§. 118. Status civilis der Römer. I. Status libertatis.
Der bürgerliche Zustand im Sinn des römischen Ci- vilrechts ist nun dreyfach, entweder Zustand der Frey- heit, (status libertatis) oder des Bürgerrechts, (civi- tatis) oder der Familie (familiae). Von einem jeden derselben muß jetzt besonders gehandelt werden. Zuerst also vom Zustande der Freyheit. In Absicht auf die- sen sind die Menschen entweder freye, oder Sclaven. (Servi) Letztere werden dlejenigen genennt, die sich mit Recht in dem Eigenthum und der Gewalt eines Herrn befinden. Ich sage mit Recht, denn wer mit Unrecht in die Sclaverey gerathen, und darin gehalten wird, be- findet sich zwar in servitute, allein er ist kein Servus68). Was ist nun aber Servitus? Justinian sagt 69): ser- vitusest constitutio iuris gentium, qua quis dominio alieno contra naturam subiicitur. Constitutio iuris gentium heißt hier, die Sclaverey ist eine Anstalt, die sich bey allen gesitteten Völkern findet. Eben so erklärt es auch Cajus70). Contra naturam aber heißt nicht, sie strei- tet gegen das Naturrecht, sondern sie ist keine natürliche, sondern blos zufällige Qualität des Menschen 71). Denn
von
stum, postea furor interveniens perimit. Adde L. 20. §. 4: D. qui testam. fac. poss.
68)Höpfner im Commentar über die Institutionen. Lib. I. Tit. 3. §. 64.
69)§. 2. I. de inre personar.
70)L. 1. §. 1. D. de bis, qui sui vel al. iuris funt.
71) Man sehe hier vorzüglich Ge. Steph.wiesand, oder viel- mehr Christ. Gottfr.meissneri Diss. de ortu et progressu
ser-
1. Buch. 5. Tit. §. 118.
§. 118. Status civilis der Roͤmer. I. Status libertatis.
Der buͤrgerliche Zuſtand im Sinn des roͤmiſchen Ci- vilrechts iſt nun dreyfach, entweder Zuſtand der Frey- heit, (ſtatus libertatis) oder des Buͤrgerrechts, (civi- tatis) oder der Familie (familiae). Von einem jeden derſelben muß jetzt beſonders gehandelt werden. Zuerſt alſo vom Zuſtande der Freyheit. In Abſicht auf die- ſen ſind die Menſchen entweder freye, oder Sclaven. (Servi) Letztere werden dlejenigen genennt, die ſich mit Recht in dem Eigenthum und der Gewalt eines Herrn befinden. Ich ſage mit Recht, denn wer mit Unrecht in die Sclaverey gerathen, und darin gehalten wird, be- findet ſich zwar in ſervitute, allein er iſt kein Servus68). Was iſt nun aber Servitus? Juſtinian ſagt 69): ser- vituseſt conſtitutio iuris gentium, qua quis dominio alieno contra naturam ſubiicitur. Conſtitutio iuris gentium heißt hier, die Sclaverey iſt eine Anſtalt, die ſich bey allen geſitteten Voͤlkern findet. Eben ſo erklaͤrt es auch Cajus70). Contra naturam aber heißt nicht, ſie ſtrei- tet gegen das Naturrecht, ſondern ſie iſt keine natuͤrliche, ſondern blos zufaͤllige Qualitaͤt des Menſchen 71). Denn
von
ſtum, poſtea furor interveniens perimit. Adde L. 20. §. 4: D. qui teſtam. fac. poſſ.
68)Hoͤpfner im Commentar uͤber die Inſtitutionen. Lib. I. Tit. 3. §. 64.
69)§. 2. I. de inre perſonar.
70)L. 1. §. 1. D. de bis, qui ſui vel al. iuris funt.
