Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Goethe, Johann Wolfgang von: Zur Farbenlehre. Bd. 1. Tübingen, 1810.

Bild:
<< vorherige Seite
Helldunkel.

849.

Das Helldunkel, clair-obscur, nennen wir die
Erscheinung körperlicher Gegenstände, wenn an densel-
ben nur die Wirkung des Lichtes und Schattens be-
trachtet wird.

850.

Im engern Sinne wird auch manchmal eine Schat-
tenpartie, welche durch Reflexe beleuchtet wird, so ge-
nannt; doch wir brauchen hier das Wort in seinem er-
sten allgemeinern Sinne.

851.

Die Trennung des Helldunkels von aller Farben-
erscheinung ist möglich und nöthig. Der Künstler wird
das Räthsel der Darstellung eher lösen, wenn er sich
zuerst das Helldunkel unabhängig von Farben denkt,
und dasselbe in seinem ganzen Umfange kennen lernt.

852.

Das Helldunkel macht den Körper als Körper er-
scheinen, indem uns Licht und Schatten von der Dich-
tigkeit belehrt.

853.

Es kommt dabey in Betracht das höchste Licht,
die Mitteltinte, der Schatten, und bey dem letzten

Helldunkel.

849.

Das Helldunkel, clair-obscur, nennen wir die
Erſcheinung koͤrperlicher Gegenſtaͤnde, wenn an denſel-
ben nur die Wirkung des Lichtes und Schattens be-
trachtet wird.

850.

Im engern Sinne wird auch manchmal eine Schat-
tenpartie, welche durch Reflexe beleuchtet wird, ſo ge-
nannt; doch wir brauchen hier das Wort in ſeinem er-
ſten allgemeinern Sinne.

851.

Die Trennung des Helldunkels von aller Farben-
erſcheinung iſt moͤglich und noͤthig. Der Kuͤnſtler wird
das Raͤthſel der Darſtellung eher loͤſen, wenn er ſich
zuerſt das Helldunkel unabhaͤngig von Farben denkt,
und daſſelbe in ſeinem ganzen Umfange kennen lernt.

852.

Das Helldunkel macht den Koͤrper als Koͤrper er-
ſcheinen, indem uns Licht und Schatten von der Dich-
tigkeit belehrt.

853.

Es kommt dabey in Betracht das hoͤchſte Licht,
die Mitteltinte, der Schatten, und bey dem letzten

<TEI>
  <text>
    <body>
      <div n="1">
        <div n="2">
          <pb facs="#f0370" n="316"/>
          <div n="3">
            <head> <hi rendition="#b"><hi rendition="#g">Helldunkel</hi>.</hi> </head><lb/>
            <milestone rendition="#hr" unit="section"/>
            <div n="4">
              <head>849.</head><lb/>
              <p>Das Helldunkel, <hi rendition="#aq">clair-obscur,</hi> nennen wir die<lb/>
Er&#x017F;cheinung ko&#x0364;rperlicher Gegen&#x017F;ta&#x0364;nde, wenn an den&#x017F;el-<lb/>
ben nur die Wirkung des Lichtes und Schattens be-<lb/>
trachtet wird.</p>
            </div><lb/>
            <div n="4">
              <head>850.</head><lb/>
              <p>Im engern Sinne wird auch manchmal eine Schat-<lb/>
tenpartie, welche durch Reflexe beleuchtet wird, &#x017F;o ge-<lb/>
nannt; doch wir brauchen hier das Wort in &#x017F;einem er-<lb/>
&#x017F;ten allgemeinern Sinne.</p>
            </div><lb/>
            <div n="4">
              <head>851.</head><lb/>
              <p>Die Trennung des Helldunkels von aller Farben-<lb/>
er&#x017F;cheinung i&#x017F;t mo&#x0364;glich und no&#x0364;thig. Der Ku&#x0364;n&#x017F;tler wird<lb/>
das Ra&#x0364;th&#x017F;el der Dar&#x017F;tellung eher lo&#x0364;&#x017F;en, wenn er &#x017F;ich<lb/>
zuer&#x017F;t das Helldunkel unabha&#x0364;ngig von Farben denkt,<lb/>
und da&#x017F;&#x017F;elbe in &#x017F;einem ganzen Umfange kennen lernt.</p>
            </div><lb/>
            <div n="4">
              <head>852.</head><lb/>
              <p>Das Helldunkel macht den Ko&#x0364;rper als Ko&#x0364;rper er-<lb/>
&#x017F;cheinen, indem uns Licht und Schatten von der Dich-<lb/>
tigkeit belehrt.</p>
            </div><lb/>
            <div n="4">
              <head>853.</head><lb/>
              <p>Es kommt dabey in Betracht das ho&#x0364;ch&#x017F;te Licht,<lb/>
die Mitteltinte, der Schatten, und bey dem letzten<lb/></p>
            </div>
          </div>
        </div>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[316/0370] Helldunkel. 849. Das Helldunkel, clair-obscur, nennen wir die Erſcheinung koͤrperlicher Gegenſtaͤnde, wenn an denſel- ben nur die Wirkung des Lichtes und Schattens be- trachtet wird. 850. Im engern Sinne wird auch manchmal eine Schat- tenpartie, welche durch Reflexe beleuchtet wird, ſo ge- nannt; doch wir brauchen hier das Wort in ſeinem er- ſten allgemeinern Sinne. 851. Die Trennung des Helldunkels von aller Farben- erſcheinung iſt moͤglich und noͤthig. Der Kuͤnſtler wird das Raͤthſel der Darſtellung eher loͤſen, wenn er ſich zuerſt das Helldunkel unabhaͤngig von Farben denkt, und daſſelbe in ſeinem ganzen Umfange kennen lernt. 852. Das Helldunkel macht den Koͤrper als Koͤrper er- ſcheinen, indem uns Licht und Schatten von der Dich- tigkeit belehrt. 853. Es kommt dabey in Betracht das hoͤchſte Licht, die Mitteltinte, der Schatten, und bey dem letzten

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien im Double-Keying-Verfahren von Nicht-Muttersprachlern erfasst und in XML/TEI P5 nach DTA-Basisformat kodiert.




Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/goethe_farbenlehre01_1810
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/goethe_farbenlehre01_1810/370
Zitationshilfe: Goethe, Johann Wolfgang von: Zur Farbenlehre. Bd. 1. Tübingen, 1810, S. 316. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/goethe_farbenlehre01_1810/370>, abgerufen am 22.12.2024.