sonders um das Haupt, verfließt er sanft in die helle Fläche. Denn indem das Sonnenlicht nicht allein aus der Mitte der Sonne herströmt, sondern auch von den beyden Enden dieses leuchtenden Gestir- nes übers Kreuz wirkt; so entsteht eine objective Pa- rallaxe, die an beyden Seiten des Körpers einen Halbschatten hervorbringt.
395.
Wenn der Spaziergänger seine Hand erhebt, so sieht er an den Fingern deutlich das Auseinanderwei- chen der beyden Halbschatten nach außen, die Ver- schmälerung des Hauptschattens nach innen, beydes Wirkungen des sich kreuzenden Lichtes.
396.
Man kann vor einer glatten Wand diese Ver- suche mit Stäben von verschiedener Stärke, so wie auch mit Kugeln wiederhohlen und vervielfältigen; immer wird man finden, daß je weiter der Körper von der Tafel entfernt wird, desto mehr verbreitet sich der schwache Doppelschatten, desto mehr verschmä- lert sich der starke Hauptschatten, bis dieser zuletzt ganz aufgehoben scheint, ja die Doppelschatten endlich so schwach werden, daß sie beynahe verschwinden; wie sie denn in mehrerer Entfernung unbemerklich sind.
397.
Daß dieses von dem sich kreuzenden Lichte her- rühre, davon kann man sich leicht überzeugen; so wie denn auch der Schatten eines zugespitzten Körpers
ſonders um das Haupt, verfließt er ſanft in die helle Flaͤche. Denn indem das Sonnenlicht nicht allein aus der Mitte der Sonne herſtroͤmt, ſondern auch von den beyden Enden dieſes leuchtenden Geſtir- nes uͤbers Kreuz wirkt; ſo entſteht eine objective Pa- rallaxe, die an beyden Seiten des Koͤrpers einen Halbſchatten hervorbringt.
395.
Wenn der Spaziergaͤnger ſeine Hand erhebt, ſo ſieht er an den Fingern deutlich das Auseinanderwei- chen der beyden Halbſchatten nach außen, die Ver- ſchmaͤlerung des Hauptſchattens nach innen, beydes Wirkungen des ſich kreuzenden Lichtes.
396.
Man kann vor einer glatten Wand dieſe Ver- ſuche mit Staͤben von verſchiedener Staͤrke, ſo wie auch mit Kugeln wiederhohlen und vervielfaͤltigen; immer wird man finden, daß je weiter der Koͤrper von der Tafel entfernt wird, deſto mehr verbreitet ſich der ſchwache Doppelſchatten, deſto mehr verſchmaͤ- lert ſich der ſtarke Hauptſchatten, bis dieſer zuletzt ganz aufgehoben ſcheint, ja die Doppelſchatten endlich ſo ſchwach werden, daß ſie beynahe verſchwinden; wie ſie denn in mehrerer Entfernung unbemerklich ſind.
397.
Daß dieſes von dem ſich kreuzenden Lichte her- ruͤhre, davon kann man ſich leicht uͤberzeugen; ſo wie denn auch der Schatten eines zugeſpitzten Koͤrpers
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ſonders um das Haupt, verfließt er ſanft in die
helle Flaͤche. Denn indem das Sonnenlicht nicht
allein aus der Mitte der Sonne herſtroͤmt, ſondern
auch von den beyden Enden dieſes leuchtenden Geſtir-
nes uͤbers Kreuz wirkt; ſo entſteht eine objective Pa-
rallaxe, die an beyden Seiten des Koͤrpers einen
Halbſchatten hervorbringt.
395.
Wenn der Spaziergaͤnger ſeine Hand erhebt, ſo
ſieht er an den Fingern deutlich das Auseinanderwei-
chen der beyden Halbſchatten nach außen, die Ver-
ſchmaͤlerung des Hauptſchattens nach innen, beydes
Wirkungen des ſich kreuzenden Lichtes.
396.
Man kann vor einer glatten Wand dieſe Ver-
ſuche mit Staͤben von verſchiedener Staͤrke, ſo wie
auch mit Kugeln wiederhohlen und vervielfaͤltigen;
immer wird man finden, daß je weiter der Koͤrper
von der Tafel entfernt wird, deſto mehr verbreitet
ſich der ſchwache Doppelſchatten, deſto mehr verſchmaͤ-
lert ſich der ſtarke Hauptſchatten, bis dieſer zuletzt
ganz aufgehoben ſcheint, ja die Doppelſchatten endlich
ſo ſchwach werden, daß ſie beynahe verſchwinden; wie
ſie denn in mehrerer Entfernung unbemerklich ſind.
397.
Daß dieſes von dem ſich kreuzenden Lichte her-
ruͤhre, davon kann man ſich leicht uͤberzeugen; ſo
wie denn auch der Schatten eines zugeſpitzten Koͤrpers
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Goethe, Johann Wolfgang von: Zur Farbenlehre. Bd. 1. Tübingen, 1810, S. 152. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/goethe_farbenlehre01_1810/206>, abgerufen am 22.12.2024.
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