Wenn nehmlich der spiegelnde Körper durchsichtig ist und zwey hinter einander liegende parallele Flächen hat; so kann von jeder Fläche ein Bild ins Auge kom- men, und so entstehen Doppelbilder, in so fern das obere Bild das untere nicht ganz deckt, welches auf mehr als eine Weise der Fall ist.
Man halte eine Spielkarte nahe vor einen Spie- gel. Man wird alsdann zuerst das starke lebhafte Bild der Karte erscheinen sehen; allein den Rand des gan- zen sowohl als jedes einzelnen darauf befindlichen Bil- des mit einem Saume verbrämt, welcher der Anfang des zweyten Bildes ist. Diese Wirkung ist bey ver- schiedenen Spiegeln, nach Verschiedenheit der Stärke des Glases und nach vorgekommenen Zufälligkeiten beym Schleifen, gleichfalls verschieden. Tritt man mit einer weißen Weste auf schwarzen Unterkleidern vor manchen Spiegel, so erscheint der Saum sehr stark, wobey man auch sehr deutlich die Doppelbilder der Metallknöpfe auf dunklem Tuche erkennen kann.
224.
Wer sich mit andern, von uns früher angedeute- ten Versuchen (80.) schon bekannt gemacht hat, der wird sich auch hier eher zurecht finden. Die Fenster- stäbe von Glastafeln zurückgeworfen zeigen sich doppelt und lassen sich, bey mehrerer Stärke der Tafel und ver- größertem Zurückwerfungswinkel gegen das Auge, völlig trennen. So zeigt auch ein Gefäß voll Wasser mit fla- chem spiegelndem Boden die ihm vorgehaltnen Gegen-
223.
Wenn nehmlich der ſpiegelnde Koͤrper durchſichtig iſt und zwey hinter einander liegende parallele Flaͤchen hat; ſo kann von jeder Flaͤche ein Bild ins Auge kom- men, und ſo entſtehen Doppelbilder, in ſo fern das obere Bild das untere nicht ganz deckt, welches auf mehr als eine Weiſe der Fall iſt.
Man halte eine Spielkarte nahe vor einen Spie- gel. Man wird alsdann zuerſt das ſtarke lebhafte Bild der Karte erſcheinen ſehen; allein den Rand des gan- zen ſowohl als jedes einzelnen darauf befindlichen Bil- des mit einem Saume verbraͤmt, welcher der Anfang des zweyten Bildes iſt. Dieſe Wirkung iſt bey ver- ſchiedenen Spiegeln, nach Verſchiedenheit der Staͤrke des Glaſes und nach vorgekommenen Zufaͤlligkeiten beym Schleifen, gleichfalls verſchieden. Tritt man mit einer weißen Weſte auf ſchwarzen Unterkleidern vor manchen Spiegel, ſo erſcheint der Saum ſehr ſtark, wobey man auch ſehr deutlich die Doppelbilder der Metallknoͤpfe auf dunklem Tuche erkennen kann.
224.
Wer ſich mit andern, von uns fruͤher angedeute- ten Verſuchen (80.) ſchon bekannt gemacht hat, der wird ſich auch hier eher zurecht finden. Die Fenſter- ſtaͤbe von Glastafeln zuruͤckgeworfen zeigen ſich doppelt und laſſen ſich, bey mehrerer Staͤrke der Tafel und ver- groͤßertem Zuruͤckwerfungswinkel gegen das Auge, voͤllig trennen. So zeigt auch ein Gefaͤß voll Waſſer mit fla- chem ſpiegelndem Boden die ihm vorgehaltnen Gegen-
<TEI><text><body><divn="1"><divn="2"><divn="3"><pbfacs="#f0139"n="85"/><divn="4"><head>223.</head><lb/><p>Wenn nehmlich der ſpiegelnde Koͤrper durchſichtig<lb/>
iſt und zwey hinter einander liegende parallele Flaͤchen<lb/>
hat; ſo kann von jeder Flaͤche ein Bild ins Auge kom-<lb/>
men, und ſo entſtehen Doppelbilder, in ſo fern das<lb/>
obere Bild das untere nicht ganz deckt, welches auf<lb/>
mehr als eine Weiſe der Fall iſt.</p><lb/><p>Man halte eine Spielkarte nahe vor einen Spie-<lb/>
gel. Man wird alsdann zuerſt das ſtarke lebhafte Bild<lb/>
der Karte erſcheinen ſehen; allein den Rand des gan-<lb/>
zen ſowohl als jedes einzelnen darauf befindlichen Bil-<lb/>
des mit einem Saume verbraͤmt, welcher der Anfang<lb/>
des zweyten Bildes iſt. Dieſe Wirkung iſt bey ver-<lb/>ſchiedenen Spiegeln, nach Verſchiedenheit der Staͤrke<lb/>
des Glaſes und nach vorgekommenen Zufaͤlligkeiten beym<lb/>
Schleifen, gleichfalls verſchieden. Tritt man mit einer<lb/>
weißen Weſte auf ſchwarzen Unterkleidern vor manchen<lb/>
Spiegel, ſo erſcheint der Saum ſehr ſtark, wobey man<lb/>
auch ſehr deutlich die Doppelbilder der Metallknoͤpfe<lb/>
auf dunklem Tuche erkennen kann.</p></div><lb/><divn="4"><head>224.</head><lb/><p>Wer ſich mit andern, von uns fruͤher angedeute-<lb/>
ten Verſuchen (80.) ſchon bekannt gemacht hat, der<lb/>
wird ſich auch hier eher zurecht finden. Die Fenſter-<lb/>ſtaͤbe von Glastafeln zuruͤckgeworfen zeigen ſich doppelt<lb/>
und laſſen ſich, bey mehrerer Staͤrke der Tafel und ver-<lb/>
groͤßertem Zuruͤckwerfungswinkel gegen das Auge, voͤllig<lb/>
trennen. So zeigt auch ein Gefaͤß voll Waſſer mit fla-<lb/>
chem ſpiegelndem Boden die ihm vorgehaltnen Gegen-<lb/></p></div></div></div></div></body></text></TEI>
[85/0139]
223.
