zugleich, indem wir die falsche Erklärungsart einsehen, das ganze System unhaltbarer erscheint.
667.
Nimmt man zwey Flüssigkeiten von starker Farbe, z. B. Roth und Blau, und beyde hinlänglich gesättigt; so wird man, wenn jede Flüssigkeit für sich noch durchsichtig ist, nicht durch beyde hindurchsehen können, sobald sie zusammengestellt werden. Denn wenn durch die eine Flüssigkeit nur die rothma- chenden Strahlen hindurchkönnen und nur die blaumachenden durch die andre, so kann kein Strahl durch beyde hindurch. Dieses hat Herr Hook zufällig mit keilförmigen Glasgefäßen, die mit rothen und blauen Liquoren gefüllt waren, versucht, und wunderte sich über die unerwartete Wirkung, da die Ursache damals noch unbekannt war. Ich aber habe alle Ursache an die Wahrheit dieses Experiments zu glauben, ob ich es gleich selbst nicht versucht habe. Wer es jedoch wieder- holen will, muß sorgen, daß die Flüssigkeiten von sehr guter und starker Farbe seyen.
668.
Worauf beruht nun dieser ganze Versuch? Er sagt weiter nichts aus, als daß ein noch allenfalls durchscheinendes Mittel, wenn es doppelt genommen wird, undurchsichtig werde; und dieses geschieht, man mag einerley Farbe oder zwey verschiedene Farben, erst einzeln und dann an einander gerückt, be- trachten.
669.
Um dieses Experiment, welches nun auch schon
zugleich, indem wir die falſche Erklaͤrungsart einſehen, das ganze Syſtem unhaltbarer erſcheint.
667.
Nimmt man zwey Fluͤſſigkeiten von ſtarker Farbe, z. B. Roth und Blau, und beyde hinlaͤnglich geſaͤttigt; ſo wird man, wenn jede Fluͤſſigkeit fuͤr ſich noch durchſichtig iſt, nicht durch beyde hindurchſehen koͤnnen, ſobald ſie zuſammengeſtellt werden. Denn wenn durch die eine Fluͤſſigkeit nur die rothma- chenden Strahlen hindurchkoͤnnen und nur die blaumachenden durch die andre, ſo kann kein Strahl durch beyde hindurch. Dieſes hat Herr Hook zufaͤllig mit keilfoͤrmigen Glasgefaͤßen, die mit rothen und blauen Liquoren gefuͤllt waren, verſucht, und wunderte ſich uͤber die unerwartete Wirkung, da die Urſache damals noch unbekannt war. Ich aber habe alle Urſache an die Wahrheit dieſes Experiments zu glauben, ob ich es gleich ſelbſt nicht verſucht habe. Wer es jedoch wieder- holen will, muß ſorgen, daß die Fluͤſſigkeiten von ſehr guter und ſtarker Farbe ſeyen.
668.
Worauf beruht nun dieſer ganze Verſuch? Er ſagt weiter nichts aus, als daß ein noch allenfalls durchſcheinendes Mittel, wenn es doppelt genommen wird, undurchſichtig werde; und dieſes geſchieht, man mag einerley Farbe oder zwey verſchiedene Farben, erſt einzeln und dann an einander geruͤckt, be- trachten.
669.
Um dieſes Experiment, welches nun auch ſchon
<TEI><text><body><divn="1"><divn="2"><divn="3"><divn="4"><divn="5"><p><pbfacs="#f0694"n="640"/>
zugleich, indem wir die falſche Erklaͤrungsart einſehen,<lb/>
das ganze Syſtem unhaltbarer erſcheint.</p></div><lb/><divn="5"><head>667.</head><lb/><p>Nimmt man zwey Fluͤſſigkeiten von ſtarker Farbe, z. B.<lb/>
Roth und Blau, und beyde hinlaͤnglich geſaͤttigt; ſo wird<lb/>
man, wenn jede Fluͤſſigkeit fuͤr ſich noch durchſichtig iſt, nicht<lb/>
durch beyde hindurchſehen koͤnnen, ſobald ſie zuſammengeſtellt<lb/>
werden. Denn wenn durch die eine Fluͤſſigkeit nur die rothma-<lb/>
chenden Strahlen hindurchkoͤnnen und nur die blaumachenden<lb/>
durch die andre, ſo kann kein Strahl durch beyde hindurch.<lb/>
Dieſes hat Herr Hook zufaͤllig mit keilfoͤrmigen Glasgefaͤßen,<lb/>
die mit rothen und blauen Liquoren gefuͤllt waren, verſucht,<lb/>
und wunderte ſich uͤber die unerwartete Wirkung, da die<lb/>
Urſache damals noch unbekannt war. Ich aber habe alle<lb/>
Urſache an die Wahrheit dieſes Experiments zu glauben, ob<lb/>
ich es gleich ſelbſt nicht verſucht habe. Wer es jedoch wieder-<lb/>
holen will, muß ſorgen, daß die Fluͤſſigkeiten von ſehr guter<lb/>
und ſtarker Farbe ſeyen.</p></div><lb/><divn="5"><head>668.</head><lb/><p>Worauf beruht nun dieſer ganze Verſuch? Er<lb/>ſagt weiter nichts aus, als daß ein noch allenfalls<lb/>
durchſcheinendes Mittel, wenn es doppelt genommen<lb/>
wird, undurchſichtig werde; und dieſes geſchieht, man<lb/>
mag einerley Farbe oder zwey verſchiedene Farben,<lb/>
erſt einzeln und dann an einander geruͤckt, be-<lb/>
trachten.</p></div><lb/><divn="5"><head>669.</head><lb/><p>Um dieſes Experiment, welches nun auch ſchon<lb/></p></div></div></div></div></div></body></text></TEI>
[640/0694]
zugleich, indem wir die falſche Erklaͤrungsart einſehen,
das ganze Syſtem unhaltbarer erſcheint.