71) Man ſehe hier vorzuͤglich Ge. Steph.wiesand, oder viel- mehr Chriſt. Gottfr.meissneri Diſſ. de ortu et progreſſu
ſer-
<TEI><text><body><divn="1"><pbn="128"facs="#f0142"/><fwtype="header"place="top"><hirendition="#fr">1. Buch. 5. Tit. §. 118.</hi></fw><lb/><divn="2"><head>§. 118.<lb/><hirendition="#aq">Status civilis</hi> der Roͤmer. <hirendition="#aq"><hirendition="#i">I. Status libertatis.</hi></hi></head><lb/><p>Der buͤrgerliche Zuſtand im Sinn des roͤmiſchen Ci-<lb/>
vilrechts iſt nun dreyfach, entweder Zuſtand der <hirendition="#fr">Frey-<lb/>
heit</hi>, (<hirendition="#aq"><hirendition="#i">ſtatus libertatis</hi></hi>) oder des <hirendition="#fr">Buͤrgerrechts</hi>, (<hirendition="#aq"><hirendition="#i">civi-<lb/>
tatis</hi></hi>) oder der <hirendition="#fr">Familie</hi> (<hirendition="#aq"><hirendition="#i">familiae</hi></hi>). Von einem jeden<lb/>
derſelben muß jetzt beſonders gehandelt werden. Zuerſt<lb/>
alſo vom <hirendition="#fr">Zuſtande der Freyheit</hi>. In Abſicht auf die-<lb/>ſen ſind die Menſchen entweder <hirendition="#fr">freye</hi>, oder <hirendition="#fr">Sclaven</hi>.<lb/>
(<hirendition="#aq"><hirendition="#i">Servi</hi></hi>) Letztere werden dlejenigen genennt, die ſich mit<lb/>
Recht in dem Eigenthum und der Gewalt eines Herrn<lb/>
befinden. Ich ſage <hirendition="#fr">mit Recht</hi>, denn wer mit Unrecht<lb/>
in die Sclaverey gerathen, und darin gehalten wird, be-<lb/>
findet ſich zwar <hirendition="#aq">in ſervitute,</hi> allein er iſt kein <hirendition="#aq">Servus</hi><noteplace="foot"n="68)"><hirendition="#g">Hoͤpfner</hi> im Commentar uͤber die Inſtitutionen. <hirendition="#aq">Lib. I.<lb/>
Tit.</hi> 3. §. 64.</note>.<lb/>
Was iſt nun aber <hirendition="#aq"><hirendition="#i">Servitus</hi></hi>? <hirendition="#fr">Juſtinian</hi>ſagt <noteplace="foot"n="69)"><hirendition="#i">§.</hi> 2. <hirendition="#aq"><hirendition="#i">I. de inre perſonar.</hi></hi></note>: <hirendition="#aq"><hirendition="#k">ser-<lb/>
vitus</hi><hirendition="#i">eſt conſtitutio iuris gentium, qua quis dominio alieno<lb/>
contra naturam ſubiicitur.</hi> Conſtitutio iuris gentium</hi><lb/>
heißt hier, die Sclaverey iſt eine Anſtalt, die ſich bey<lb/>
allen geſitteten Voͤlkern findet. Eben ſo erklaͤrt es auch<lb/><hirendition="#fr">Cajus</hi><noteplace="foot"n="70)"><hirendition="#aq"><hirendition="#i">L.</hi> 1. <hirendition="#i">§.</hi> 1. <hirendition="#i">D. de bis, qui ſui vel al. iuris funt.</hi></hi></note>. <hirendition="#aq"><hirendition="#i">Contra naturam</hi></hi> aber heißt nicht, ſie ſtrei-<lb/>
tet gegen das Naturrecht, ſondern ſie iſt keine natuͤrliche,<lb/>ſondern blos zufaͤllige Qualitaͤt des Menſchen <noteplace="foot"n="71)"xml:id="seg2pn_24_1"next="#seg2pn_24_2">Man ſehe hier vorzuͤglich <hirendition="#aq"><hirendition="#i">Ge. Steph.</hi><hirendition="#k">wiesand</hi>,</hi> oder viel-<lb/>
mehr <hirendition="#aq"><hirendition="#i">Chriſt. Gottfr.</hi><hirendition="#k">meissneri</hi> Diſſ. de ortu et progreſſu</hi><lb/><fwtype="catch"place="bottom"><hirendition="#aq">ſer-</hi></fw></note>. Denn<lb/><fwtype="catch"place="bottom">von</fw><lb/><noteplace="foot"n="67)"xml:id="seg2pn_23_2"prev="#seg2pn_23_1"><hirendition="#aq">ſtum, poſtea furor interveniens perimit. Adde <hirendition="#i">L.</hi> 20. <hirendition="#i">§.</hi> 4:<lb/><hirendition="#i">D. qui teſtam. fac. poſſ.</hi></hi></note><lb/></p></div></div></body></text></TEI>
[128/0142]
1. Buch. 5. Tit. §. 118.
§. 118.
Status civilis der Roͤmer. I. Status libertatis.
