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Goethe, Johann Wolfgang von: Zur Farbenlehre. Bd. 1. Tübingen, 1810.

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scheint schon matter, obgleich noch immer in einem ge-
wissen Grade von Deutlichkeit.

73.

Bereiten wir uns nun ein Vorbild von farbigen
Quadraten an einander, so muß uns zum Voraus ge-
genwärtig bleiben, daß wir im Reich der halbbeschatte-
ten Flächen sind, und daß das farbige Papier sich ge-
wissermaßen verhalten wird wie das graue. Dabey
haben wir uns zu erinnern, daß die Farben beym Ker-
zenlicht anders als bey Tage erscheinen. Das Violette
wird grau, das Hellblaue grünlich, das Dunkelblaue
fast schwarz, das Gelbe nähert sich dem Weißen, weil
auch das Weiße gelb wird, und das Gelbrothe wächst
auch nach seiner Art, so daß also die Farben der acti-
ven Seite auch hier die helleren und wirksameren, die
der passiven hingegen die dunkleren und unwirksameren
bleiben. Man hat also bey diesem Versuch besonders
die Farben der passiven Seite hell und energisch zu
nehmen, damit sie bey dieser Nachtoperation etwas ver-
lieren können. Bringt man nun auf diese farbigen
Flächen kleine schwarze, weiße und graue Bilder, so
werden sie sich verhalten, wie es jene angezeigten Ei-
genschaften mit sich bringen. Sie werden deutlich seyn,
insofern sie als Hell und Dunkel von den Farben mehr
oder weniger abstechen. Eben dasselbe gilt, wenn man
auf die schwarzen, weißen und grauen, so wie auf die
farbigen Flächen, farbige Bilder bringt.

ſcheint ſchon matter, obgleich noch immer in einem ge-
wiſſen Grade von Deutlichkeit.

73.

Bereiten wir uns nun ein Vorbild von farbigen
Quadraten an einander, ſo muß uns zum Voraus ge-
genwaͤrtig bleiben, daß wir im Reich der halbbeſchatte-
ten Flaͤchen ſind, und daß das farbige Papier ſich ge-
wiſſermaßen verhalten wird wie das graue. Dabey
haben wir uns zu erinnern, daß die Farben beym Ker-
zenlicht anders als bey Tage erſcheinen. Das Violette
wird grau, das Hellblaue gruͤnlich, das Dunkelblaue
faſt ſchwarz, das Gelbe naͤhert ſich dem Weißen, weil
auch das Weiße gelb wird, und das Gelbrothe waͤchſt
auch nach ſeiner Art, ſo daß alſo die Farben der acti-
ven Seite auch hier die helleren und wirkſameren, die
der paſſiven hingegen die dunkleren und unwirkſameren
bleiben. Man hat alſo bey dieſem Verſuch beſonders
die Farben der paſſiven Seite hell und energiſch zu
nehmen, damit ſie bey dieſer Nachtoperation etwas ver-
lieren koͤnnen. Bringt man nun auf dieſe farbigen
Flaͤchen kleine ſchwarze, weiße und graue Bilder, ſo
werden ſie ſich verhalten, wie es jene angezeigten Ei-
genſchaften mit ſich bringen. Sie werden deutlich ſeyn,
inſofern ſie als Hell und Dunkel von den Farben mehr
oder weniger abſtechen. Eben daſſelbe gilt, wenn man
auf die ſchwarzen, weißen und grauen, ſo wie auf die
farbigen Flaͤchen, farbige Bilder bringt.

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[395/0449] ſcheint ſchon matter, obgleich noch immer in einem ge- wiſſen Grade von Deutlichkeit. 73. Bereiten wir uns nun ein Vorbild von farbigen Quadraten an einander, ſo muß uns zum Voraus ge- genwaͤrtig bleiben, daß wir im Reich der halbbeſchatte- ten Flaͤchen ſind, und daß das farbige Papier ſich ge- wiſſermaßen verhalten wird wie das graue. Dabey haben wir uns zu erinnern, daß die Farben beym Ker- zenlicht anders als bey Tage erſcheinen. Das Violette wird grau, das Hellblaue gruͤnlich, das Dunkelblaue faſt ſchwarz, das Gelbe naͤhert ſich dem Weißen, weil auch das Weiße gelb wird, und das Gelbrothe waͤchſt auch nach ſeiner Art, ſo daß alſo die Farben der acti- ven Seite auch hier die helleren und wirkſameren, die der paſſiven hingegen die dunkleren und unwirkſameren bleiben. Man hat alſo bey dieſem Verſuch beſonders die Farben der paſſiven Seite hell und energiſch zu nehmen, damit ſie bey dieſer Nachtoperation etwas ver- lieren koͤnnen. Bringt man nun auf dieſe farbigen Flaͤchen kleine ſchwarze, weiße und graue Bilder, ſo werden ſie ſich verhalten, wie es jene angezeigten Ei- genſchaften mit ſich bringen. Sie werden deutlich ſeyn, inſofern ſie als Hell und Dunkel von den Farben mehr oder weniger abſtechen. Eben daſſelbe gilt, wenn man auf die ſchwarzen, weißen und grauen, ſo wie auf die farbigen Flaͤchen, farbige Bilder bringt.

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Zitationshilfe: Goethe, Johann Wolfgang von: Zur Farbenlehre. Bd. 1. Tübingen, 1810, S. 395. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/goethe_farbenlehre01_1810/449>, abgerufen am 21.11.2024.