Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Goethe, Johann Wolfgang von: West-östlicher Divan. Stuttgart, 1819.

Bild:
<< vorherige Seite
Dschelaleddin Rumi.

Stirbt 1262.


Er begleitet seinen Vater, der, wegen
Verdriesslichkeiten mit dem Sultan, sich
von Balch hinweg begiebt, auf dem langen
Reisezug. Unterwegs nach Mekka treffen
sie Attar, der ein Buch göttlicher Ge-
heimnisse dem Jünglinge verehrt und ihn zu
heiligen Studien entzündet.

Hiebey ist so viel zu bemerken: dass
der eigentliche Dichter die Herrlichkeit der
Welt in sich aufzunehmen berufen ist und
desshalb immer eher zu loben als zu tadeln
geneigt seyn wird. Daraus folgt, dass er
den würdigsten Gegenstand aufzufinden sucht,
und, wenn er alles durchgegangen, endlich
sein Talent am liebsten zu Preis und Ver-
herrlichung Gottes anwendet. Besonders
aber liegt dieses Bedürfniss dem Orientalen

Dschelaleddin Rumi.

Stirbt 1262.


Er begleitet seinen Vater, der, wegen
Verdrieſslichkeiten mit dem Sultan, sich
von Balch hinweg begiebt, auf dem langen
Reisezug. Unterwegs nach Mekka treffen
sie Attar, der ein Buch göttlicher Ge-
heimnisse dem Jünglinge verehrt und ihn zu
heiligen Studien entzündet.

Hiebey ist so viel zu bemerken: daſs
der eigentliche Dichter die Herrlichkeit der
Welt in sich aufzunehmen berufen ist und
deſshalb immer eher zu loben als zu tadeln
geneigt seyn wird. Daraus folgt, daſs er
den würdigsten Gegenstand aufzufinden sucht,
und, wenn er alles durchgegangen, endlich
sein Talent am liebsten zu Preis und Ver-
herrlichung Gottes anwendet. Besonders
aber liegt dieses Bedürfniſs dem Orientalen

<TEI>
  <text>
    <body>
      <div n="1">
        <pb facs="#f0320" n="310"/>
        <div n="2">
          <head> <hi rendition="#b"> <hi rendition="#i">Dschelaleddin Rumi.</hi> </hi> </head><lb/>
          <p> <hi rendition="#c"> <hi rendition="#b"> <hi rendition="#i"> <hi rendition="#g">Stirbt 1262.</hi> </hi> </hi> </hi> </p><lb/>
          <milestone rendition="#hr" unit="section"/>
          <p>Er begleitet seinen Vater, der, wegen<lb/>
Verdrie&#x017F;slichkeiten mit dem Sultan, sich<lb/>
von Balch hinweg begiebt, auf dem langen<lb/>
Reisezug. Unterwegs nach Mekka treffen<lb/>
sie <hi rendition="#g">Attar</hi>, der ein Buch göttlicher Ge-<lb/>
heimnisse dem Jünglinge verehrt und ihn zu<lb/>
heiligen Studien entzündet.</p><lb/>
          <p>Hiebey ist so viel zu bemerken: da&#x017F;s<lb/>
der eigentliche Dichter die Herrlichkeit der<lb/>
Welt in sich aufzunehmen berufen ist und<lb/>
de&#x017F;shalb immer eher zu loben als zu tadeln<lb/>
geneigt seyn wird. Daraus folgt, da&#x017F;s er<lb/>
den würdigsten Gegenstand aufzufinden sucht,<lb/>
und, wenn er alles durchgegangen, endlich<lb/>
sein Talent am liebsten zu Preis und Ver-<lb/>
herrlichung Gottes anwendet. Besonders<lb/>
aber liegt dieses Bedürfni&#x017F;s dem Orientalen<lb/></p>
        </div>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[310/0320] Dschelaleddin Rumi. Stirbt 1262. Er begleitet seinen Vater, der, wegen Verdrieſslichkeiten mit dem Sultan, sich von Balch hinweg begiebt, auf dem langen Reisezug. Unterwegs nach Mekka treffen sie Attar, der ein Buch göttlicher Ge- heimnisse dem Jünglinge verehrt und ihn zu heiligen Studien entzündet. Hiebey ist so viel zu bemerken: daſs der eigentliche Dichter die Herrlichkeit der Welt in sich aufzunehmen berufen ist und deſshalb immer eher zu loben als zu tadeln geneigt seyn wird. Daraus folgt, daſs er den würdigsten Gegenstand aufzufinden sucht, und, wenn er alles durchgegangen, endlich sein Talent am liebsten zu Preis und Ver- herrlichung Gottes anwendet. Besonders aber liegt dieses Bedürfniſs dem Orientalen

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien im Double-Keying-Verfahren von Nicht-Muttersprachlern erfasst und in XML/TEI P5 nach DTA-Basisformat kodiert.




Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/goethe_divan_1819
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/goethe_divan_1819/320
Zitationshilfe: Goethe, Johann Wolfgang von: West-östlicher Divan. Stuttgart, 1819, S. 310. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/goethe_divan_1819/320>, abgerufen am 22.12.2024.