Wenn nehmlich der ſpiegelnde Koͤrper durchſichtig
iſt und zwey hinter einander liegende parallele Flaͤchen
hat; ſo kann von jeder Flaͤche ein Bild ins Auge kom-
men, und ſo entſtehen Doppelbilder, in ſo fern das
obere Bild das untere nicht ganz deckt, welches auf
mehr als eine Weiſe der Fall iſt.
Man halte eine Spielkarte nahe vor einen Spie-
gel. Man wird alsdann zuerſt das ſtarke lebhafte Bild
der Karte erſcheinen ſehen; allein den Rand des gan-
zen ſowohl als jedes einzelnen darauf befindlichen Bil-
des mit einem Saume verbraͤmt, welcher der Anfang
des zweyten Bildes iſt. Dieſe Wirkung iſt bey ver-
ſchiedenen Spiegeln, nach Verſchiedenheit der Staͤrke
des Glaſes und nach vorgekommenen Zufaͤlligkeiten beym
Schleifen, gleichfalls verſchieden. Tritt man mit einer
weißen Weſte auf ſchwarzen Unterkleidern vor manchen
Spiegel, ſo erſcheint der Saum ſehr ſtark, wobey man
auch ſehr deutlich die Doppelbilder der Metallknoͤpfe
auf dunklem Tuche erkennen kann.
224.
Wer ſich mit andern, von uns fruͤher angedeute-
ten Verſuchen (80.) ſchon bekannt gemacht hat, der
wird ſich auch hier eher zurecht finden. Die Fenſter-
ſtaͤbe von Glastafeln zuruͤckgeworfen zeigen ſich doppelt
und laſſen ſich, bey mehrerer Staͤrke der Tafel und ver-
groͤßertem Zuruͤckwerfungswinkel gegen das Auge, voͤllig
trennen. So zeigt auch ein Gefaͤß voll Waſſer mit fla-
chem ſpiegelndem Boden die ihm vorgehaltnen Gegen-
Informationen zur CAB-Ansicht
Diese Ansicht bietet Ihnen die Darstellung des Textes in normalisierter Orthographie.
Diese Textvariante wird vollautomatisch erstellt und kann aufgrund dessen auch Fehler enthalten.
Alle veränderten Wortformen sind grau hinterlegt. Als fremdsprachliches Material erkannte
Textteile sind ausgegraut dargestellt.
Goethe, Johann Wolfgang von: Zur Farbenlehre. Bd. 1. Tübingen, 1810, S. 85. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/goethe_farbenlehre01_1810/139>, abgerufen am 22.12.2024.
Alle Inhalte dieser Seite unterstehen, soweit nicht anders gekennzeichnet, einer
Creative-Commons-Lizenz.
Die Rechte an den angezeigten Bilddigitalisaten, soweit nicht anders gekennzeichnet, liegen bei den besitzenden Bibliotheken.
Weitere Informationen finden Sie in den DTA-Nutzungsbedingungen.
Insbesondere im Hinblick auf die §§ 86a StGB und 130 StGB wird festgestellt, dass die auf
diesen Seiten abgebildeten Inhalte weder in irgendeiner Form propagandistischen Zwecken
dienen, oder Werbung für verbotene Organisationen oder Vereinigungen darstellen, oder
nationalsozialistische Verbrechen leugnen oder verharmlosen, noch zum Zwecke der
Herabwürdigung der Menschenwürde gezeigt werden.
Die auf diesen Seiten abgebildeten Inhalte (in Wort und Bild) dienen im Sinne des
§ 86 StGB Abs. 3 ausschließlich historischen, sozial- oder kulturwissenschaftlichen
Forschungszwecken. Ihre Veröffentlichung erfolgt in der Absicht, Wissen zur Anregung
der intellektuellen Selbstständigkeit und Verantwortungsbereitschaft des Staatsbürgers zu
vermitteln und damit der Förderung seiner Mündigkeit zu dienen.
Zitierempfehlung: Deutsches Textarchiv. Grundlage für ein Referenzkorpus der neuhochdeutschen Sprache. Herausgegeben von der Berlin-Brandenburgischen Akademie der Wissenschaften, Berlin 2024. URL: https://www.deutschestextarchiv.de/.