An der Spitze nämlich stehen Definitionen und Axiome, welche wir künftig durchgehen werden, wenn sie unsern Lesern nicht mehr imponiren können. Sodann finden wir Propositionen, welche das im- mer wiederholt festsetzen, was zu beweisen wäre; Theoreme, die solche Dinge aussprechen, die Nie- mand schauen kann; Experimente, die unter verän- derten Bedingungen immer das Vorige wiederbrin- gen, und sich mit großem Aufwand in einem ganz kleinen Kreise herumdrehen; Probleme zuletzt, die nicht zu lösen sind, wie das alles in der weiteren Ausführung umständlich darzuthun ist.
9.
Im Englischen führt das Werk den Titel: Op- ticks, or a Treatise of the Reflections, Refractions, In- flections and Colours of Light. Obgleich das englische Wort Optics ein etwas naiveres Ansehen haben mag, als das lateinische Optice und das deutsche Optik; so drückt es doch, ohne Frage, einen zu großen Umfang aus, den das Werk selbst nicht ausfüllt. Dieses han- delt ausschließlich von Farbe, von farbigen Erschei- nungen. Alles übrige, was das natürliche oder künst-
8.
An der Spitze naͤmlich ſtehen Definitionen und Axiome, welche wir kuͤnftig durchgehen werden, wenn ſie unſern Leſern nicht mehr imponiren koͤnnen. Sodann finden wir Propoſitionen, welche das im- mer wiederholt feſtſetzen, was zu beweiſen waͤre; Theoreme, die ſolche Dinge ausſprechen, die Nie- mand ſchauen kann; Experimente, die unter veraͤn- derten Bedingungen immer das Vorige wiederbrin- gen, und ſich mit großem Aufwand in einem ganz kleinen Kreiſe herumdrehen; Probleme zuletzt, die nicht zu loͤſen ſind, wie das alles in der weiteren Ausfuͤhrung umſtaͤndlich darzuthun iſt.
9.
Im Engliſchen fuͤhrt das Werk den Titel: Op- ticks, or a Treatise of the Reflections, Refractions, In- flections and Colours of Light. Obgleich das engliſche Wort Optics ein etwas naiveres Anſehen haben mag, als das lateiniſche Optice und das deutſche Optik; ſo druͤckt es doch, ohne Frage, einen zu großen Umfang aus, den das Werk ſelbſt nicht ausfuͤllt. Dieſes han- delt ausſchließlich von Farbe, von farbigen Erſchei- nungen. Alles uͤbrige, was das natuͤrliche oder kuͤnſt-
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An der Spitze naͤmlich ſtehen Definitionen und
Axiome, welche wir kuͤnftig durchgehen werden,
wenn ſie unſern Leſern nicht mehr imponiren koͤnnen.
Sodann finden wir Propoſitionen, welche das im-
mer wiederholt feſtſetzen, was zu beweiſen waͤre;
Theoreme, die ſolche Dinge ausſprechen, die Nie-
mand ſchauen kann; Experimente, die unter veraͤn-
derten Bedingungen immer das Vorige wiederbrin-
gen, und ſich mit großem Aufwand in einem ganz
kleinen Kreiſe herumdrehen; Probleme zuletzt, die
nicht zu loͤſen ſind, wie das alles in der weiteren
Ausfuͤhrung umſtaͤndlich darzuthun iſt.
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Im Engliſchen fuͤhrt das Werk den Titel: Op-
ticks, or a Treatise of the Reflections, Refractions, In-
flections and Colours of Light. Obgleich das engliſche
Wort Optics ein etwas naiveres Anſehen haben mag,
als das lateiniſche Optice und das deutſche Optik; ſo
druͤckt es doch, ohne Frage, einen zu großen Umfang
aus, den das Werk ſelbſt nicht ausfuͤllt. Dieſes han-
delt ausſchließlich von Farbe, von farbigen Erſchei-
nungen. Alles uͤbrige, was das natuͤrliche oder kuͤnſt-
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Goethe, Johann Wolfgang von: Zur Farbenlehre. Bd. 1. Tübingen, 1810, S. 360. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/goethe_farbenlehre01_1810/414>, abgerufen am 21.11.2024.
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