͤnzender hervor; Luͤcken werden ent-
deckt und, wo nicht ausgefuͤllt, doch wenigſtens be-
zeichnet; und auf dieſe Weiſe theils gegenwaͤrtig etwas
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Goethe, Johann Wolfgang von: Zur Farbenlehre. Bd. 2. Tübingen, 1810, S. 68. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/goethe_farbenlehre02_1810/102>, abgerufen am 21.12.2024.
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