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Goethe, Johann Wolfgang von: Zur Farbenlehre. Bd. 1. Tübingen, 1810.

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vorstrebende Saum, sich in stärkerer Proportion als die
andern entfernen. Es ist aber weiter nichts, als daß
das ganze Bild gesetzmäßig verlängert worden, von
welchem im letztern Fall nur die Theile gesehen werden.

130.

Bey der Newtonischen Vorrichtung ist dieses nicht
so deutlich; doch bleiben Ursache und Resultat immer
dieselbigen, er mag die Bilder einzeln, indem er das
erste Prisma bewegt, durchs zweyte hindurchführen; es
sind immer Theile des ganzen farbigen Bildes, die ihrer
Natur getreu bleiben.

131.

Hier ist also keine diverse Refrangibilität, es ist
nur eine wiederholte Refraction, eine wiederholte
Verrückung, eine vermehrte Verlängerung, nichts mehr
und nichts weniger.

132.

Zu völliger Ueberzeugung mache man den Versuch
mit einem dunklen Bilde. Bey demselben ist der gelbe
Saum vorstrebend und der blaue Rand zurückbleibend.
Alles, was bisher vom violetten Theile prädicirt worden,
gilt nunmehr vom gelben, was vom gelbrothen gesagt
worden, gilt vom blauen. Wer dieses mit Augen ge-
sehen und recht erwogen hat, dem wird nun wohl
die vermeynte Bedeutsamkeit dieses Hauptversuches wie
ein Nebel verschwinden. Wir wollen auf unsrer zwölf-
ten Tafel, und bey Erläuterung derselben noch alles

vorſtrebende Saum, ſich in ſtaͤrkerer Proportion als die
andern entfernen. Es iſt aber weiter nichts, als daß
das ganze Bild geſetzmaͤßig verlaͤngert worden, von
welchem im letztern Fall nur die Theile geſehen werden.

130.

Bey der Newtoniſchen Vorrichtung iſt dieſes nicht
ſo deutlich; doch bleiben Urſache und Reſultat immer
dieſelbigen, er mag die Bilder einzeln, indem er das
erſte Prisma bewegt, durchs zweyte hindurchfuͤhren; es
ſind immer Theile des ganzen farbigen Bildes, die ihrer
Natur getreu bleiben.

131.

Hier iſt alſo keine diverſe Refrangibilitaͤt, es iſt
nur eine wiederholte Refraction, eine wiederholte
Verruͤckung, eine vermehrte Verlaͤngerung, nichts mehr
und nichts weniger.

132.

Zu voͤlliger Ueberzeugung mache man den Verſuch
mit einem dunklen Bilde. Bey demſelben iſt der gelbe
Saum vorſtrebend und der blaue Rand zuruͤckbleibend.
Alles, was bisher vom violetten Theile praͤdicirt worden,
gilt nunmehr vom gelben, was vom gelbrothen geſagt
worden, gilt vom blauen. Wer dieſes mit Augen ge-
ſehen und recht erwogen hat, dem wird nun wohl
die vermeynte Bedeutſamkeit dieſes Hauptverſuches wie
ein Nebel verſchwinden. Wir wollen auf unſrer zwoͤlf-
ten Tafel, und bey Erlaͤuterung derſelben noch alles

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[431/0485] vorſtrebende Saum, ſich in ſtaͤrkerer Proportion als die andern entfernen. Es iſt aber weiter nichts, als daß das ganze Bild geſetzmaͤßig verlaͤngert worden, von welchem im letztern Fall nur die Theile geſehen werden. 130. Bey der Newtoniſchen Vorrichtung iſt dieſes nicht ſo deutlich; doch bleiben Urſache und Reſultat immer dieſelbigen, er mag die Bilder einzeln, indem er das erſte Prisma bewegt, durchs zweyte hindurchfuͤhren; es ſind immer Theile des ganzen farbigen Bildes, die ihrer Natur getreu bleiben. 131. Hier iſt alſo keine diverſe Refrangibilitaͤt, es iſt nur eine wiederholte Refraction, eine wiederholte Verruͤckung, eine vermehrte Verlaͤngerung, nichts mehr und nichts weniger. 132. Zu voͤlliger Ueberzeugung mache man den Verſuch mit einem dunklen Bilde. Bey demſelben iſt der gelbe Saum vorſtrebend und der blaue Rand zuruͤckbleibend. Alles, was bisher vom violetten Theile praͤdicirt worden, gilt nunmehr vom gelben, was vom gelbrothen geſagt worden, gilt vom blauen. Wer dieſes mit Augen ge- ſehen und recht erwogen hat, dem wird nun wohl die vermeynte Bedeutſamkeit dieſes Hauptverſuches wie ein Nebel verſchwinden. Wir wollen auf unſrer zwoͤlf- ten Tafel, und bey Erlaͤuterung derſelben noch alles

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Zitationshilfe: Goethe, Johann Wolfgang von: Zur Farbenlehre. Bd. 1. Tübingen, 1810, S. 431. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/goethe_farbenlehre01_1810/485>, abgerufen am 21.11.2024.