Der buͤrgerliche Zuſtand im Sinn des roͤmiſchen Ci-
vilrechts iſt nun dreyfach, entweder Zuſtand der Frey-
heit, (ſtatus libertatis) oder des Buͤrgerrechts, (civi-
tatis) oder der Familie (familiae). Von einem jeden
derſelben muß jetzt beſonders gehandelt werden. Zuerſt
alſo vom Zuſtande der Freyheit. In Abſicht auf die-
ſen ſind die Menſchen entweder freye, oder Sclaven.
(Servi) Letztere werden dlejenigen genennt, die ſich mit
Recht in dem Eigenthum und der Gewalt eines Herrn
befinden. Ich ſage mit Recht, denn wer mit Unrecht
in die Sclaverey gerathen, und darin gehalten wird, be-
findet ſich zwar in ſervitute, allein er iſt kein Servus 68).
Was iſt nun aber Servitus? Juſtinian ſagt 69): ser-
vitus eſt conſtitutio iuris gentium, qua quis dominio alieno
contra naturam ſubiicitur. Conſtitutio iuris gentium
heißt hier, die Sclaverey iſt eine Anſtalt, die ſich bey
allen geſitteten Voͤlkern findet. Eben ſo erklaͤrt es auch
Cajus 70). Contra naturam aber heißt nicht, ſie ſtrei-
tet gegen das Naturrecht, ſondern ſie iſt keine natuͤrliche,
ſondern blos zufaͤllige Qualitaͤt des Menſchen 71). Denn
von
67)
68) Hoͤpfner im Commentar uͤber die Inſtitutionen. Lib. I.
Tit. 3. §. 64.
69) §. 2. I. de inre perſonar.
70) L. 1. §. 1. D. de bis, qui ſui vel al. iuris funt.
71) Man ſehe hier vorzuͤglich Ge. Steph. wiesand, oder viel-
mehr Chriſt. Gottfr. meissneri Diſſ. de ortu et progreſſu
ſer-
67) ſtum, poſtea furor interveniens perimit. Adde L. 20. §. 4:
D. qui teſtam. fac. poſſ.
Informationen zur CAB-Ansicht
Diese Ansicht bietet Ihnen die Darstellung des Textes in normalisierter Orthographie.
Diese Textvariante wird vollautomatisch erstellt und kann aufgrund dessen auch Fehler enthalten.
Alle veränderten Wortformen sind grau hinterlegt. Als fremdsprachliches Material erkannte
Textteile sind ausgegraut dargestellt.
Glück, Christian Friedrich von: Versuch einer ausführlichen Erläuterung der Pandecten nach Hellfeld ein Commentar für meine Zuhörer. Erlangen, 1791, S. 128. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/glueck_pandecten02_1791/142>, abgerufen am 01.03.2025.
Alle Inhalte dieser Seite unterstehen, soweit nicht anders gekennzeichnet, einer
Creative-Commons-Lizenz.
Die Rechte an den angezeigten Bilddigitalisaten, soweit nicht anders gekennzeichnet, liegen bei den besitzenden Bibliotheken.
Weitere Informationen finden Sie in den DTA-Nutzungsbedingungen.
Insbesondere im Hinblick auf die §§ 86a StGB und 130 StGB wird festgestellt, dass die auf
diesen Seiten abgebildeten Inhalte weder in irgendeiner Form propagandistischen Zwecken
dienen, oder Werbung für verbotene Organisationen oder Vereinigungen darstellen, oder
nationalsozialistische Verbrechen leugnen oder verharmlosen, noch zum Zwecke der
Herabwürdigung der Menschenwürde gezeigt werden.
Die auf diesen Seiten abgebildeten Inhalte (in Wort und Bild) dienen im Sinne des
§ 86 StGB Abs. 3 ausschließlich historischen, sozial- oder kulturwissenschaftlichen
Forschungszwecken. Ihre Veröffentlichung erfolgt in der Absicht, Wissen zur Anregung
der intellektuellen Selbstständigkeit und Verantwortungsbereitschaft des Staatsbürgers zu
vermitteln und damit der Förderung seiner Mündigkeit zu dienen.
2007–2025 Deutsches Textarchiv, Berlin-Brandenburgische Akademie der Wissenschaften
(Kontakt).
Zitierempfehlung: Deutsches Textarchiv. Grundlage für ein Referenzkorpus der neuhochdeutschen Sprache. Herausgegeben von der Berlin-Brandenburgischen Akademie der Wissenschaften, Berlin 2025. URL: https://www.deutschestextarchiv.de/.