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Goethe, Johann Wolfgang von: Zur Farbenlehre. Bd. 1. Tübingen, 1810.

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aufgefangene erste, das nach der zweyten Refraction
einen Reverenz macht, sondern ein ganz neues, das
nunmehr in der ihm zugenöthigten Richtung gefärbt
wird. Man kehre übrigens zu unsern angeführten Para-
graphen und Tafeln nochmals zurück, und man wird
die völlige Ueberzeugung dessen, was wir sagen, zum
Gewinn haben.

Und auf diese Weise vorbereitet, gehe man nun
bey Newton selbst die sogenannte Illustration dieses Ex-
periments und die derselben gewidmeten Figuren und
Beschreibungen durch, und man wird einen Fehlschluß
nach dem andern entdecken, und sich überzeugen, daß
jene Proposition keinesweges durch dieses Experiment
irgend ein Gewicht erhalten habe.

102.

Indem wir nun, ohne unsre Leser zu begleiten,
ihnen das Geschäft für einen Augenblick selbst überlas-
sen, müssen wir auf die sonderbaren Wege aufmerksam
machen, welche der Verfasser nunmehr einzuschlagen ge-
denkt.

103.

Bey dem fünften Versuche erscheint das prismati-
sche Bild nicht allein gesenkt, sondern auch verlängert.
Wir wissen dieses aus unsern Elementen sehr gut abzu-
leiten: denn indem wir, um das Bild in der Diago-
nale erscheinen zu lassen, ein zweytes Prisma nöthig
haben, so heißt das eben so viel, als wenn die Erschei-

aufgefangene erſte, das nach der zweyten Refraction
einen Reverenz macht, ſondern ein ganz neues, das
nunmehr in der ihm zugenoͤthigten Richtung gefaͤrbt
wird. Man kehre uͤbrigens zu unſern angefuͤhrten Para-
graphen und Tafeln nochmals zuruͤck, und man wird
die voͤllige Ueberzeugung deſſen, was wir ſagen, zum
Gewinn haben.

Und auf dieſe Weiſe vorbereitet, gehe man nun
bey Newton ſelbſt die ſogenannte Illuſtration dieſes Ex-
periments und die derſelben gewidmeten Figuren und
Beſchreibungen durch, und man wird einen Fehlſchluß
nach dem andern entdecken, und ſich uͤberzeugen, daß
jene Propoſition keinesweges durch dieſes Experiment
irgend ein Gewicht erhalten habe.

102.

Indem wir nun, ohne unſre Leſer zu begleiten,
ihnen das Geſchaͤft fuͤr einen Augenblick ſelbſt uͤberlaſ-
ſen, muͤſſen wir auf die ſonderbaren Wege aufmerkſam
machen, welche der Verfaſſer nunmehr einzuſchlagen ge-
denkt.

103.

Bey dem fuͤnften Verſuche erſcheint das prismati-
ſche Bild nicht allein geſenkt, ſondern auch verlaͤngert.
Wir wiſſen dieſes aus unſern Elementen ſehr gut abzu-
leiten: denn indem wir, um das Bild in der Diago-
nale erſcheinen zu laſſen, ein zweytes Prisma noͤthig
haben, ſo heißt das eben ſo viel, als wenn die Erſchei-

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[414/0468] aufgefangene erſte, das nach der zweyten Refraction einen Reverenz macht, ſondern ein ganz neues, das nunmehr in der ihm zugenoͤthigten Richtung gefaͤrbt wird. Man kehre uͤbrigens zu unſern angefuͤhrten Para- graphen und Tafeln nochmals zuruͤck, und man wird die voͤllige Ueberzeugung deſſen, was wir ſagen, zum Gewinn haben. Und auf dieſe Weiſe vorbereitet, gehe man nun bey Newton ſelbſt die ſogenannte Illuſtration dieſes Ex- periments und die derſelben gewidmeten Figuren und Beſchreibungen durch, und man wird einen Fehlſchluß nach dem andern entdecken, und ſich uͤberzeugen, daß jene Propoſition keinesweges durch dieſes Experiment irgend ein Gewicht erhalten habe. 102. Indem wir nun, ohne unſre Leſer zu begleiten, ihnen das Geſchaͤft fuͤr einen Augenblick ſelbſt uͤberlaſ- ſen, muͤſſen wir auf die ſonderbaren Wege aufmerkſam machen, welche der Verfaſſer nunmehr einzuſchlagen ge- denkt. 103. Bey dem fuͤnften Verſuche erſcheint das prismati- ſche Bild nicht allein geſenkt, ſondern auch verlaͤngert. Wir wiſſen dieſes aus unſern Elementen ſehr gut abzu- leiten: denn indem wir, um das Bild in der Diago- nale erſcheinen zu laſſen, ein zweytes Prisma noͤthig haben, ſo heißt das eben ſo viel, als wenn die Erſchei-

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Zitationshilfe: Goethe, Johann Wolfgang von: Zur Farbenlehre. Bd. 1. Tübingen, 1810, S. 414. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/goethe_farbenlehre01_1810/468>, abgerufen am 21.11.2024.