667.
Nimmt man zwey Fluͤſſigkeiten von ſtarker Farbe, z. B.
Roth und Blau, und beyde hinlaͤnglich geſaͤttigt; ſo wird
man, wenn jede Fluͤſſigkeit fuͤr ſich noch durchſichtig iſt, nicht
durch beyde hindurchſehen koͤnnen, ſobald ſie zuſammengeſtellt
werden. Denn wenn durch die eine Fluͤſſigkeit nur die rothma-
chenden Strahlen hindurchkoͤnnen und nur die blaumachenden
durch die andre, ſo kann kein Strahl durch beyde hindurch.
Dieſes hat Herr Hook zufaͤllig mit keilfoͤrmigen Glasgefaͤßen,
die mit rothen und blauen Liquoren gefuͤllt waren, verſucht,
und wunderte ſich uͤber die unerwartete Wirkung, da die
Urſache damals noch unbekannt war. Ich aber habe alle
Urſache an die Wahrheit dieſes Experiments zu glauben, ob
ich es gleich ſelbſt nicht verſucht habe. Wer es jedoch wieder-
holen will, muß ſorgen, daß die Fluͤſſigkeiten von ſehr guter
und ſtarker Farbe ſeyen.
668.
Worauf beruht nun dieſer ganze Verſuch? Er
ſagt weiter nichts aus, als daß ein noch allenfalls
durchſcheinendes Mittel, wenn es doppelt genommen
wird, undurchſichtig werde; und dieſes geſchieht, man
mag einerley Farbe oder zwey verſchiedene Farben,
erſt einzeln und dann an einander geruͤckt, be-
trachten.
669.
Um dieſes Experiment, welches nun auch ſchon
Informationen zur CAB-Ansicht
Diese Ansicht bietet Ihnen die Darstellung des Textes in normalisierter Orthographie.
Diese Textvariante wird vollautomatisch erstellt und kann aufgrund dessen auch Fehler enthalten.
Alle veränderten Wortformen sind grau hinterlegt. Als fremdsprachliches Material erkannte
Textteile sind ausgegraut dargestellt.
Goethe, Johann Wolfgang von: Zur Farbenlehre. Bd. 1. Tübingen, 1810, S. 640. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/goethe_farbenlehre01_1810/694>, abgerufen am 22.12.2024.
Alle Inhalte dieser Seite unterstehen, soweit nicht anders gekennzeichnet, einer
Creative-Commons-Lizenz.
Die Rechte an den angezeigten Bilddigitalisaten, soweit nicht anders gekennzeichnet, liegen bei den besitzenden Bibliotheken.
Weitere Informationen finden Sie in den DTA-Nutzungsbedingungen.
Insbesondere im Hinblick auf die §§ 86a StGB und 130 StGB wird festgestellt, dass die auf
diesen Seiten abgebildeten Inhalte weder in irgendeiner Form propagandistischen Zwecken
dienen, oder Werbung für verbotene Organisationen oder Vereinigungen darstellen, oder
nationalsozialistische Verbrechen leugnen oder verharmlosen, noch zum Zwecke der
Herabwürdigung der Menschenwürde gezeigt werden.
Die auf diesen Seiten abgebildeten Inhalte (in Wort und Bild) dienen im Sinne des
§ 86 StGB Abs. 3 ausschließlich historischen, sozial- oder kulturwissenschaftlichen
Forschungszwecken. Ihre Veröffentlichung erfolgt in der Absicht, Wissen zur Anregung
der intellektuellen Selbstständigkeit und Verantwortungsbereitschaft des Staatsbürgers zu
vermitteln und damit der Förderung seiner Mündigkeit zu dienen.
Zitierempfehlung: Deutsches Textarchiv. Grundlage für ein Referenzkorpus der neuhochdeutschen Sprache. Herausgegeben von der Berlin-Brandenburgischen Akademie der Wissenschaften, Berlin 2024. URL: https://www.deutschestextarchiv.de/.